Paradies, Piraten und die Popo-Nuss: Segeltörn durch die inneren Seychellen Reise-Special | 05.12.2019 | Lars Bargmann

Der Flug QR 678 setzt zur Landung an, der Airport Mahé liegt im Morgenlicht. Eine Stunde später entert unsere kleine Reisegruppe am Hafen die Dufour 520 Grand Large – unser Zuhause für die nächsten sieben Tage. Auf der Agenda steht ein Segeltrip durch die inneren Seychellen. 650 Seemeilen durch ein Paradies – ohne Piraten, aber mit Popo-Nuss. Veraltete Seekarten und zu flache Häfen inklusive.

Wir segeln aus dem Hafen von Victoria, der Hauptstadt der Seychellen. Kein Blick zurück – die Zivilisation mit ihren ­Autos, Einkaufsläden und Touristen lassen wir achtern ­liegen. Praslin, La Digue, Silhouette Island oder Curieuse heißen unsere Ziele. Praslin ist nach Mahé die zweitgrößte Insel der inneren ­Seychellen. Eine Bergkette trennt den Nordwesten vom Südosten. Die Strände Anse Kerlan und Anse Lazio zählen zu den besten der Welt, vor allem ist Praslin die Heimat der Coco de Mer, der Seychellenpalme.

Sie steht dicht an dicht im Naturschutzgebiet Vallée de Mai, das die UNESCO 1983 wegen der Palme, respektive ihrer wie ein Popo aussehender Nüsse, zum Weltnaturerbe erklärt hat. Während normale Kokosnüsse zuweilen nur zwei Wochen brauchen, um zu reifen, braucht die Coco de Mer sieben Jahre. Wer Glück hat, kann den schwarzen Papagei krächzen hören. Der black Parrot lebt nur dort, wo die Coco de Mer lebt – die Vögel nisten in den abgestorbenen Ästen der Palme.

Die verführerisch riechende Zimtpflanze – einst ein ­Exportschlager – ist hier aber ein nicht mehr gern gesehener Gast, weil sie den endemischen Pflanzen Lebensräume streitig macht. Fast 170 Millionen Jahre hat der Urwald auf dem Buckel.  Wir segeln weiter – zum nächsten Traumziel La Digue. Das Eiland ist nicht nur für seine Strände – die sicher zu den meistfotografierten der Welt zählen – und die malerische, hügelige Natur bekannt, sondern auch berühmt für seine riesigen Schildkröten.

Bald startklar: die Dufour 520 im Hafen von Mahé

Der Hafen ist zu flach, wir ankern in sicherem Gewässer und fahren mit dem Dingi ans Ufer. Am Hafen leihen wir uns ­Räder und los geht’s zum fantastischen Anse Source ­d’argent. Wir fahren durch den palmengesäumten Park L’Union Estate und landen in Postkartenidylle pur. Türkisfarbenes Wasser, umgeben von einem Korallenriff, fast weißer Sandstrand, in Holzhütten bieten Einheimische frische Früchte an – mit und ohne Alkohol. Am Strand gehorchen einige dem Bantu-­Slogan mbuki-mvuki – was so viel heißt wie: sich spontan die Kleidung vom Leib reißen und umhertanzen. Der Ozean schickt sanfte Wellen ans Ufer, eine an einer Palme ­hängende Box träufelt dem Besucher ein bisschen Reggae ins Ohr – die Grenze zum Unwirklichen ist sehr nah.

Dass dann der blauschwarze Piepmatz, der einem da um die Ohren fliegt, auch noch Seychellen-Paradiesschnäpper heißt, hätte man sich sogar denken können. Hier. Im Paradies. Nächster Ankerplatz ist vor Curieuse: Die kleine Schwesterinsel reizt nicht nur mit pittoresken Stränden, sondern auch mit dichtem Mangrovenwald, durch den wir von der Bay Laraie kommend eine gute halbe Stunde auf aufgeständerten Holzstegen schlendern, vorbei an einer alten, längst überwucherten Lepra-Station, bis wir auf einer Schildkrötenfarm landen und den ­beeindruckenden Aldabras bei der noch beeindruckenderen Paarung zustaunen können. Zum Glück, die Riesenschildkröten waren vor noch nicht allzu langer Zeit vom Aussterben bedroht.

Das Seegebiet rund um die Seychellen ist anspruchsvoll, weil es neben vielen verzeichneten auch viele nicht verzeichnete Untiefen gibt. Mit unserer Yacht müssen wir immer ein bisschen wegbleiben von den Granitinseln, das Hauptverkehrsmittel zu Wasser sind deswegen Katamarane. Unsere Fischfangversuche sind unterm Strich – ein Desaster. Zwei kaputte Angeln, kein Fisch. Als die Sonne sich gen Horizont wendet, taucht plötzlich Eddy auf. Eddy weiß, wie man die Bonitos fängt. Aus Fischstücken ­einen Ball formen, mit Sand verdichten, dann an bestimmten Stellen 35 Meter runterlassen, warten, Fische aufmerksam ­machen, dann mit einem Ruck die Kugel nach oben ziehen, dann beißen sie.

Er kann es, wie in seinem kleinen Motorboot gut zu sehen ist. Okay, wir nehmen gerne einen, der Bordgrill wird angeschmissen, ein bisschen ­Musik dazu – der Himmel taucht sich in ein sanftes Rot. Kalte Bierbüchsen werden aus der Kombüse gereicht. Die Dufour schwoit in der Bucht hin und her. Unser Dingi treibt an uns vorbei.

Info

Innere Seychellen: Das Seegebiet der Inner Islands, die Seychelles Bank, nimmt eine Fläche von rund 31.000 Quadratkilometern ein und hat 32 Inseln. Es ist die am dichtesten bevölkerte und wichtigste Inselgruppe des Landes, das auf Mahé mit dem 905 Meter hohen Morne Seychellois seine höchste Erhebung hat. Die gut 90.000 Köpfe zählende Bevölkerung – die Seychellois – besteht zu 90 Prozent aus den Nachfahren der aus verschiedenen französischen Kolonialgebieten eingewanderten Siedler und ihrer afrikanischen Arbeitssklaven. Dazu gibt es indische, chinesische oder europäische Minderheiten.
Anreise: Condor fliegt zweimal wöchentlich direkt von Frankfurt. Qatar Airways fliegt von Frankfurt über Doha nach Mahé. Beste Reisezeit: jederzeit Reiseführer: „Seychellen“ von Wolfgang Därr, Dumont

Fotos: © bar, pixabay, iStock.com/znm