»Es ist ein Ausbruch«: Dragqueen Chloé de la Choco performt als Black Barbie Kultur | 27.05.2025 | Till Neumann

Auf süddeutschen Bühnen ist sie regelmäßig zu sehen – und tanzt aus der Reihe. Die Freiburger Dragqueen Chloé de la Choco setzt auf schrille Outfits, wilde Lipsync-Performances und hat ein Faible für HipHop. Über die Jahre ist ihre Rolle zu politischem Aktivismus geworden.
„Einfach geil“
Im rosaroten Outfit hat sie im April im Waldsee bei „Queer it Up“ performt. Zur Musik von Shirin David tanzte sie aufreizend und ließ die pinkfarbenen Haare durch die Luft fliegen. Das kam an. „Die Crowd war einfach geil“, schwärmt Chloé rund drei Wochen später. „Die Shows waren sehr erfolgreich.“
Hinter der 26-Jährigen verbirgt sich der Friseur und Stylist Danny Kalii. Er wohnt und arbeitet in Lahr und ist nebenher Dragartist. In Freiburg sieht man ihn beim CSD oder SchwuLesDance. Rund sechs Mal im Jahr verwandelt sich Danny in Chloé, erzählt sie beim Videointerview in rosafarbener Sonnenbrille.
Vorbild Nicki Minaj

Farbenfroh: Chloé setzt auf schrille Outfits
Chloé fällt auf: Als wohl einzige schwarze Dragqueen in Südbaden. Mit glamourösen Outfits. Und ihrem an US-Rap angelehnten Stil. „Ich bin bekannt für verrückte Shows“, berichtet sie. Und erklärt: „Das standarddeutsche Travesti-Drag-Queen-Ding ist nicht so meins. Ich imitiere lieber den amerikanischen Baddie-Stil.“ Einflüsse zieht sie aus Rap, HipHop und RnB. Ein Vorbild ist US-Rapperin Nicki Minaj. Aus der deutschen Szene feiert sie Shirin David: „Ihre Kunst, zu provozieren und gut auszusehen, das ist einfach so nice.“
Seit rund zwölf Jahren verwandelt sich Danny in Chloé. Auf die Idee, sich zu schminken, hat sie ein Freund gebracht. „Damals war ich noch richtig anti“, erinnert sie sich. Doch sie ließ sich breitschlagen und merkte: Der Look kommt an. Leute nannten sie Coco, doch bald änderte sie das in Choco.
„Ich traue mich mehr“
Ihre Motivation hat sich gewandelt: „Anfangs wollte ich meine Weiblichkeit ausstrahlen.“ Dann wurden es verschiedene Rollen: „Mal bin ich süß, mal bin ich sassy, mal bin ich hot.“ Ketten zu sprengen ist ihr wichtig: „Es ist ein Ausbruch – aus Gendernormen und dem Alltag.“ Als Danny sei sie introvertiert, als Chloé extrovertiert. „Ich traue mich mehr und strahle viel mehr aus.“
In den ersten Jahren sei sie wenig aktivistisch gewesen. Doch mittlerweile ist „komplett alles politisch“. Sie sieht sich als Kämpferin für Female Empowerment und gegen Rechts, das Konservative und die AfD. „Gegen alles, was gegen meine Sexualität und Hautfarbe ist.“
Schlimme Übergriffe
Zu sehen war sie in Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart oder Mannheim. Am meisten freut sie sich nach Shows über positive Rückmeldungen. Das Schlimmste sei die Verwandlung und Vorbereitung. Sechs Stunden braucht sie mit Hilfe ihrer Freunde Max und Hussam (Frame.x_freiburg & Aldori_ Beauty), bis alles perfekt ist. „Tiefpunkte sind, wenn ich beim Üben zusammenbreche, weil es nicht funktioniert.“
Auch sexuelle Übergriffe machen zu schaffen. In Freiburg sei sie angehalten und begrapscht worden. „Ganz schlimm“, sagt Chloé. Beim CSD habe eine Frau sie zudem angespuckt. „Wegen meiner Hautfarbe“, ist sie überzeugt. Beleidigungen erlebe sie dafür weniger, weil sie sich wehre.
Was sich die Black Barbie für die nächsten Jahre wünscht? „Mehr Leute zu erreichen.“ Ihren Job als Friseur will sie aber nicht aufgeben. „Dazu ist mir Drag einfach zu anstrengend.“
Im Netz
Freiburgs Drag Queens
Neben Chloé de la Choco gibt es zwei weitere Drag Queens in Freiburg. Die wohl bekannteste ist Betty BBQ. Die „Schwarzwald-Dragqueen und Entertainerin“ trägt traditionelle Tracht, vor allem den roten Bollenhut. Sie ist auf zahlreichen Events aktiv und gibt regelmäßig Stadtführungen. 2019 war sie eine von neun Jubiläumsbotschafterinnen der Stadt Freiburg anlässlich der 900-Jahres-Feierlichkeiten Freiburgs.
Stadtbekannt ist auch Dita Whip. Sie ist Drag Queen, Showgirl, Burlesque Babe, Host, Performerin, Visagistin und Veranstalterin. Derzeit engagiert sich „Freiburgs Schwarze Witwe“ stark gegen Rechtsextremismus mit der Plattform und Fotoinitiative „Gesichter gegen Rechts“.
Zwei weitere Akteurinnen sind Amanda Wine und Ariya Angelic.
Foto: © Chloé de la Choco
Betty BBQ über Homophobie, ihre Schulzeit und Tittengrabscher