Jetzt schon ans Alter denken? Wer früh plant, ist finanziell klar im Vorteil KARRIERE & CAMPUS | 02.11.2018 | BZ/Falk Zielke (tmn)

Je früher man mit der Altersvorsorge beginnt, desto besser – so lautet ein fast banaler Grundsatz. Sollten also Azubis gleich von Beginn an sparen? Die Antwort: Nicht unbedingt. Aber wenn doch, dann hilft vielleicht sogar der Chef.

Das erste selbst verdiente Geld auf dem Konto ist für die meisten Azubis ein gutes Gefühl. Doch mit der Unabhängigkeit wächst auch die Verantwortung, zum Beispiel für die eigene Altersvorsorge. Aber müssen Azubis wirklich gleich mit Beginn der Ausbildung Geld für die Rente beiseite legen?

„Nein, müssen sie nicht“, findet Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Altersvorsorge sei zwar wichtig, aber nicht immer der erste Punkt, der abgehakt werden muss. „Wenn Sie zum Beispiel ein Auto brauchen, um zum Ausbildungsbetrieb zu fahren, kann das für Sie ein besseres Sparziel sein.“ Ein weiterer wichtiger Punkt: „Sie müssen erst mal einen Notgroschen beiseite legen“, rät Nauhauser. Denn wenn das erste Auto mal in die Werkstatt muss, können oder wollen vielleicht nicht gleich die Eltern einspringen.

Groß ist der finanzielle Spielraum für die Altersvorsorge bei Auszubildenden ohnehin meist nicht. Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2017 in Deutschland im Gesamtdurchschnitt bei 876 Euro pro Monat. Wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, sind die Unterschiede im ersten Ausbildungsjahr dabei groß.

Am meisten verdienen Azubis mit monatlichen Beträgen zwischen 900 und 1000 Euro in der Metall- und Elektroindustrie, dem Bank- und Versicherungsgewerbe sowie im Öffentlichen Dienst. Die niedrigsten tariflichen Ausbildungsvergütungen mit Beträgen von weniger als 700 Euro finden sich in Ostdeutschland, aber auch zum Beispiel im westdeutschen Gebäudereinigerhandwerk.

Die gute Nachricht: Azubis müssen für den Vermögensaufbau nicht unbedingt etwas von ihrer knappen Ausbildungsvergütung abzweigen. „Viele Betriebe bieten vermögenswirksame Leistungen“, erklärt Nauhauser. Dieses Geld zahlen Chefs zusätzlich zum Lohn, je nach Branche monatlich bis zu 40 Euro. Sechs Jahre wird in den VL-Vertrag eingezahlt, am Jahresende darauf kann der Sparer an sein Geld.

Aktienfonds sind »beste Wahl«

VL-Verträge gibt es unter anderem als Banksparplan, Bausparvertrag oder als Aktienfondssparplan. Beste Renditechancen bieten nach Ansicht der Stiftung Warentest Anlagen in Aktienfonds. Sparer müssen allerdings mit möglichen Rückschlägen an den Börsen rechnen. Ein langer Atem hilft hier gegen Verluste.

Durch ihr meist geringes Einkommen haben Azubis zusätzlich Anspruch auf die staatliche Arbeitnehmersparzulage. Die Zulage von bis zu 80 Euro pro Jahr wird gezahlt, wenn Beschäftigte im Jahr weniger als 20.000 Euro verdienen. Bei gemeinsam veranlagenden Ehepaaren sind es 40.000 Euro. Hat der Sparer einen Bausparvertrag als vermögenswirksame Leistung abgeschlossen, liegt die Einkommensgrenze bei 17.900 Euro (35.800 Euro bei Verheirateten). Hier gibt es 43 Euro im Jahr dazu.

Aktienfonds sind auch aus Sicht von Niels Nauhauser meist „die beste Wahl“ für den Vermögensaufbau. „Riester-Verträge sind oft unrentabel“, urteilt der Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite der Verbraucherzentrale. „Und betriebliche Altersvorsorge lohnt sich nur, wenn der Chef 30 Prozent oder mehr dazuzahlt.“ Ein wichtiger Punkt: „Das Geld ist bis zum Renteneintritt weg.“ Für Azubis in jungen Jahren bedeutet das schon mal einen Zeitraum von 40 Jahren.

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