Klasse statt Masse: Freiburgs kleine Röstereien bieten großen Kaffee Freiburg geht aus | 29.01.2019 | Philip Thomas

Kaffee ist kein Lagerprodukt und will nach seiner Verarbeitung schnell getrunken werden. Damit es aus der Bohne auch möglichst alle Aromen in die Tasse schaffen, bieten lokale Röstereien die kleinen Muntermacher schonend veredelt und als Ganzes an. Auch in Freiburg greifen viele Feinschmecker lieber zur Kaffeemühle statt ins Supermarktregal.

„Kaffee war früher ein reiner Wachmacher, mittlerweile ist es ein Genussmittel“, sagt Thorsten Kessmann, Inhaber des Cafés 5 Senses Coffee, das selbst röstet. 200 Grad und 20 Minuten benötigt der 40-Jährige mit seiner Trommelmaschine dazu. In der Massenproduktion müssen zwei Minuten reichen. Außerdem wird den Bohnen mit weitaus höheren Temperaturen eingeheizt. „In der Industrie werden Bohnen regelrecht schockgeröstet“, erzählt der Kaffee-Connaisseur. Dadurch würden Säuren schlecht abgebaut und das Geschmackserlebnis getrübt. Denn letztendlich ist Kaffee ein Massenprodukt: Im vergangenen Jahr trank jede Person in Deutschland durchschnittlich herzinfaktverdächtige 162 Liter der braunen Brühe. Umso mehr freut sich Kessmann über die gestiegene Nachfrage nach Kaffeespezialitäten: „Die Szene ist explodiert.“

Gibt gerne Tipps: Andrea Jauch in ihrer Schwarzwild-Rösterei in Freiburg.

Jörg Volkmann, Gründer und Geschäftsführer der Rösterei Elephant Beans, erinnert sich noch an die Anfänge: „Wir haben das mit angestoßen. Heute surfen viele Start-ups die Welle hell gerösteter, hochwertiger Kaffees.“ Wie viele aktuell mit Kaffee zu tun haben, ist unklar. „Es gibt ungefähr 800 Röstereien in Deutschland“, schätzt Volkmann, „als wir 2008 angefangen haben, waren es vielleicht 200.“ In seiner Kaffeebar hat der 53-Jährige auch Koffeinkreationen wie Coldbrew oder Espresso Tonic. „Wir waren eine der ersten Röstereien, die so etwas probiert haben“, sagt er. „Das griff Starbucks dann auf.“ Tauschen möchte er nicht: „Starbucks und Tchibo haben sich der Profitmaximierung unterworfen.“ Kein Wunder: Kaffee ist nach Rohöl die zweitmeist gehandelte Ware der Welt. Auch Andrea Jauch gehört eine Rösterei in Freiburg. Sie ist seit sieben Jahren Inhaberin von Schwarzwild. Oft kämen Kunden in ihre Rösterei und hätten noch nie eine grüne, ungeröstete Bohne gesehen. „Manchmal fragen mich Kunden, ob unser Kaffee auch im Schwarzwald angebaut wird“, lacht sie.

Die Wertschätzung gegenüber Kaffee solle noch steigen und Kaffee schließlich so wahrgenommen werden wie Wein. „Da sind wir noch eine Generation hinterher“, sagt Volkmann, „aber wir arbeiten dran.“ Kaffee ist geschmacklich immerhin so komplex wie Wein: Ungefähr 1000 verschiedene Aromen lassen sich aus beiden Getränken extrahieren. Damit sich diese Geschmacksstoffe auch optimal entfalten können, sollte man übrigens kein kochendes Wasser zum Aufbrühen verwenden.

Jauch gibt in ihrer Rösterei gerne Tipps zur optimalen Zubereitung: „Wir Röster sehen uns als Voranbringer der Kaffeekultur und versuchen, die Leute von industriellen Röstern wegzubringen. Unsere Ware ist hochwertiger.“ Auch Volkmann kommt bei Pulvermenge und der Wahl der richtigen Milch schnell ins Fachsimpeln. Ebenso sein Kollege Kessmann: „Selbst mahlen ist ganz wichtig.“

Info:

elephantbeans.de

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