Literarisches Kleinod: Die Buchhandlung zum Wetzstein feiert 40. Geburtstag Kultur | 12.07.2018 | Stella Schewe

Buchhandlung-Freiburg-Jubilaeum

Am 14. Juli, dem Tag der Französischen Revolution, wird die Freiburger Buchhandlung zum Wetzstein 40 Jahre alt. Damit ist sie nicht die älteste der Stadt – die Buchhandlung Rombach wurde 1970 eröffnet und Herder als „Literarische Anstalt“ sogar schon 1849.

Aber sie ist eine ganz besondere, sowohl was ihr Sortiment als auch ihre Erscheinung angeht. Nicht umsonst zählt sie zu den 20 schönsten Buchhandlungen Europas.

„Die Kirschen werden reif und rot, die süßen wie die sauern …“ Erich Kästners Gedicht, handgeschrieben und gerahmt, ist das erste, was an diesem Sommertag im Schaufenster unter der blauen „Wetzstein“ Markise ins Auge fällt. Gelegen an der belebten Freiburger Salzstraße ist die Buchhandlung ein Ruhepol. Blauer Teppichboden dämpft die Schritte, im Hintergrund läuft Klassik, Kronleuchter und alte Holztische mit Buch-Empfehlungen prägen die ganz eigene Wetzstein-Atmosphäre.

Seit dem Tod ihres Mannes Thomas Bader vor vier Jahren leitet Susanne Bader die Buchhandlung „in seinem Sinn, aber auf meine Art“. Sie hat den Sachbuchbereich vergrößert und die Räume offener gestaltet. „Ich wollte die Schwellenangst, die mancher vielleicht verspürt haben mag, abbauen, nicht aber die Qualität.“

So bestellt Bader nicht die „Bestsellerlisten rauf und runter“, sondern versteht die Buchhandlung als verkäufliche Privatbibliothek: „Alles, was Sie hier finden, könnte auch bei uns zu Hause im Regal stehen.“ Dazu gehören ganze Reihen wie etwa die liebevoll gestalteten kleinen Bände der Insel Bücherei, viele von Autoren handsignierte Exemplare, eine große Auswahl an Literatur über das Judentum sowie eine philosophische Abteilung, ein Antiquariat und die bei Kunden sehr beliebten Gedichte in der gestochenen Handschrift ihres Mannes.

Buchhandlung-Freiburg-Jubilaeum-Leiterin

Susanne Bader leitet die Buchhandlung mit viel Know-how und Leidenschaft.

Kann man damit in Zeiten einer schwächelnden Buchbranche überleben? „Man kann“, sagt sie, „aber wir sind heute so vielen Reizen ausgesetzt, kommen nicht zur Ruhe, da haben es Bücher schwer. Denn Lesen erfordert Muße.“

So tut die passionierte Bücherfrau viel, um ihre Kunden an sich zu binden, lädt sie regelmäßig zu Abenden mit Autoren oder Verlegern ein und schreibt jeden Monat einen persönlich gehaltenen „Wetzsteinbrief“ mit aktuellen Empfehlungen.

Den Anstoß für die Gründung der Buchhandlung hatte die Eröffnung des Rombach-Center 1978 gegeben, in dem einzelne Filialen des Hauses zusammengefasst wurden. Zwei davon hatte Thomas Bader zuvor geleitet, doch ein „Buchkaufhaus“ sei seine Sache nicht gewesen: „Stattdessen nahmen wir all unseren Mut zusammen und eröffneten, ganz bewusst am Tag des Sturms auf die Bastille, unsere kleine Buchhandlung. Quasi eine Revolution gegen die Vereinheitlichung und die Größe“, so Bader. Womit sie es immerhin in den Bildband „Die schönsten Buchhandlungen Europas“ geschafft haben.

Fotos: © Julia Rumbach