Das perfekte Wochenende in Venedig Reise-Special | 25.11.2021 | Reinhold Wagner/Beate Vogt

Der Canal Grande

Prachtvolle Kirchen, Villen und Paläste, auf Hochglanz polierte Gondeln, die unter ausladenden Brücken hindurchtauchen und in engen Seitenkanälen verschwinden – Venedig ist ein Reiseziel für Romantiker, Träumer, Künstler und Architekturliebhaber. Es ist ein einziges großes Freiluftmuseum, erbaut auf Millionen von Holzpfählen. Wie ein riesiges Hausboot, auf das die Bewohner all ihre Schätze gerettet haben, und das allmählich unter seiner Last zu versinken droht. Ein Paradies, das in Zeiten der Pandemie gerade wieder frisch zum Leben erweckt wurde und dessen Besuch sich mehr denn je zu unterschiedlichen Jahreszeiten lohnt.

Vor dem Bahnhof geht es direkt ins Vaporetto, das Taxi-Boot, das den Canal Grande in seiner gesamten Länge abfährt – entspannter könnte die Anreise nicht sein. Wie auf einer Besichtigungstour passieren die Neuankömmlinge gleich vom ersten Meter an bis zur Molo „San Marco“ einen Prachtbau nach dem anderen, darunter immer wieder Türme, Paläste, Kirchen und Museen. Schon von Weitem unverkennbar: die Rialtobrücke mit ihrer doppelseitigen Galerie. Unzählige kleine Boote, schicke Gondeln und luxuriöse Rivas liefern sich hier ein Wettrennen im Rangieren, wer als Erstes in oder aus einem der engen Seitenkanäle einbiegen darf.

Die Kuppeln der Basilika San Marco

Imposante Domkulisse: Die Kuppeln der Basilika San Marco.

Nach kurzer Weiterfahrt gelangt das Wasser-Taxi in die Lagune des Canal San Marco und legt vor dem Markusplatz an. Hier sollen – pandemiebedingt und aufgrund des dadurch sehr stark eingeschränkten Tourismusbetriebs – zuletzt sogar Delfine im deutlich aufgeklarten Wasser gesichtet worden sein. Auch das Fernbleiben der riesigen Kreuzfahrtschiffe hat sich positiv auf die Lagunenstadt ausgewirkt. Die auf Millionen von hölzernen Pfählen errichtete Stadt reagiert doch deutlich empfindlicher auf jegliche Art von Störung wie Hochwasser oder Wellengang, als man lange Zeit vermutete. Und die Fertigstellung des „MO.S.E“ genannten Projekts (Modulo Sperimentale Elettromeccanico), das die Stadt vor Überschwemmungen schützen soll, ist längst überfällig.

Ab der Mole geht es zu Fuß durch das Zentrum. Klares Muss zum Einstieg: Die Piazza San Marco mit der Basilika, dem Dogenpalast und dem Campanile, dem höchsten Glockenturm der Stadt. Unter den Arkaden befindet sich die Urmutter aller Cafés Italiens, das „Florian“. 1720 als reiner Männertreff etabliert, startete der öffentliche Kaffeeausschank von hier aus seinen Siegeszug um die Welt. Heute drängt sich hier vor allem die Nachkommenschaft der alten Adelsgeschlechter – besonders fein herausgeputzt zur Zeit des Carneval, der vom 12. Februar bis zum 1. März 2022 stattfindet.

Damen in Masken des Venezianischen Karnevals

Die berühmten Masken des Venezianischen Karnevals.

Für die weitere Erkundung des autofreien Innenstadt-Labyrinths kann man sich einen ortskundigen Führer nehmen oder sich mit detailliertem Stadtplan und Navi ins unübersichtliche Gewirr der Gassen, Kanäle und Brücken stürzen. Die Übersicht zu behalten ist nicht ganz einfach, aber es eröffnen sich immer wieder wunderhübsche Ein- und Ausblicke, wenn die Neugier als Wegweiser die Richtung vorgibt.

Zwischen Souvenirläden und Verkaufsständen verstecken sich auch auf der deutlich markierten touristischen Hauptroute immer mal wieder Galerien, Boutiquen und Werkstätten einheimischer Künstler und Handwerker, die ihr Fach von der Pike auf gelernt haben und beherrschen: Der Blick über die Schultern der Maestri versetzt in Staunen.

Der Gang über hartes Kopfsteinpflaster, durch verwinkelte Gassen und über unzählige Brücken – Venedig hat ungefähr 400 davon – macht durstig und hungrig. Wie gut, wenn man sich auf die Empfehlung Einheimischer verlassen kann. Tatsächlich verführt die prall gefüllte Vitrine in der legendären Osteria „Al Portego“ nahe der Rialtobrücke zum ausgiebigen Durchtesten kleiner, aber durchweg feiner Cicchetti – das sind die typisch venezianischen Mini-Vorspeisen, die, begleitet von einem Glas Wein, köstlich munden. So gestärkt warten am Abend der nahe „Ponte Rialto“ und seine Umgebung auf Eroberungen im Schlendertempo. In romantisches Laternenlicht getaucht, präsentiert sich die Brücke von ihrer schönsten Seite. Malereien und Kunstdrucke werden auf Staffeleien zum Kauf dargeboten. Solcherart vom Romantikvirus infiziert, läge eine kleine Tour mit der Gondel nahe. Gesagt, getan. Verliebte und nach Authentizität strebende Nostalgiker lassen sich in der Abendstimmung begleitet von den Gesängen der Gondoliere über das Wasser rudern.

Die Rialtobrücke in Venedig

Die Rialtobrücke in Venedig überspannt mit einer Länge von 48 Metern den Canal Grande.

Vielleicht bietet später das Hotel noch eine Aussicht auf Kanäle, Paläste oder Brücken – vorm erholsamen Schlummer zum Krafttanken für den zweiten Erkundungstag. Denn Venedig ist definitiv kein Ort, den man rasch durchschreitet und nach wenigen Stunden einfach abhakt. Es lohnt sich, tags darauf auch einmal das weitere Umfeld ausgiebig zu erkunden. Dort warten – leicht und bequem im Boot zu erreichen – die spannenden Inseln der Lagune, allen voran das Zentrum der Glaskunst, Murano. Statt imposanter Paläste reihen sich hier kunterbunte kleine Häuschen am Ufer der Kanäle, die Glaswerkstätten beherbergen. Weshalb hat man die Schmelzöfen einst aus der Lagunenstadt auf die Insel verbannt? Es galt, das reichlich verbaute Holz in den Palästen Venedigs vor den Brandrisiken bestmöglich zu schützen.

Wer mag, stattet auch der Nachbarinsel Burano noch einen Besuch ab und genießt das Abendessen in einem der vielen Fischrestaurants mit Blick aufs Wasser. Romantischer Abschluss der Reise in eine Stadt, die ihren traumhaften Charme bis heute bewahrt hat.

Bunte Fischerhäuschen auf Murano

Inselwelten: BunteFischerhäuschen auf Murano, Zentrum der Glasbläserkunst.

Infos rund um Venedig

Venedig zählte im 18. Jahrhundert zu den größten Städten der Welt. Die „Serenissima“ war ein bedeutendes Handels- und Finanzzentrum, die Paläste am Canal Grande sind heute beeindruckende Zeugen des vergangenen Wohlstands. Die Altstadt von Venedig, auf mehr als 120 Inseln erbaut, steht seit 1987 auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes. Ungefähr 175 Kanäle durchziehen die Stadt, Hauptverkehrsader ist der Canal Grande. Das insgesamt nur etwa drei Kilometer breite Stadtzentrum mit seinem faszinierenden Netzwerk aus Kanälen, Gassen und Plätzen zählt zu den meistbesuchten Städten Europas.

Weitere Infos unter:
de.turismovenezia.it oder
www.venediginformationen.eu

Anreise & Übernachten:
Thomas Mann empfahl die Anreise per Schiff, aber Venedig ist auch mit Bus oder Bahn gut erreichbar. Wer mit dem Auto anreist, muss das Fahrzeug in einem Parkhaus abstellen und gelangt zu Fuß oder mit dem Boot (Vaporetto oder Wasser-Taxi) ins historische Stadtzentrum. Übernachtungsgäste haben die Qual der Wahl und können aus einem reichhaltigen Hotel-Angebot in der Altstadt auswählen.

Basilika San Marco mit Feuerwerk

Stimmungsvoller Jahreswechsel in der Serenissima: Alte Pracht, bunt beleuchtet.

Weihnachten & Silvester in Venedig 2021/22

Ein Abstecher zur Weihnachtszeit oder zu Silvester lohnt sich, um Venedigs wunderschöne Kanäle, Piazzas und die kunstvolle Architektur zu bestaunen. Prachtvoll dekoriert und beleuchtet mit Weihnachtsschmuck sind die Straßen weniger voll als in der Hochsaison. Überall finden sich Lichter und wunderschöne Dekorationen, sogar auf den Gondeln. Der wichtigste Weihnachtsmarkt ist auf der historischen Piazza in der Nähe des Palazzo Grassi. Er verwandelt den Campo Santo Stefano im Dezember in ein Weihnachtsdorf. Es gibt viele Stände mit lokalen Schätzen und eine Eisbahn.

Nicht nur die Weihnachsmärkte machen den Besuch in dieser Jahreszeit zum Highlight: Unvergesslich ist der Besuch einer Mitternachtsmesse im Markusdom und das Feuerwerk am Silvesterabend.

Fotos: © iStock.com/QQ7;extravagantni; hanita18; Vladislav Mikhailov; Gargolas; Olena_Z