Ein Engel auf Erden: Jahreswechsel an der Opéra national du Rhin Kultur | 02.01.2021 | Stella Schewe

Opera National

Von Feststimmung kann in den Theatern diesseits des Rheins derzeit keine Rede sein, sie sind alle geschlossen. Nicht so im Elsass: Dort plant die Opéra national du Rhin die Uraufführung eines Tanzstücks, angelehnt an Wim Wenders Kultfilm „Der Himmel über Berlin“.

„Les Ailes du désir“, zu Deutsch „Flügel des Begehrens“, heißt das Stück, das das Tanz-Ensemble in Straßburg, Colmar und Mulhouse auf die Bühne bringen will. Geschrieben hat es Bruno Bouché, seit 2016 künstlerischer Leiter des Balletts der Opéra national du Rhin. Er sieht im Tanz die perfekte Kunstform, um der berührenden Handlung des Films aus dem Jahr 1987 Ausdruck zu verleihen: Ein Engel, der aus Liebe zu einer Frau sein ewiges Dasein als rein geistiges Wesen aufgibt, die irdische Welt betritt und ein Teil von ihr wird – dieses „Rätsel der Inkarnation“ erkundet der Choreograf auf musikalische und tänzerische Weise, ohne das Original aus den Augen zu verlieren.

„Ich möchte, dass der Tanz eine Hommage an diesen wertvollen Film ist, dass er seiner poetischen Kraft Körper verleiht“, so der französische Choreograf. „Der Atem, das Schweben, der Schwung, der Fall, das Fleisch, die Berührung, der Sprung, die Erde …“ – all das lasse sich auf ideale Weise tänzerisch ausdrücken. Der Tanz sei „wie ein Licht im Herzen der Nacht der Stadt“, das den Empfindungen, der Lebenskraft und dem täglichen Erstaunen darüber, dass die Menschen leben, „Energie und besondere Schwingung“ verleihe. Dabei verbindet Bouché mit großer Empfindsamkeit Musik aus dem Repertoire mit eigens für dieses Ballett kreierten Werken der jungen Londoner Komponistin Jamie Man.

Les-Ailes-du-Désir-BOUCHE---Noemi-Coin-(c)-Klara-Beck-HD-(3)

Eine Tänzerin des Balletts der Opéra national du Rhin.

Die Aufführungen kommen einem Lichtblick in für kulturelle Einrichtungen düsteren Zeiten gleich. Auch andere Vorstellungen, wie etwa von Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“, will die Opéra national du Rhin wie geplant auf die Bühne bringen. Das sei „eine hervorragende Nachricht“, freut sich Generaldirektor Alain Perroux: „Unsere Entschlossenheit, die lyrischen und choreografischen Künste zum Leben zu erwecken, bleibt ungebrochen.“

Mit einem ausgefeilten und immer wieder neu angepassten Hygienekonzept arbeitet die Oper daran, die geplanten Shows präsentieren zu können. Dazu gehört, dass die Zuschauer sich an allen Veranstaltungsorten vor dem Betreten der Theater ihre Hände desinfizieren und während der Aufführung Masken tragen müssen, dass sie möglichst wenig herumlaufen und auf Abstand zu anderen Theaterbesuchern achten sollen. Dann, so der Generaldirektor, könne man ihnen zum Jahreswechsel „Momente der Emotionen und des Vergnügens“ bieten.

Info

Aufführungsorte:
Strasbourg Opéra, Mulhouse La Filature,
Colmar Théâtre municipal de Colmar
Termine: 13. Januar bis 7. Februar 2021
Preise: 6 bis 48 Euro
www.operanationaldurhin.eu

Fotos: © Klara Beck HD