„Es ist einfacher als je zuvor“: Comedian Salim Samatou über Cancel Culture und Korruption Kultur | 07.12.2022

Salim Samatou Will die Welt verbessern: der Comedian Salim Saratou

Gerade ist Salim Samatou im Vorderhaus Freiburg aufgetreten. Mit seinem Programm Cancel Culture tourt der „indisch-marokkanische Alleskönner“ durch Deutschland. Nach dem Auftritt sprach der Comedian mit Miriam Wißler über Cancel Culture, Unterlassungsklagen und seinen Master in Geschichte.

chilli: Salim, dein aktuelles Bühnenprogramm behandelt das Phänomen Cancel Culture, was hat es damit auf sich?

Samatou: Es geht darum, dass man die Folgen vermeintlicher politischer Korrektheit und unbedachter Cancel Culture aufzeigt. Es wird dabei eine Kultur herangezüchtet, in der man Leute einfach cancelt – früher hätte man gesagt diffamiert – weil man nicht mit ihnen übereinstimmt.

chilli: Ist das eher ein Online-Phänomen?

Samatou: Ja voll. Meistens präsentiert sich online eine Person so, als ob sie eine Mehrheit darstellt. Auf Außenstehende wirkt diese einzelne Meinung plötzlich repräsentativ.

chilli: Was glaubst du, wieso du einmal gecancelt wirst?

Samatou: (lacht). Canceln funktioniert nur bei wirklich prominenten Menschen, weil sich da die Berichterstattung finanziell lohnt. Je bekannter eine Person ist, desto höher ist der Clickbait und damit die Einnahmen. Es geht immer um die Amortisierung. Die Story an sich ist egal, Hauptsache man kann den Medienapparat damit füttern.

chilli: Bei dir gibt es also keinen Amortisierungseffekt?

Samatou: Nein, überhaupt nicht. Bevor nämlich die Unterlassungsklage kommt, muss es sich für den Berichterstatter bereits monetär gelohnt haben. Der schaut dann nach den Google Trends, wie relevant eine Person oder ein Promi ist und ob sich die Story lohnt.

chilli: Wie schwierig ist es heutzutage, polarisierende Themen auf der Bühne anzusprechen?

Samatou: Es ist einfacher als je zuvor. Wenn ich irgendwas Kontroverses hochlade, und die negativen Kommentare und Cancel-Aufrufe kommen, werden die Inhalte eher beflügelt. Das funktioniert bei allen anderen genauso. Das beste Beispiel ist das Lied “Layla“. Das ging richtig nach hinten los. Denn wenn man mitreden möchte, muss man wissen, um was es geht- und hört sich das Lied an.

chilli: Kippt das Ganze nicht ab einem gewissen Zeitpunkt? Das war doch bei Faisal Kawusi mit seinem Kommentar zu K.O.-Tropfen oder auch beim Vergewaltigungsvorwurf gegen Luke Mockridge der Fall?

Samatou: Überhaupt nicht. Bei Faisal läuft es besser als je zuvor. Er hatte ein Gespräch mit dieser Frau im TV und die Menschen haben gemerkt, dass die Sache gar nicht so schlimm war, wie sie von der Minderheit dargestellt wurde. Bei Luke ist es genauso. Seine Arenen sind ausverkauft.

chilli: Neben deinen Auftritten hast du auch einen Podcast, in dem du gerne geschichtliche Infos und Fun Facts teilst. Hast du nicht auch einen Master in Geschichte?

Samatou: Genau. Ich wollte mir die Nürnberger Prozesse anhören und um Zugang zum Dokumentationszentrum zu bekommen, musste man studieren. Also habe ich mich eingeschrieben und meine Master-Arbeit über die Nürnberger Prozesse geschrieben. Wenn man diesen Teil der deutschen Geschichte versteht, versteht man die Geopolitik von heute. Ich bin aber eigentlich studierter Wirtschaftsinformatiker.

chilli: Apropos Geopolitik. Wann lässt du dich als Politiker aufstellen?

Samatou: Wenn ich das könnte, wäre das überragend. Das wäre was für mich. Ich bin zwar erst 28 Jahre alt, aber das, was ich in meinen Leben bisher für Erfahrungen und Erinnerungen gesammelt habe, reicht locker für einen 80-Jährigen. Außerdem bin ich ein ziemlich angstfreier Mensch.

chilli: Ein ganz anderes Thema: Es sind knapp neun Grad draußen und du trägst Shorts und ein Tank-Top. Wie kommt das?

Samatou: Kälte hat einen extrem gesundheitsfördernden Effekt, deswegen setzte ich mich so oft es geht der Kälte aus. (Anmerkung Redaktion: Während des Interviews war Salim Samatou für wenige Minuten verschwunden für eine kalte Dusche) Ich bin während meines Informatik-Studiums darauf gestoßen. Ich habe damals an der Programmierung von Sensoren für Diabetiker mitgearbeitet und bin auf einen Zusammenhang zwischen Kälte und Diabetes gestoßen. Mittlerweile biete ich auf Patreon verschiedene Videos und ein E-Book zu diesen Themen an. Zusätzlich betreibe ich mehre Kältekammern in Deutschland.

chilli: Du sprichst Diskriminierung oder Korruption an, arbeitest ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe und gibst Gesundheitstipps. Wie wirst du die Welt verbessern?

Samatou: Mit all dem. Die Produktivität der Menschen nimmt zu, wenn sie gesund sind. Außerdem ist der einzige Weg dem demographischen Wandel in Deutschland entgegenzuwirken, dass die Menschen dem Arbeitsmarkt erhalten bleiben. Das Gesundheitswesen muss weg von einer symptomatischen hin zu einer präventiven Herangehensweise. Zum Thema Missstände und Korruption: Man muss begreifen, dass es auch bei uns Korruption gibt. In vielen anderen Ländern – wie zum Beispiel den arabischen – existiert Korruption bereits in den untersten Ebenen. Jeder bekommt sie mit. Bloß, weil Korruption in Deutschland in den oberen, für die breite Masse weniger sichtbaren Ebenen stattfindet, heißt das nicht, dass es die bei uns nicht gibt.

© Ramiro Simone