Totgesagte klingen länger:„Der Plattenladen“ öffnet in Freiburg – mit Vinyl und CDs Kultur | 09.06.2021 | Till Neumann
Die drei Plattendealer vor ihrem Laden: Markus Muffler, Holger Dehno und Tom LissyEs klingt halsbrecherisch: Im Frühjahr 2020 hat das Compact Disc Center (CDC) in der Schiffstraße 8 zugemacht. Das Geschäft lief nicht mehr. Jetzt eröffnen dort drei Männer am 19. Juni das Geschäft „Der Plattenladen“ – und setzen ebenso auf CDs. Trotz vieler Totengesänge auf die Silberlinge: Die erfahrenen Betreiber sind voller Optimismus.
Noch darf keiner reinschauen. Die Schaufenster gegenüber der Schwarzwald City sind abgeklebt. 33 Jahre lang war dort das kultige Compact Disc Center von Gerhard Gehre – mit der prägnanten runden Verkaufstheke. Die gibt’s jetzt nicht mehr. Aus dem urigen Stöberladen ist ein helles, aufgeräumtes Geschäft geworden – in schicker Schwarz-Weiß-Optik.
„Wir waren das Kernteam“
Was er hier geben wird? „Fifty-fifty“ sagt Markus Muffler (58). Zur Hälfte CDs, zur Hälfte Vinyl. Der einstige Leiter des Lörracher Burghofs war früher Stammkunde im CDC. Jetzt hat er das Team um Holger Dehno und Tom Lissy komplettiert. Die beiden sind Veteranen des Plattenverkaufs: Dehno (59) arbeitete 30 Jahre im CDC. Lissy (47) seit 17 Jahren. „Wir waren das Kernteam“, sagt Lissy. Jetzt brennen sie darauf, ihr eigenes Ding zu machen. Zu dritt. Als „Dreamteam“, wie sie sagen.
Den neuen Look sieht der Musiker, DJ und Plattenverkäufer Lissy auch als Statement: „Das hier ist nicht der CDC.“ Der habe ausgesehen, wie in den 80ern designt. Jetzt gibt es zudem mehr Vinyl als früher. Rund 6000 Tonträger sollen es werden. Vorgänger Gehre hatte allein zum Abverkauf im März noch 10.000 im Angebot.
Ob sich der CD-Verkauf überhaupt lohnt? „Unsere Kunden sind keine Streamer“, betont Muffler. „Streamer hören Songs, ein Musikfan hört Alben.“ Zu ihnen kämen Musikliebhaber, Sammler, Menschen mit audiophilem Touch, ergänzt Dehno. Gerade im Jazz- und Klassikbereich seien Tonträger gefragt. Freiburg finden sie „vinylaffin“.
Nicht im Regal: Schlager und Volksmusik
Obwohl vieles neu ist: Dehno und Lissy setzen auf die einstige Stammkundschaft. „Viele haben auf unsere Pläne sehr positiv reagiert “, berichtet Dehno. Wie zum Beweis läuft vor dem Laden ein älterer Mann mit Vollbart vorbei und sagt: „Schön, dass ihr wieder aufmacht, wir haben euch vermisst.“
Um zu bestehen, setzt das Trio auf Einkaufserlebnis, Beratung und ein ausgewähltes Sortiment. Jeder Tonträger sei handverlesen. „Wir hätten auch Universal anrufen können und sagen: Schickt uns einen Grundstock“, sagt Lissy. Das sei nicht in Frage gekommen. Geben wird es neben Klassik und Jazz auch Indie, Pop oder HipHop. Eine Trettmann-LP steht bereits im Regal. Genau wie Curtis Harding, Bryan Ferry und Pink Floyd. Was es sicher nicht geben wird? „Schlager und Volksmusik“, betonen sie einhellig. Wenn jemand dennoch auf Helene Fischer bestehe, könne man das bestellen.
Wichtig ist ihnen, auch Musik anzubieten, die es sonst nirgendwo gibt in Freiburg oder Baden-Württemberg. Ein Beispiel: „Die Katapult“. Der Elektro-Pop-Act eines spanischen Labels habe deutsche Texte, die per Google-Translator entstehen. Aktiv verkaufen müsse man so etwas. „Eine völlig schrägte Platte“, so Lissy.
„Pinkeln uns nicht ans Bein“
Sich von der Konkurrenz abzuheben, ist nötig. Schließlich gibt es mit „Flight 13“, „The Record Store“ und dem „Mono“ drei weitere Tonträger-Läden in der Stadt. Sorgen macht das dem Trio nicht. Mit dem Flight habe es im Vorfeld Gespräche gegeben. „Wir pinkeln uns nicht gegenseitig ans Bein“, betont Lissy. Im Gegenteil: Sei etwas nicht vorrätig oder verfügbar, schicke er Kunden zu den anderen. Ihr Laden sei keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung des Angebots.
Ob sie wirklich an die CD glauben? „Die Auguren haben sie schon oft totgesagt“, sagen die drei Plattendealer. Sie sind überzeugt: Solange es Anspruch an guten Klang gibt, wird es auch CDs geben.
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Fotos: © Till Neumann