Das »bierernste« chilli-Horoskop: Die Kontaktverbot-Edition von Liliane Herzberg Kultur | 08.04.2020 | Liliane Herzberg

Horoskop

Vor lauter Verbots-Auflagen sieht chilli-Orakel Liliane Herzberg schon Sterne. Mit ihrem im Darknet ergatterten Desinfektionsmittel hat sie ihr Teleskop von allen Viren befreit. Jetzt wird endlich klar, was es mit dem Hashtag #FlattenTheCurve auf sich hat und bei wem der Schimmel schon anfängt zu kriechen.

Immerhin bewahrt dich das Kontaktverbot vor einem Treffen mit deinem Schwiegervater. Lieber verbringst du zwei Wochen in deiner Neun-Quadratmeter-Bruchbude und verprasst deinen Klopapiervorrat auf der Toilette, als dir endlose Monologe über Corona aus der Spezialquelle „Rudi-vom-Bowlingclub“ anzuhören.

Der Lagerkoller setzt bei dir schon ein, wenn du nur einen Nachmittag allein zu Hause bist. Du musst dich dringend beschäftigen: Deine Türklinken sind aber bereits poliert, du hast alle Lizenzverträge von Apple auswendig gelernt, jeden Millimeter deiner 300-Quadratmeter-Wohnung mit der Zahnbürste geputzt – und überstanden hast du: einen Nachmittag.

Viel von der weltweiten Pandemie mitbekommen, hast du nicht, denn du hast die vergangenen vier Wochen durchgezockt. Deine Freunde sind Fortnite, Call of Duty, World of Warcraft, und du verlässt deinen Rechner nur, wenn der Postmann zum zwanzigsten Mal klingelt oder der Schimmel in deinen dreckigen Töpfen anfängt zu kriechen. Weiter so – Leute wie du sind heute Vorbilder.

In der ungeplant freien Zeit willst du ausprobieren, wie einfach Entspannung sein kann. Geht immer: im Bett liegen und die Decke anschauen, Chipstüten leer futtern, alle 1758 Folgen der Lindenstraße durchsuchen. Geht eindeutig nicht: abspülen, Wäsche waschen, Zähne putzen, Wohnung auf Vordermann bringen. Fazit: Entspannung will geübt sein.

OB Martin Horn möchte, dass alle Freiburger zu Hause bleiben. Aber kein Problem – wir vom chilli versorgen dich auch diesen Monat mit anregendem Lesestoff. Kleiner Hinweis am Rande: Wenn die Quarantäne andauert, die Supermärkte leer gekauft sind und es wirklich hart auf hart kommt: Das chilli eignet sich eher weniger als Klopapier.

Du organisierst große Partys und marschierst mit deiner 78 Mann starken Gang durch alle öffentlichen Bereiche deiner Stadt. Mag für dich ein Kick sein, ist für deine Mitmenschen aber schädlich. Kleine Anregung: Revolutionäre Geister können auch von zu Hause aus agieren. So wie Nelson Mandela. Der hat sein zweites juristisches Staatsexamen im Knast abgelegt.

Der April ist da und mit ihm warme Tage und blühende Blumen. Bringt dir nichts, du stehst unter Quarantäne. Empfehlenswert ist da der Frühling von Vivaldi und ein Ausflug in das Jahr 1725, als noch kein Coronavirus in Sicht war. Aber dafür leider die Pest. Dann doch lieber das Hier und Jetzt und Wohnzimmerkonzerte auf Instagram, die sind wenigstens virensicher.

Dass sich neuartige Viren nicht über die olle Antenne deines Röhrenfernsehers übertragen lassen, hast du mittlerweile verstanden. Du nutzt jetzt die freie Zeit, um dein neumodisches Smartphone ebenfalls virensicher zu machen. Und um die Verschwörungstheorien wieder zurückzuziehen, die du verbreitet hast, als sie in deinem Kopf noch Sinn ergaben.

Wie so viele bist du im unfreiwilligen Corona-Heimurlaub. Zum Glück nicht alleine, sondern mit deinem Liebsten auf Flitterreise in St. Couchingen. Mittlerweile habt ihr Netflix leergeschaut, alle Steuererklärungen gemacht und alles gesprochen. Wenn das so weitergeht, gehört ihr bald zu den neuen Babyboomern. Und dabei gibt es jetzt schon kaum Kita-Plätze …

Mit dem Strom oder gegen den Strom? Das ist gerade nicht die Frage, denn jetzt ziehen alle an einem Strang – dem #wirbleibenzuhause- und #FlattenTheCurve-Strang. Das Internet ist voller Solidarität und Sportskanonen, die 396 Push-ups machen und dabei Menschenleben retten. Dann vielleicht doch gegen den Strom und einfach altmodisch ein Buch über Fitness lesen.

Wassermänner sind sehr gesellige Menschen. In Zeiten von Corona bedeutet das: Deine Telefonleitung läuft heiß und du nervst alle Menschen, die du kennst, mit minütlichen Anrufen. Wenn niemand abnimmt, sattelst du um und lädst dich selbst zum Essen und zu einer Weinführung durch dein eigenes Haus ein. Hach, was bist du nur für eine anregende Gesellschaft.

Kontaktverbot nennt man deinen Lifestyle also. Was für die anderen der Horror ist, ist für dich normales Leben. Du gibst seit Jahren Online-Workshops und erklärst, wie man sich am besten selbst umarmt, Selbstgespräche führt, ohne aufzufallen, oder sich zum romantischen Dinner-for-One ausführt. Deine 19 Katzen und du seid für die Quarantäne wie geschaffen …

 

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