Per Game in die Geschichte – App „FreiBuddy“ zeigt jüdisches Leben in Freiburg Kultur | 29.03.2025 | Joscha Sieberth

„Was gibt Ihnen heute Hoffnung?“ Die Frage hat die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer im Januar in der Tagesschau so beantwortet: „Dass man mich anhört“. Den Ansatz verfolgt auch das Serious Game „FreiBuddy“ zu jüdischem Leben in Freiburg. Mit der App zum Spiel können Menschen ab 14 Jahren an realen Orten auf digitale Entdeckungsreise gehen. f79-Autor Joscha Sieberth hat sich das angeschaut.
„Das Wissen über jüdisches Leben ist wahnsinnig eng geführt“, sagt Ella Detscher. Sie ist Referentin für Geschichtsentwicklung am Freiburger NS-Dokumentationszentrum, das am 21. März eröffnet wird, und hat die App FreiBuddy mitentwickelt. Wenn das Wissen überhaupt da sei, sei es sehr fokussiert auf die NS-Zeit, vielleicht alternativ auch auf religiöse Aspekte, so Detscher. Das Ziel der App sei daher zu vermitteln, was eigentlich Jüdinnen und Juden sind. „Und zwar nicht in einer beschränkten und einseitigen Darstellung, sondern als vielfältige Alltagserfahrung.“
Die App setzt das Ziel um, indem man von verschiedenen Begleiter*innen mithilfe von Augmented Reality in die Geschichte ihrer Familien, ihres Glaubens und ihrer Identität eintauchen kann. Ein Smartphone und die Handykamera genügen. Obwohl nicht alle Charaktere im Game jüdisch sind, haben doch alle Anlässe, sich mit dem jüdischen Leben in Freiburg auseinanderzusetzen.
Da ist die Enkelin Nathalie, die nach Freiburg gekommen ist, um mehr über die Verfolgungsgeschichte ihrer Großmutter Berta zu erfahren. Die beiden Backpacker Sami und Yuval machen auf ihrer Europareise in Freiburg halt, der Partnerstadt ihrer Heimat Tel Aviv, um die Schwarzwaldregion zu erkunden. Eine vierköpfige Familie zieht aufgrund eines Stellenangebots für die Mutter Elena an der Universität nach Freiburg. Man begleitet sie dabei, wie sie historische Überlieferungen und Orte erkunden und das jüdische Leben in Freiburg erleben.
All diese Geschichten gilt es „anzuhören“. Im Gegensatz zur Geschichte Margot Friedländers sind sie jedoch fiktiv. Detscher erklärt: „Wir wollten fiktive Aspekte nutzen. Da wir nicht das Leben von echten, in Freiburg lebenden Menschen als Spiel verstehen möchten.“ Reale Geschichten und Charaktere spart das Spiel jedoch keineswegs aus. Sie begegnen einem im Verlauf der Routen immer wieder in Form von realen Nachfahr*innen, Vertreter*innen von jüdischen Organisationen und Vereinen in Freiburg oder in Form von erzählten Biografien.
Doch auch das Fiktive ist nicht völlig frei erfunden. Die Geschichte von Berta, der Großmutter von Nathalie, setzt sich zum Beispiel aus verschiedenen Erfahrungen realer Personen zusammen. Detscher: „Die realen Menschen haben uns vor allem durch Gespräche Informationen geliefert.“ Manche von ihnen seien so mutig, freundlich und motiviert gewesen, auch als reale Charaktere im Spiel vorzukommen.
Wichtig für die Entstehung des Spiels sei auch die enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen jüdischen Gemeinden in Freiburg, der Pädagogischen Hochschule und einigen Schulklassen gewesen. Auch sie haben zur inhaltlichen Erarbeitung beigetragen.
Die standortbasierte Augmented Reality führt die Nutzer*innen zum Platz der Alten Synagoge, zu historischen Schauplätzen in Freiburg und schließlich zum neuen Dokumentationszentrum Nationalsozialismus selbst. „Zugänglich ist die App für alle, die sich in der Freiburger Innenstadt bewegen können und ein entsprechendes Gerät haben“, sagt Detscher. Man habe versucht, möglichst alle Barrieren abzubauen, was aber in diesem Format nicht vollends möglich sei.
Um die Zugänglichkeit für größere Gruppen von Bildungseinrichtungen zu erleichtern, werde gerade eine Art Handbuch geschaffen, das sich mit den Inhalten, dem Aufbau und den Funktionen der App beschäftigt und so eine konkrete Praxisanleitung bietet.
Die App bietet die Möglichkeit für Privatpersonen und Gruppen, jüdisches Leben in Freiburg auch außerhalb eines Museums „anzuhören“. Im Gegensatz zu Infotafeln setzt sie eine aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten voraus. So schließt sich der Kreis zu Margot Friedländers Hoffnung, die sie ihrer Antwort im Gespräch mit der Tagesschau hinzufügt: „und dass man versteht, was ich sage.“
Die App „FreiBuddy“
„Freibuddy“ ist in allen bekannten Appstores kostenlos verfügbar. Das „Serious Game“ richtet sich an Gruppen, Jugendliche und Schulklassen ab 14 Jahren. Zur Freischaltung der App wird ein Zugangscode benötigt, den man über dzns@statd.freiburg.de beantragen kann. Jede der drei Routen ist in etwa 90 Minuten lang.
Mehr auf: freiburg.de/pb/2350657.html
Fotos: © FreiBuddy