Ein Stück deutsch-französische Geschichte: Der perfekte Tag in Straßburg Reise-Special | 21.01.2019 | Reinhold Wagner

Ein Besuch in Straßburg beginnt und endet idealerweise in der mittelalterlichen Altstadt zwischen dem Stadtteil „Petite France“ und der Kathedrale. Diese Insel, „Grande Île“ genannt, wird vollständig vom Kanal der Ill umschlossen und steht seit dem Jahr 1988 unter dem Schutz der UNESCO, und das als erste Stadt Frankreichs in komplettem Umfang.

Neu ins Weltkulturerbe aufgenommen wurde 2017 „La Neustadt“: das Viertel zwischen dem Platz der Republik (ehemals Kaiserplatz) und der Universität. Im Rahmen einer frisch ins Leben gerufenen Stadtführung erfährt der Besucher, wie es dazu kam und ­welche historisch bedeutenden Bauwerke dazugehören.

9 Uhr: Genussvoller könnte der Tag nicht beginnen als mit einem französischen Frühstück im „Salon de Thé Christian“, dem Straßburger Kult-Café mit direktem Blick auf das Münster. Eine ganze Seite in der Speisekarte widmet sich den Variationen an hausgemachten Kakao-Spezialitäten. Zur Trinkschokolade, dem Kaffee oder Tee ein süßes Stückchen aus der Patisserie – wahlweise klassisch Französisch oder typisch Elsässisch – in Form eines „Pain au Chocolat“ oder eines Mini-Gugelhupfs, hier „Kougelhopf“ genannt, und der Rundgang durch die Stadt kann starten.

9.30 Uhr: Natürlich geht es los beim Münster. Oder müsste es nicht eigentlich heißen: „Kathedrale“? Und überhaupt: „Warum fehlt denn auf der rechten Seite der Turm?“ Fragen über Fragen, auf die François Muller, unser Guide, stets eine Antwort parat hat. Nur so viel sei verraten: „Am fehlenden Geld kann es nicht gelegen haben, denn Straßburg hatte immer genug davon“, versichert uns der Mann mit dem deutsch-französischen Namen in fließendem Elsass-Deutsch.

10 Uhr: Wer ­hätte das erwartet: Die kleine, unscheinbare Kirche „St.-Pierre-Le-Jeune“, also „Sankt Peter, der Jüngere“, ist ein architektonisches Kleinod und hat den ältesten romanischen Kreuzgang nördlich der Alpen zu bieten. „Diesen kennen selbst viele Straßburger noch nicht“, verrät der Guide. Das aber soll sich künftig ändern: Früher war die evangelische Kirche nur zu den Gottesdiensten geöffnet, heute dient sie auch als Veranstaltungsort für Konzerte. Gegenüber verpuppt sich gerade das ehemalige Polizeipräsidium, um als modernes Hotel wiedergeboren zu werden.

10.30 Uhr: Über eine von 21 Brücken geht es hinüber in die Neustadt, früher als „Deutsches Viertel“ bezeichnet, das erst einmal seinen Namen ändern musste, bevor Frankreich bereit war, das historisch umkämpfte Gebiet mit der deutschen Vergangenheit als Weltkulturerbe vorzuschlagen. Kaiser Wilhelm II. hatte Großes vor, als er 1870 begann, die zwei Kilometer Strecke vom damaligen Kaiserplatz bis zum Botanischen Garten der Universität in ein modernes Vorzeigeviertel deutscher Baukunst umzuwandeln. Während rechtsrheinisch ein Großteil ähnlicher Modellstädte aus der Gründerzeit im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, blieben die Prachtvillen und öffentlichen Palastbauten dieser Zeit in Straßburg erhalten. 2017 erklärte die UNESCO dieses Park-Gebäude-Ensemble zum Weltkulturerbe.

12 Uhr: Nach ausgiebiger Erkundung der Neustadt mit ihren weitläufigen Parkanlagen, Denkmälern und Universitätseinrichtungen – die Bibliothek im Stil des Berliner Reichstags, die Uni in edlem Marmor als Geburtsstätte Europas und Ort der ersten Versammlung des Europarats 1949 – wird es Zeit, ans Mittagessen zu denken. Gleich an der Ecke befindet sich eine unter Studenten wie Einheimischen gleichermaßen beliebte Institution, so erfahren wir: das ganztägig geöffnete Café Brasserie Restaurant Brant.

13 Uhr: „Nach dem Essen sollst du ruhn, oder …“ – im Gespräch erfahren wir, dass Straßburg nicht nur ein Herz hat für Fußgänger. Die gesamte Altstadt ist zwar autofrei, nicht aber gesperrt für Radfahrer und Segways. „Mit 700 Kilometern Radwegen besitzt die Stadt nebst Umland das größte Radwegenetz Frankreichs und gilt hierin als Pionier“, weiß Fabienne Fessler von der ADT (Alsace Destination Tourisme). Doch auch eine Rundfahrt in einem der großen Ausflugsboote auf der Ill um die Insel – oder alternativ im anmietbaren Elektroboot, bei dem man selbst am Steuer sitzen kann – hat seine Reize.

19 - 22 Uhr: Wer sagt, dass Straßburg nur bei Tag entdeckenswert ist? Jedes Jahr zur Fasnet lädt die ortsansässige Tanzschule Salsa Loca im prachtvollen Pavillon Josephine im Park der Orangerie zum Carnaval. Im Sommer organisiert sie jährlich wechselnd „Salsa à la Cité“-Open Airs in der Innenstadt oder „Salsa Docks“ am Ufer der Ill. Anschließend geht’s zur städtischen Illumination.

Anreise:
Mit der Bahn zum Hauptbahnhof (Foto oben). Dieser liegt so nah am Stadtzentrum, dass man mit wenigen Schritten auf der „Insel“ ist.

Infos:

Office de Tourisme
17 place de la Cathédrale
F – 67082 Strasbourg
www.otstrasbourg.fr/de
unesco.strasbourg.eu

Fotos: © tln, Reinhold Wagner, iStock.com/g215, cmspic