„Ich liebe einfach Friedhöfe“: Das Trio Shoemale67 spielt am Samstag in Freiburg Musik | 16.09.2024 | Nils Bentlage

Kommen von Paris nach Freiburg: Shoemale67

Sie machen Darkwave und kommen aus Paris. Das Trio Shoemale67 spielt am Samstag, 21. September, im Haus der Begegnung in Landwasser geben. Vorab hat sich chilli-Autor Nils Bentlage mit den Musiker*innen unterhalten.

chilli: Was bringt euch nach Freiburg? 

Mathieu: Unsere Band hat eine deutsch-französische Identität. Bruno und ich leben in Paris und Luiça in Freiburg. Mit unserer Musik wollen wir in ganz Europa etwas herumkommen.

chilli: Wie macht ihr das als Band, deren Mitglieder in zwei verschiedenen Ländern leben?

Luiça: Mit dem Zug ist man schnell in Paris. Das dauert nur drei Stunden. Dieses Jahr sind wir zum Proben viel zwischen Freiburg und Paris hin- und hergefahren.

chilli: Eure Musikrichtung nennt sich Dark Wave. Was ist das für Musik? 

Mathieu: Ende der 70er Jahre kamen mit Bands wie The Cure und Joy Division neue Musikstile auf: New Wave und Post-Punk. Das nennt sich heute Post-Punk, weil er zeitlich nach dem Punk entstand und sich auch musikalisch daran orientierte. Im Gegensatz zum ursprünglichen Punk kamen im Post-Punk vermehrt Synthesizer und Drumcomputer zum Einsatz. Die klanglich härtere, kältere und dunklere Ausprägung dieses Stils bezeichnet man als „Dark Wave“. Das ist eine Form des Rock oder der spontanen Musik, der es auch heute noch gelingt, sich immer wieder neu zu erfinden.

Bruno: Ob du nach Frankreich, Griechenland oder etwa Italien schaust, in Europas Großstädten findet man immer mindestens eine Dark-Wave-Location, wo sich die Szene trifft.

chilli: Die Menschen in der Szene kleiden sich gerne im Gothic-Stil. Auch eure Bandfotos auf Instagram zeugen von dieser Ästhetik. Ihr posiert auf Friedhöfen oder mit Totenschädeln. 

Luiça: Also ich liebe einfach Friedhöfe, da gehe ich gerne spazieren. Meine Kindheit habe ich der Nähe von Friedhöfen verbracht. In dieser Welt fühle ich mich wohl. Spinnen, Vampire – sowas macht mir keine Angst.

chilli: Euer erstes Lied heißt „Vampire der Liebe“. Sind Vampire nicht eher dafür bekannt, den Tod zu bringen als die Liebe?

Luiça: Auch Vampire können lieben. Im Lied geht es aber eher um gynäkologische Erfahrungen, die Menstruation, Schmerzen und den Körper. Es handelt von einer körperlichen Handlungsmacht, die sich nach schwierigen Erfahrungen selbst zurückerobert.

chilli: Habt ihr einen Lieblingsvampir?

Mathieu: Luiça. 

chilli: Gibt es Bands, die euch musikalisch beeinflusst haben?

Luiça: Vor allem Lebanon Hanover, Boy Harsher und Linea Aspera. Aber auch Musik wie Einstürzende Neubauten, deren Sänger Blixa Bargeld oder auch Nico sind wichtige Inspirationen.

chilli: Lebanon Hanover ist ein Dark-Wave-Duo der Schweizerin Larissa Iceglass und dem Briten William Maybellin. Was fasziniert euch an ihrer Musik?

Luiça: Diese sehr düstere Atmosphäre. Wenn ich diese Musik höre, denke ich an ganz weite und leere Felder. Ihre Lieder haben einen sehr „unaufgeregten“ Sound. Sehr „Hannover“ eben. Ich komme ursprünglich von dort.

Bruno: Ihr Lied „Gallow Dance“ lief auf all unseren Partys. Instrumental sind wir der Band auch sehr ähnlich: Mathieu spielt Gitarre, ich bin an den Synthesizern und wir haben mit Luiça eine weibliche Stimme, die…naja, manchmal ist Luiças Stimme auch echt gruselig. (lacht)

chilli: Mit Shoemale67 habt ihr euer erstes Konzert bei einer Ausstellung in Paris gespielt, inspiriert von Joseph Beuys‘ Performance „Ja Ja Ja Ja Ne Ne Ne“. In der Originalversion wiederholt Beuys eine Stunde lang nur die Worte „Ja“ und „Ne“. Wie inszeniert man so etwas als Band?

Luiça: Ich habe Beuys Lied „Sonne statt Reagan“ rezitiert. Ein politischer Text, der sich für die Abrüstung in den 80er Jahren stark macht. Dazu haben wir „Ja Ja Ja Ne Ne Ne“ laufen lassen. So klang es, als hätte Beuys sein eigenes Lied kommentiert und die politische Botschaft damit ein wenig gebrochen.

Bruno: Uns gefällt einfach repetitive Musik. Die Klangperformance zu Beuys war wie eine Art Trance. Musikalisch hatten wir schon eine Idee, in welche Richtung es gehen sollte, und dann haben wir improvisiert. Wir haben gespürt, wie eine Energie zwischen uns und dem Publikum floss. Nach diesem ersten Konzert war für uns klar: Da passiert etwas, wir wollen weiter zusammen Musik machen.

chilli: Seitdem seid ihr in der Pariser Dark-Wave-Szene unterwegs.

Bruno: Genau. Das Konzert in Landwasser wird das erste Mal sein, dass wir in Deutschland spielen.

Foto: © Shoemale67