Tafel statt Tablet: Warum das digitale Lernen im Land nicht recht in Gang kommt 4family | 05.06.2018 | Tanja Senn

Ein Smartphone als mobiles Physiklabor. Lernvideos per Tablet. Schüler, die Spiele programmieren. Geht es nach der Landesregierung Baden-Württemberg, würde die Digitalisierung gerade mit voller Fahrt Einzug in die Klassenzimmer halten. Doch: Mit der Realität haben solche Szenarien wenig zu tun – momentan gibt es vor allem einzelne Leuchtturmprojekte.

„Selbstkritisch muss man sagen, dass wir uns bei der digitalen Bildung nicht in der internationalen Spitzenposition befinden“, gab bereits die ehemalige Bildungsministerin Johanna Wanka zu. Baden-Württemberg will da als Vorreiter eigentlich die Ausnahme sein: Bis 2021 plant die Landesregierung, rund eine Milliarde Euro in die Digitalisierung zu stecken. Bildung soll dabei das „zentrale Schwerpunktthema“ sein. Doch die konkrete Umsetzung lässt auf sich warten.

Schon das erste Leuchtturmprojekt entpuppte sich als herber Rückschlag. So hätte die Bildungsplattform ella@bw eigentlich im Februar an den Start gehen sollen. 24 Millionen Euro sind allein für dieses Projekt, das Lehrer landesweit vernetzen soll, im Etat vorgesehen. Wegen technischer Probleme konnte die Plattform allerdings nicht online gehen. Auch wenn das Projekt mal den Startschuss schafft: Bis alle Schulen darauf zugreifen können, wird es noch dauern. Schließlich soll das System zunächst nur testweise an hundert Schulen eingeführt werden.

Auch sonst findet man statt flächendeckender Digitalisierung vor allem einzelne Projekte. So gibt es im Raum Freiburg etwa vier Tablet-Schulen. Am Marta-Schanzenbach-Gymnasium in Gengenbach, dem Friedrich-Gymnasium in Freiburg, dem Gymnasium in Schramberg und dem Schwarzwaldgymnasium in Triberg nutzen je zwei Klassen die kleinen Bildschirme. Andere Schulen wird der Tablet-gestützte Unterricht frühestens 2021 erreichen: So lange dauert der Schulversuch, der zeigen soll, ob die Geräte tatsächlich beim Lernen helfen.

An den Privatschulen ist man da oftmals schon weiter. So will etwa die Freiburger Kopernikus-Grundschule ab dem kommenden Schuljahr intensiv auf medienunterstützte Lehr- und Lernmethoden setzen. Interaktive Flachbildschirme, Tablets und Lernsoftware sollen den Unterricht bereichern. „Wir wollen dem ganz natürlichen Forscherdrang jedes Kindes gerecht werden und können dabei natürlich nicht den Umgang mit modernen Medien ausklammern“, betont die geschäftsführende Pädagogin Gisela Weidemann.

Neben der rein technischen Aufrüstung steht hier auch die Medienpädagogik im Mittelpunkt: Die Schüler sollen lernen, wie sie fächerübergreifend ihre Medienauswahl einsetzen oder digitale Einflüsse verarbeiten. Auch das Kultusministerium hat dieses Thema auf dem Schirm und will die Digitalisierung nun auch in den Bildungsplänen verankern.

Ein erster Schritt ist getan: Seit Beginn des Schuljahrs gibt es an den Gymnasien einen „Aufbaukurs Informatik“. Ab dem Herbst sollen alle weiterführenden Schulen folgen. Für 2018 plant das Ministerium dafür 133 zusätzliche Stellen ein. Knackpunkt des Konzepts wird sein, ob sich diese Stellen tatsächlich besetzen lassen.

Foto: © Kopernikus Grundschule