Seltener Dreiklang: Freiburger Jazzkombo Triaz will alles – aber bescheiden Kultur | 10.03.2019

Mit ihrem Debütalbum haben Triaz gerade von sich reden gemacht. „Bring me Everything“, heißt die Scheibe. Die fünf Freiburger wagen damit einen seltenen Dreiklang: Jazz – Pop – Klassik. Wie es dazu kommt, haben sie chilli-Redakteur Till Neumann im Proberaum erzählt. Kurz darauf enterten sie für ihre Release-Party die Jazzhaus-Bühne – trotz eines Missgeschicks.

Es kommt meistens anders, als man denkt. Auch im Showgeschäft: Einen Tag vor der Releaseshow von Triaz im Jazzhaus fiel Kontrabassist Philipp Gerhard aus. Auf der Bühne stehen – unmöglich. Doch die vier übrigen Bandmitglieder ließen sich vom vielleicht wichtigsten Konzert ihrer Bandgeschichte nicht abbringen. In aller Eile fanden sie Ersatz – ein Dozent ihrer Hochschule Macromedia (ehemals HKDM) sprang ein und rettete den Abend. Er spielte zwar mit Noten, das aber souverän. Und bekam einen Extra-Applaus vom Publikum.

Seit drei Jahren gibt es die Band um Sängerin Florine Puluj. Entstanden aus einem HKDM-Studienprojekt, fanden sich fünf Musiker mit ganz unterschiedlichem Background: Gitarrist Thomas Schmeer ist „der Rocker“, erzählen die Kollegen. Pianist Timo Langpap kommt vom HipHop, Kontrabassist Philipp Gerhard aus der Klassik. Drummer Julian Erhardt – als einziger noch Student – lernt Filmmusik in Ludwigsburg.

Geglückte Premiere: Auch wenn Lampenfieber in der Luft lag – ihr Releasekonzert im Jazzhaus meisterten Triaz mit viel virtuosem Spiel. Dabei war am Vortag ihr Bassist ausgefallen. ­

Ganz vorne steht Puluj, Sängerin und Texterin, die auch mal zur Geige greift. „Ich sehe mich als Geschichtenerzählerin“, sagt die Künstlerin mit dem Turban. Für den Song „Lost and Found“ hatte sie ein Zeitungsartikel über ein Flüchtlingsmädchen inspiriert, das es bis zur Olympiade geschafft hat. Für das Stück „Pari“ nahm sie eine Figur aus einem Roman von Khaled Hosseini als Grundlage. Den Text des Titeltracks hat eine Freundin aus Dublin geschrieben, mit der sie dort studierte.

Als Bandleaderin sieht sie sich nicht: „Wir sind eine Demokratie“, erzählen die fünf im Proberaum. Das zeigt auch die Show im Jazzhaus. Immer wieder stellt sich Puluj an den Rand, überlässt ihren Musikern die Bühne.

Ihre Instrumente beherrschen die Musiker zweifelsohne. Den Sound einzuordnen, fällt dafür schwer. Mal beginnen Tracks melodisch-sanft, entladen sich mit fauchenden Gitarren („Anywhere I Go“). Mal geht’s flüsternd los, bis das Klavier die Schlagzahl erhöht, dann wieder von einer Jazzpassage gezähmt wird („Life Unlived“). Ein bisschen Funk ist drin, ein bisschen Heavy Metal, ein bisschen Klassik.

Abläufe nach Schema F gibt es bei Triaz nicht. Stücke entwickeln sich, bauen Spannungen auf, lösen sie, überraschen auch mal mit einer Geige. Zusammenpressen müssen Triaz ihre Nummern nicht. Fünf, sechs oder sieben Minuten lang sind die Songs. Dass das manchem Hörer zu langatmig ist, weiß die Band. „Manchmal haben wir die Befürchtung, dass wir den Jazzern zu wenig jazzig sind – und den Poppern zu wenig poppig“, sagt Schmeer. Doch die Erfahrungen der vergangenen Monate stimmen sie optimistisch. „Auch die Rockabillys feiern es“, erzählt Schmeer, der mit seiner Gitarre auch wildere Töne anstimmt.

Das Vorurteil, Jazz sei langweilig, wollen sie widerlegen. Und schlagen dafür bewusst auch Poptöne an. „Der Sound ist schon auch eingängig“, sagt Puluj. Reinhören muss man sich als Hörer dennoch. Die Songs brauchen Zeit – und nehmen sie sich auch.

Wichtig ist ihnen, etwas Eigenes zu schaffen. In Freiburg scheint das die Runde zu machen. Das Publikum im gut gefüllten, bestuhlten Jazzhaus klatscht kräftig Beifall. Viele Zuschauer sind schon eine Weile aus dem Studentenalter raus. Doch die Bandbreite sehen Triaz als Vorteil. Ein Jazzer habe ihnen kürzlich nach einem Konzert gesagt, 15 Euro Eintritt seien zu wenig für diese Band. Ein Satz, der hoffen lässt, dass die knappe Bandkasse sich durch die Tour füllen könnte.

Rund 30 Shows haben sie in drei Jahren gespielt. Weitere 30 könnten es 2019 werden. „Wir sind erstmals großflächig unterwegs“, sagt Langpap. Ihr Sound kristallisiere sich langsam heraus, man wolle weiter wachsen und die Gelegenheiten nutzen, die sich bieten.

Eine solche gab es zuletzt beim Jazzfestival Freiburg. Da spielte Triaz zur Eröffnung ein Konzert vor rund 400 Zuschauern. Neben der Releaseparty und einer Show im SWR-Schlossbergsaal ihr bisher größtes Event. Darauf soll mit dem neuen Album aufgebaut werden.

Der Titel fasst die Ziele deutlich in Worte: Bring me Everything. Auf der Bühne bestechen die Musiker aber mit Bescheidenheit. Große Gesten sind nicht ihr Ding. Kein Wunder, bietet ihre Musik viel Intimität und Wehmut.

„Wir passen in keine Schubladen“, sagen die Künstler. Ihr Name unterstreicht das: „Trias“ kommt aus dem Altgriechischen und steht für drei Elemente, die zusammengesetzt werden. Jazz, Pop und Klassik also. Den idealen Bausatz suchen die Musiker noch. Ein Prozess, der vieles will, aber keinen massentauglichen Märklinkasten.

Live

Triaz spielen auf ihrer Tour zwei Mal in der Region:
16.3. Offenburg, Kultur in der Kaserne
4.10. Freiburg, Passage 46

Fotos: © Max Parovsky, tln