50.000 Platten – Thorsten Leucht hat Freiburgs wohl größtes Jugendkultur-Archiv Kultur | 21.04.2025 | Till Neumann

Veranstalter, DJ, Kreativkopf – emsiger Sammler. Thorsten Leucht (54) hat in seinem vierstöckigen Studio in Freiburg-Zähringen zehntausende Relikte angehäuft: Bücher, DVDs, CDs, Flyer, Schallplatten und Co. chilli-Redakteur Till Neumann hat sich das „inoffizielle Archiv der Freiburger Jugendkulturen“ zeigen lassen.
Der Hinterhof an der Zähringer Straße wirkt unspektakulär. Doch was sich in einem der Gebäude verbirgt, hat’s in sich: Der Gründer des einstigen Subculture-Magazins, Thorsten Leucht, hat hier unzählbar viele Kulturobjekte gesammelt. „Ein Lebenswerk“ wie er selbst sagt.
Auf vier Etagen mit 229 Quadratmetern haben er und seine Frau Anke Leucht nicht nur ihr Büro. Die Räume sind auch Lager, Archiv, Kultur-Labor und unsortiertes Museum. Allein die zwei Kellerräume sind so vollgepackt mit Vinyl und Co., dass selbst Leucht nicht weiß, was alles da ist. Ein Plastikbecher des Freiburger Clubs Crash liegt neben alten Fanzines, Flyern, Postern und einem Discman. In beweglichen Regalen reihen sich tausende Schallplatten aneinander.
Leucht, Freiburger Kultur-Aktivist seit 1986 und bekannt als Veranstalter des Soundcity Freiburg Festivals, nennt sein Areal das „inoffizielle Archiv der Freiburger Jugendkulturen“. Seit rund 20 Jahren sammelt er hier so ziemlich alles, was ihm subkulturell in die Hände fällt. Vor allem Dinge ab 1996, der „Goldgräber-Zeit für Clubkultur“, wie er sagt. Die Motivation? „Weil es mich glücklich macht.“ Und: Er hatte „weder zu Hause noch im Büro Platzmangel – musste nie was wegschmeißen“. Als Subculture-Macher landete bei ihm über 25 Jahre fast täglich Neues auf dem Tisch. Sammeln lief als Leidenschaft nebenher.
Seit rund fünf Jahren ist ihm klar: Was hier liegt, ist mehr als nur Liebhaberei. Beim jährlichen Soundcity Festival gestaltet er damit Ausstellungen, gibt Einblicke in „das, was war, das, was ist und das, was sein könnte“. Gezählt, wie viel er angehäuft hat, hat er nie. Nur eins weiß er: Es sind rund 50.000 Schallplatten. Aus Freiburg, Südbaden und der ganzen Welt.
Leucht hatte bereits Besuch von Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Überlegungen, sein Archiv zu professionalisieren, gibt es dennoch nur vage. „Eine Inventarliste würde ich gerne mal machen, wenn es die Möglichkeit gibt, das zu finanzieren.“ Vor allem DJ-Kollegen bringen ihm Plattensammlungen oder eine Kiste alter Flyer vorbei. Auch für andere Lieferanten sei das Archiv offen. Genau wie für Menschen, die zu einem Thema recherchieren oder etwas Spezielles suchen. „Man kann halt nicht ohne Voranmeldung hier reinlaufen wie im Museum“, erklärt Leucht. Eine Mail vorab helfe weiter.
Ob er den Wert seiner Sammlung beziffern kann? „Ich weiß es nicht.“ Unbezahlbar trifft es wohl ganz gut. „Wenn das alles weg wäre, würde es mir nicht gut gehen.“ Im höheren Alter wäre eine Weitergabe aber denkbar. Schließlich ist der Antrieb, Dinge zu konservieren für die Nachwelt – mit einem Blick nach vorne.