Der Berg ruft: Nächtliche Schneeschuhwanderung Freizeit | 29.12.2019 | Tanja Senn

Schneeschuhwandern Mit Schneeschuhen geht‘s in der Dämmerung bergauf am Belchen und mit Fackeln wieder zurück.

Schneeschuhe. Fackeln. Glühwein. Drei Zutaten für einen stimmungsvollen Abend. So ausgerüstet, geht es auf einer geführten Tour auf eine Hochebene des Belchen – von der Dämmerung bis in die schwarze Winternacht.

Die ersten Schritte sind noch etwas wackelig. „Einfach schlurpen – wie wir im Schwarzwald sagen“, erklärt Edgar Matt, „dann klappt das schon.“ Der Guide von Original Landreisen geht beherzt voran, und nach wenigen Minuten hat auch die Gruppe den richtigen Schritt gefunden. Von der Talstation der Belchen- Seilbahn geht es stetig bergauf in den tief verschneiten Winterwald hinein.

Um 17.30 Uhr hatte sich die aufgeregt schwatzende Gruppe an der Talstation getroffen, wo Matt und seine Kollegin Katharina Kaiser die Schneeschuhe ausgegeben haben. Zur Tour haben sich 13 Wintersportler in Outdoorhosen und Wanderschuhen angemeldet – alles komplette Schneeschuhanfänger –, die sich auf eine Wanderung im Fackelschein freuen. Noch ist es zu früh für Feuer. Die Sonne steht zwar schon tief, schafft es an diesem Tag aber zum ersten Mal durch die dicke Wolkendecke hindurch.

Im Wald wird es gleich dämmriger. „Wir machen heute eine gemütliche Tour“, verspricht Matt, „anstrengend wird’s nicht.“ Während er lässig die Steigung erklimmt, werden hinter ihm allerdings immer mehr Reißverschlüsse von dicken Winterjacken aufgezogen. Mützen und Handschuhe wandern in die Taschen. Nach wenigen Minuten gibt’s den ersten Stopp. Der 40-Jährige, der in Aitern am Belchen wohnt, informiert über den vierthöchsten Berg des Schwarzwalds und über die 2001 eröffnete Seilbahn, die den Panoramaberg vom Autoverkehr befreite. Dort, wo die Gruppe gerade steht, führte zuvor eine Straße auf den Gipfel. Weiter oben wurde sie renaturiert und ist nun eine Familienabfahrt.

Schneeschuhwanderung

Mit Schneeschuhen geht‘s in der Dämmerung bergauf am Belchen und mit Fackeln wieder zurück.

Wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen

Die autofreie Strecke haben sich die Tiere zurückerobert. Füchse, Dachse oder Hasen seien hier oft zu sehen, erzählt der Guide. Bei einer Tour vor zwei Wochen habe er erst Gämsen gesehen. Kaiser erzählt von Begegnungen mit dem Auerhahn, der „sich anhört wie ein Helikopter“. Ein ganz besonderes Tier könne man jedoch erst entdecken, wenn der Schnee anfängt zu schmelzen. Dann windet sich auf den letzten Schneeflecken der badische Riesenregenwurm, der nur in höheren Lagen überlebt. „Der erreicht locker eine Schuhlänge“, sagt Matt und zeigt auf seinen Schneeschuh.

Gibt’s bei seinen Touren immer so viele Infos? „Das kommt ganz auf die Gruppe an“, sagt der Guide, der seit drei Jahren Menschen durch den Schwarzwald führt: „Bei den Touren zum Sonnenaufgang wollen die Leute zum Beispiel eher ihre Ruhe.“ Diese Wanderung würde dann weiter bergauf führen, bis man pünktlich zu den ersten Strahlen den Gipfel erreicht hat.

So hoch hinauf geht es an diesem Tag aber nicht. Stattdessen biegen die Schneeschuhwanderer nach links zum Hochplateau „Stuhlsebene“ ab. Die Wanderer verlassen den Weg und stapfen über eine weite Schneefläche – dank der Spezialschuhe ist das überhaupt kein Problem. Oben angekommen, hat sich die Nacht über die Landschaft gelegt. In der Ebene leuchten die Lichter der Dörfer im Rheintal. Bis nach Basel reicht der Blick durch die mittlerweile wolkenklare Nacht.

Matt und Kaiser ziehen die Fackeln aus ihren Rucksäcken und wenige Minuten später flackern die ersten Lichter über die Hochebene. Ein Pärchen schießt – mit der Fackel in der einen und dem Smartphone in der anderen Hand – die obligatorischen Selfies. Fünf Mädels, die an diesem Abend ihren Frauenstammtisch auf den Belchen verlegt haben, lassen Prosecco-Dosen
zischen. Andere genießen einfach die heimelige Stimmung.

Auch Kaiser wirkt ergriffen. „Das erinnert mich an Silvester“, sagt sie: „Da haben wir mit der Familie auch immer eine Fackelwanderung gemacht.“ Wie Matt – der beruflich Straßenwärter ist – macht die Studentin die Touren in ihrer Freizeit. „Wir sind alle Leute, die eh viel und gerne in der Natur unterwegs sind“, erzählt die 26-Jährige. „Wenn man dabei noch ein bisschen was verdienen kann, ist das doch perfekt.“

Durch den nächtlichen Wald und den knirschenden Schnee geht es wieder zurück zur Talstation. Hier landen die noch brennenden Fackeln in einem großen Feuerkorb. Die Teilnehmer schlüpfen wieder aus den Schneeschuhen. Erst beim teilweise glatten Weg hinüber zum Jägerstüble merkt man, wie viel Halt die breiten Laufflächen mit den Krallen gegeben haben. Wem beim Abstieg kalt geworden ist, der kann sich nun aufwärmen: Matt und Kaiser servieren Glühwein und Punsch. Der wird im Freien genossen – unter einem mittlerweile sternenklaren Himmel, von dem der Vollmond scheint.

Info

Fackelwanderung
mit Glühwein am Belchen
von Original Landreisen
Dauer: 1,5 bis 2 Stunden
Nächste Termine: 3.1., 10.1., 26.1.
www.original-landreisen.de

Fotos: © iStock/ Uwe Moser, Hubert Gemmert