Das „bierernste“ chilli-Horoskop: Weihnachtsmarkt-Edition Kultur | 22.11.2019 | Philip Thomas

Horoskop

Vor lauter Weihnachtsmärkten sieht chilli-Okral Philip Thomas schon Sterne. Nach ganz genauem Studium der Himmelskörper durch ein Fernrohr aus leeren Glühweingläsern verrät er, was die Zukunft geschlagen hat und was die Weihnachtsmarkt-Saison diesen Winter so bringt.

Menschenmassen, die sich auf engstem Raum gegenseitig zerquetschen, unsägliche und repetitive Musik in allen Schieflagen, dazu billiger Alkohol in rauen Mengen, lautes Rumgebrülle und ganz viel Rumgefummel: Nach dem sechsten Glühwein wird dir plötzlich klar – Weihnachtsmärkte sind das Wacken für Büroangestellte.

Gefühlt starten Weihnachtsmärkte immer früher – die Stände in Freiburg öffnen dieses Jahr bereits am 21. November. 18 Grad und Speiseeis mit Glühweingeschmack lassen nicht gerade Weihnachtsstimmung aufkommen. Bald können die Betreiber ihre Buden das ganze Jahr lang stehen lassen. Getauscht wird dann bloß die Oster-Deko der Frühlingsmesse.

Eigentlich hast du dich auf die kalte Jahreszeit gefreut. Aber Weihnachtsmärkte werden jedes Jahr teurer: Nach zwei Glühwein, einem dünnen Schal, einer kleinen Holzfigur, Filzpantoffeln, einem halben Crêpe sowie einer kleinen Bratwurst stellst du bei einem Blick ins Portemonnaie fest: Das Weihnachtsgeld ist für dieses Jahr dahin.

Du musstest die ganze Nacht brechen. Auch am Morgen nach deinem Weihnachtsmarktbesuch geht es dir dreckig: Mehr Kater als ein Tierheim, Schädelbrummen, und schlecht ist dir obendrein auch. Der halbe Lebkuchen war bestimmt schlecht! Die neun Glühwein und sieben Eierpunsch waren hingegen sehr lecker.

Sich auf einem Weihnachtsmarkt mit einem Wildfremden zu verabreden, ist gar nicht so einfach. Überall trampeln dir die Leute auf die Füße und dein Blind-Date hast du im Gewimmel auch noch nicht gefunden. Dir geht auf: Glühwein in der Hand und Weihnachtsmütze auf dem Kopf sind vielleicht nicht die allerbesten Erkennungszeichen …

Nachdem dein gesamtes Weihnachtsgeld bereits für einen Schluck Glühwein, ein bisschen Lebkuchen und eine Holzfigur draufgegangen ist, bleibst du staunend vor einem Stand stehen. Weihnachtskekse für 35,50 Euro werden dort angeboten. Was steckt denn da bitte drin? Edle Zartbitterschokolade? Besondere Nüsse? Ein Stück der echten Jesuskrippe?

Bei meterdicker Schneedecke und zweistelligen Minusgraden hättest du vielleicht nicht nur mit Jeans und T-Shirt auf den Weihnachtsmarkt gehen sollen. Statt dich mit brennenden Kerzen, heißen Tees, Filzpantoffeln und dicken Mützen einzudecken, hangelst du dich am Glühweinstand lieber von einem Glas zum nächsten. Das hält schließlich auch warm.

Menschenmassen halten bei winterlichen Temperaturen warm, haben aber auch ihre Nachteile: Die Leute nehmen mit ihren verdammten Fressalien einfach keine Rücksicht. Schon dreimal wurde deine Begleitung mit Glühwein auf den Namen „Achgottsorry“ getauft. Und du wurdest auch schon von einer Langen Roten mit extra viel Senf erdolcht.

Am Karussell streiten sich Kinder lautstark um das Feuerwehrauto, zwischen den Ständen treibt eine organisierte Diebesbande ihr Unwesen, am Glühweinstand prügeln sich drei Streithähne, und eine Gruppe Jugendliche wirft mit geklauten Kerzen auf Buden und Besucher. Weihnachten ist und bleibt eben das Fest der Liebe.

Draußen ist es dir zu kalt und zu nass. Also veranstaltest du einen Weihnachtsmarkt bei dir zu Hause. Für ungewaschene Gläser, steinhartes Gebäck, langweilige Gespräche und ‚Last-Christmas’ in Dauerschleife musst du schließlich nicht vor die Tür. Dicker Bauch, langer Bart und weiße Haare sind ebenfalls bereits vorhanden.

Jedes Jahr die gleichen Bedenken: Glühweingläser auf Weihnachtsmärkten werden nicht richtig gespült. Das Internet ist voll mit Horrorgeschichten. Dabei gibt es doch extra eine „Hygienevorschrift“: Glühwein muss in Deutschland mindestens sieben (und bis zu 14,5) Prozent Alkohol beinhalten. Das desinfiziert, und den Rest tötet die Kälte. Also runter damit.

Bei der Sicherheitskontrolle vor dem Weihnachtsmarkt-Ausgang wirst ausgerechnet du von der Polizei rausgezogen. Als die Beamten deinen Rucksack überprüfen, finden sie drei leere Glühweingläser. Du wirst noch an Ort und Stelle verhaftet! Immerhin handelt es sich dabei um Pfand im Wert von 450 Euro.

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