Freiburgs Tracks des Jahres 2023 Musik | 13.12.2023 | Till Neumann, Philip Thomas, Pascal Lienhard, Jennifer Patrias

Tracks des Jahres

Welthits aus Freiburg sind auch 2023 nicht geglückt. Aber viele Songs haben die Redaktion dennoch berührt. Wir vier haben erneut unsere zwölf Favoriten ausgewählt.

Bei der Auswahl haben wir uns nicht leicht getan. Wir sind vier Redakteur*innen mit zum Teil sehr verschiedenen Geschmäckern (s. Jury). Unsere Liste ist auf Basis einer Mehrheitsentscheidung zustandegekommen. Ganzjährig rezensieren wir Freiburger Releases. Wir freuen uns über Hinweise auf neue Singles, EPs oder Alben an redaktion@chilli-freiburg.de.

Lambs & Wolves » Devil in the Orchard

Mit „The Devil in the Orchard“ haben Lambs & Wolves Ende März ein Folk-Album ohne musikalische Scheuklappen veröffentlicht. Der atmosphärische Titelsong überzeugt mit der sanften Stimme von Sänger und Pianist Julian Tröndle. Gemeinsam mit interpretationsoffenem Text, einprägsamer Klaviermelodie und gelungener Instrumentierung schaffen die Löwen und Wölfe einen melancholischen Herbst-Sound.

Mieke » Money Factory

Mit ihrer Debüt-EP präsentiert sich Mieke als Fan der Musik der 60er. Auf „I’m With the Band“ stehen vor allem die Beatles Pate. Highlight ist das bluesige „Money Factory“, in dem es um Themen wie Sexismus, Rassismus, Waffengewalt, Faschismus und Kapitalismus geht. Miekes Fazit im Gospel-inspirierten Finale ist ganz im Sinne der Fab Four: „The answer is love“.

Beach Blues » Drunkhead’s Tale

Bisher eher als Members der Cosmic Mints bekannt, haben die Jungs von Beach Blues dieses Jahr ihre Debüt-EP veröffentlicht. Besonders cool kommt „Drunkhead’s Tale“ daher. Sänger und Bassist Niclas Soddemann drückt der verrucht klingenden Nummer mit Reibeisenstimme seinen Stempel auf. Der Track erinnert stark an Musik-Ikone Tom Waits. Mit 267 Zeichnungen macht auch das Musikvideo was her.

Unojah » Ay mi Amor

Die World-Music-Band Unojah hat zuletzt mit der „Live EP“ Einblicke in ihr buntes Portfolio gegeben. Im September haben die Musiker „Ay mi Amor“ als Video ausgekoppelt. Für den Polka- und Cumbia-Song cruisen die fünf auf Lastenrädern, Longboards und Gepäckträgern musizierend durch die Stadt. Da kann nicht nur mitgesungen und mitgetanzt werden – es gibt auch eine Stadtrundfahrt im 360-Grad-View on top.

Milxn » Unendlich groß

Der Rapper Milxn ist Newcomer im Breisgau. Mit „Unendlich groß“ hat er eine düstere Single gedroppt. Eine kratzige Gitarre, pulsierende Drums und ein donnernder Bass fesseln schnell. Dazu gibt’s Depri-Lyrics voller Sehnsucht und Schmerz: „Dieses Zimmer scheint unendlich groß, hol mich raus, hol mich raus und ich lass nie wieder los.“ Das ist gut getextet, wuchtig produziert und bleibt hängen.

Pyanook » Digital Derwish

Der einzige Song ohne Lyrics in dieser chilli-Best-of-Reihe kommt vom Freiburger Pianisten und Klangkünstler Ralf Schmid. Mit seinem Pyanook-Projekt lässt er Klavierklänge mit Effektspielereien verschmelzen. Besonders geglückt ist das auf dem Opener seines Albums „Zas“: Digital Dervish. Da tanzen Töne schwerelos durch den Raum – getragen von Xylophon und Percussion. Was zum Zurücklehnen und Genießen.

Twäng! » Baraye

Der Der A-Cappella-Popchor Twäng! trällert, raunt und sing seit 2014 in allen Tonlagen. Im Frühjahr hat der mittlerweile auf 42 Kehlen angewachsene Freiburger Chor seine Stimme der Revolutionsbewegung im Iran geliehen und den Song „Baraye“, die Hymne der Protestwelle, gecovert. Die Freiburger Version ist ein Zeichen für Solidarität und dabei musikalisch eindrücklich, gefühlvoll und frei von Kitsch.

Raw Sienna » Kill the Noise

Die meisten Texte der ersten EP „Mess in Heaven“ vom Freiburger Quintett Raw Sienna sind Verhandlungssache. Ausnahme ist „Kill the Noise“. Fünf Minuten nimmt sich der im Lockdown entstandene Track, um Depressionen und Angststörungen ins Licht zu zerren – zuerst leise und zurückhaltend, zum Ende hin wüst und unnachgiebig, aber nicht ohne Melodie, Takt und Rhythmus.

Heirs to the Wild » Elusive Moods

Ein bisschen Soul, eine Prise Pop, dazu Jazz garniert mit Singer-Songwriter. Fertig ist das launische „Elusive Moods“ von Heirs to the Wild. Die Formation um Sängerin Rabea Hussain überzeugt: „Elusive Moods“ lullt die Hörerschaft dank grooviger Bassline von Jan Klementz und Gitarrenakzenten by Micha Scheiffele angenehm ein. Fazit: Melancholie ohne Schwermut.

Fatcat » Broken Place

Die Powerfunker von Fatcat zählen zu den erfolgreichsten Bands der Breisgaumetropole. Dieses Jahr haben sie mit „More Sugar“ ihr drittes Album gedroppt. Dass sie auch die ruhigen Töne beherrschen, beweisen sie mit der zweiten ­Single „Broken Place“. Die gefühlvolle Nummer mit Zeilen wie „I needed love, you needed space“ überzeugt vor allem durch die ausdrucksstarke soulige Stimme von Frontmann und Gesangslehrer Kenny Joyner.

Von Welt » Immer so still

Anfang September haben sich die Alternative-Rocker Von Welt mit dem hymnisch-düsteren „Adrenalin“ zurückgemeldet. Der zweite Release des Jahres kommt eine Spur poppiger daher und sorgt ebenfalls für einen Ohrwurm. Lyrisch geht’s um die Gefühle einer introvertierten Person („Immer am liebsten für mich allein, Kopfhörer auf, schau in mich rein“). Das gelungene Musikvideo zeigt das Trio in Freiburg.

The Rehats » Find A Way

Wer es kuschelig mag, ist bei den Rehats richtig. Smoothen Wohlfühl-Indie-Pop gibt’s da. Für so manchen genau das Richtige in der dunklen Jahreszeit. Auch „Find A Way“ klingt nach Wolldecke, Kaminfeuer und Kräutertee. Johannes Stang singt vom Zusammenhalt eines Paars, die Gitarren säuseln dazu. Ein paar Mitsingelemente gibt’s on top. Das Video von „Luchthansa“ entführt in Überwachungskamera-Optik in den Stadtgarten.

Anhören
» (Fast) alle Songs zum Nachhören gibt’s in der Spotify-Playlist „Freiburgs Tracks des Jahres“

Die Jury

Name: Till Neumann
Jobs: chilli-Redakteur und Musiker
Hört gerne: HipHop, Soul, Urbanes
Ist allergisch auf: Schlager und schlechte Texte

Name: Philip Thomas
Jobs: chilli-Redakteur
Hört gerne: Elektro und Techno
Ist allergisch auf: Deutsch-Pop und Nazis

Name: Jennifer Patrias
Jobs: chilli-Volontärin
Hört gerne: Pop, Party-Schlager
Ist allergisch auf: Deutschrap und Metal

Name: Pascal Lienhard
Jobs: chilli-Volontär
Hört gerne: Punkrock, Singer-Songwriter, Indie
Ist allergisch auf: Remixe einstmals guter Songs