Kein Selbstzweck: Zu Besuch bei den Freiburger Funkamateuren Technik | 30.08.2023 | Pascal Lienhard

Amateurfunker

DG3AL dreht geschäftig an den Knöpfen eines Geräts. Neben ihm steht DK3GV und erklärt, warum er QSL-Karten sammelt. Wer die Freiburger Funkamateure besucht, wähnt sich erst mal in einem Science-Fiction-Streifen. chilli-Volontär Pascal Lienhard hat beim Vereinsabend auf dem Flugplatz vorbeigeschaut. Und erfahren, wie wichtig die Technikfreaks in Krisensituationen sein können.

Es grenzt an Etikettenschwindel. „Amateure sind wir nicht, auch wenn es Amateurfunk heißt“, sagt Horst Garbe. Der 67-Jährige begeistert sich seit seiner Jugend fürs Funken. Er erklärt, dass der Amateurfunk gleichberechtigt neben anderen Diensten wie dem Seefunkoder Flugfunkdienst steht.

Im Freiburger Ortsverband sind mehr als 130 Personen organisiert. Jeden Freitag trifft sich die Gruppe auf dem Flugplatz im Walter-Pfister-Clubheim. Der 23 Meter hohe Mast vor dem Gebäude fällt schon aus der Ferne ins Auge. Zwar funken die meisten Freiburger mit eigenen Anlagen von zu Hause. „Einige haben aber nicht die passenden Voraussetzungen und kommen hierher“, erklärt Garbe. Wer basteln will, kann die Werkstatt nutzen.

An diesem Abend sind rund 30 Leute gekommen, die meisten davon sind Männer. Auf Bänken und Sofas fachsimpeln sie oder genießen entspannt ihr Feierabendbier, Ortsverbandsvorsitzender Alexander Brüske berichtet von einer vergangenen Veranstaltung.

Eigentlich Profis: Die Funkamateure Axel Lehmann (r.) und Alexander Brüske am Freiburger Flugplatz

Weltweit gibt es rund drei Millionen Funkamateure. Wer die Bezeichnung in Deutschland tragen will, muss eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur ablegen. Die Ausbildung läuft bei den Ortsverbänden. Garbe hat seine Prüfung vor fast 40 Jahren bestanden. „Als schlechter Mathematiker und Formelauswendiglerner hatte ich mich zunächst nicht an die Prüfung getraut“, gesteht der gebürtige Bonner, der inzwischen in Waldkirch lebt. „Man muss sich nur trauen, so schwer ist das nicht.“

Hilfe in Notlagen

Nach der erfolgreich abgelegten Prüfung dürfen Funkamateure eigene Geräte entwickeln, konstruieren und verwenden. Zudem erhalten sie ein individuelles Rufzeichen. „Das kennt jeder wie die Telefonnummer“, erklärt Garbe alias DK3GV. Stand Mai sind in Deutschland rund 70.000 Aliasse vergeben.

Das Funken ist aber kein bloßer Selbstzweck. Der Deutsche Amateur-Radio-Club hat mit fast allen Bundesländern Vereinbarungen über die Mitwirkung von Funkamateuren bei Katastrophen getroffen. Wenn etwa öffentliche Kommunikationsmittel zusammenbrechen, können die Funker Kontakte aufrechterhalten. „Aus der Region haben 2021 auch einige Funkamateure im Ahrtal ausgeholfen“, erinnert sich Garbe.

Besonders wichtig sind in der Szene QSL-Karten. Die Bestätigungsdokumente in der Größe einer Postkarte werden nach erfolgreichen Erstkontaktaufnahmen versendet. Besonders beliebt sind jene von weit entfernten Orten wie dem Polarkreis – oder gleich aus dem All. Stolz ist Garbe auf QSL-Karten von den Astronauten Matthias Maurer und Alexander Gerst. Zwar konnte er sie nicht persönlich sprechen, aber immerhin deren Kontakte mit Schüler·innen als Hörer bestätigen. 

Auch wenn politische Überzeugungen beim Funken in den Hintergrund treten sollen, wurde auf dem Flugplatz doch ein kleines Stück Politikgeschichte geschrieben. Kurz nach Amtsantritt 2018 stattete Oberbürgermeister Martin Horn dem Clubheim einen Besuch ab. Dabei nahm er Funkkontakt mit dem Amtskollegen der britischen Partnerstadt Guildford auf – die erste Kommunikation zwischen den Politikern. „Er hat gefunkt wie ein alter Spezialist“, sagt der Stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende Axel Lehmann alias DG3AL.

Die Freiburger können Erfolge vorweisen. Bei einer Versammlung der Funkamateure des Distrikts A (Baden) erhielt der Ortsverband eine Urkunde für beispielhafte Ortsverbandsentwicklung. 2024 steht zudem ein Jubiläum an: Dann feiert der Ortsverband sein 75-jähriges Bestehen.

Fotos: © Pascal Lienhard