Insel in der Altstadt: Deutsches Haus zählt zu Badens „Historischen Gasthäusern“ Freiburg geht aus | 27.01.2019 | Stella Schewe

Ein echtes „Bobbele“ muss im Krankenhaus St. Elisabeth zur Welt gekommen sein. Und ein „Ur-Freiburger“? Der muss hier auf jeden Fall schon mal ein Bier oder ein Glas Wein getrunken haben: im Deutschen Haus in der Freiburger Schusterstraße, einem der ältesten Lokale der Stadt, das kürzlich als „Historisches Gasthaus“ ausgezeichnet wurde.

Hier treffen sie sich, die Freiburger: nach dem Besuch des Münstermarkts am Samstagmittag auf ein Glas Gutedel oder abends auf ein Bier am Stammtisch. „Und der ist hier immer gut besucht“, weiß Gastronom Toni Schlegel, der das traditionsreiche Wirtshaus in der Altstadt seit zwölf Jahren als Unterpächter führt. „Von allen meinen Lokalen ist es das, in dem mein Herz am meisten steckt“, sagt er und sieht sich in der alten Wirtsstube um, in der so viel an früher erinnert. Etwa der Zylinder von Leo Wohleb, dem letzten Staatspräsidenten des Landes Baden, der in einer Glasvitrine hängt und 2019 zu einer Ausstellung ins Haus der Geschichte nach Stuttgart wandern soll. Ebenso die alten Holzski, die von der Skigeschichte im Schwarzwald erzählen, oder die vielen Schwarz-Weiß-Fotografien an den Wänden.

„Das Deutsche Haus ist quasi ein lebendiger Geschichtsraum“, findet auch Frank J. Ebner von der Initiative „Historische Gasthäuser in Baden“, der dem Wirt die Plakette überreicht. „Ich bin den Herren Mülbert und Schlegel dankbar, dass sie so etwas erhalten – nicht als Museum, sondern als lebendiges Wirtshaus. Damit haben sie ein Stück Pionierarbeit geleistet.“ Der „Herr Mülbert“, mit Vornamen Rainer, war Schlegels Vorgänger als Wirt. Er kam schon als Schüler hierher, wenn er den Reli-Unterricht im Kepler Gymnasium schwänzte, um lieber Skat im „Deutschen Haus“ zu spielen.

Als sein Stammlokal in den 1970er-Jahren dann immer mehr „runterkam“, wie er erzählt, und „plötzlich Spielautomaten dastanden“, entschied der inzwischen als Lehrer tätige Mülbert: „Ich kündige beim Staat und mache jetzt mein Ding! Schließlich ist eine Wirtschaft ja auch eine Heimat – wo man weiß, da gehe ich heute Abend noch hin und treffe die anderen.“ Das Deutsche Haus zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben, kein Wunder, dass er sogar ein Buch dazu herausgegeben hat. „Insel am Weg“ heißt es und im Vorwort schreibt er: „Seit 50 Jahren gilt meine Liebe einer dieser Inseln in der Oberen Altstadt, die ein Schauplatz von Geschichte und Geschichten ist …“

Ebner, der alle „Historischen Gasthäuser“ Badens kennt, pflichtet ihm bei. „Hier verbinden sich historische Substanz und eine lange Tradition.“ In der Tat: Das zartgelbe Haus mit seinen grünen Fensterläden – ein für Freiburg typisches bürgerliches Handwerkerhaus mit zweistöckigem Keller – wurde 1386 erstmals urkundlich erwähnt. Seit 1581 beherbergt es eine Schenke und zählt damit zu den ältesten Wirtshäusern der Stadt. „Hier gibt es echt was zu entdecken“, sagt Mülbert. Dass das auch für die Kulinarik gilt, zeigt der Blick auf die Speisekarte: Wurstsalat mit Brägele, Käsespätzle mit Röstzwiebeln oder Gekochtes Rindfleisch mit Meerrettichsoße, Bouillonkartoffeln und Preiselbeeren – allesamt Klassiker der badischen Küche. Genießen kann man sie im Gastraum, bei schönem Wetter aber auch an den kleinen Tischen vor dem Wirtshaus, mit Blick auf die durch die Schusterstraße flanierenden Menschen.

Fotos: ©Stella Schewe