Wilde Natur: das Naturschutzgebiet Taubergießen Freizeit | 04.06.2020 | Liliane Herzberg

Taubergiesen

Im Naturschutzgebiet Taubergießen lässt sich eine faszinierende und malerische Artenvielfalt entdecken: auf befestigten Wegen, mit dem Kanu auf dem Altrhein oder bei einer Führung von Mitarbeitern des Naturzentrums Rheinauen.

Wildkatzen schleichen versteckt durch Wald und Wiese, Eisvögel fangen ihre Beute geschickt in Gewässern, Pirole schmücken die Wälder mit ihrem farbenfrohen Gefieder, und die Gelbbauchunken bewohnen gut getarnt die Flussauen – im Naturschutzgebiet Taubergießen tummelt sich so manch seltene und vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenart.

Für die besondere Vielfalt gibt es einen Grund: Im Jahre 1979 wurde die Region zwischen Offenburg und Freiburg, bei Kappel-Grafenhausen, Rust, Rheinhausen und Schwanau, zum Naturschutzgebiet erklärt. Der geschützte Bereich erstreckt sich über rund 1682 Hektar und ist damit einer der bedeutsamsten und größten in Baden-Württemberg. Historisch bedingt gehören 997 Hektar – und damit der größere Teil – der französischen Gemeinde Rhinau. Der Name des Gebietes bezieht sich auf den Fluss Taubergießen, einen der zahlreichen grundwassergespeisten Wasserläufe – „Gießen“ – des Naturschutzgebietes, die aufgrund ihrer Nährstoffarmut kaum Fisch-
bestand aufweisen – weshalb die Fischer sie „taub“ nannten. 

Typisch für das Taubergießen sind Flussauen: Ufergebiete eines fließenden Gewässers mit einem Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser, was den Boden besonders fruchtbar macht. Durch die Auen sowie die Vernetzung von Wald, Wiese und Gewässer konnte im Taubergießen die charakteristische und große Artenvielfalt entstehen: „Wir haben Waldfläche, viel Wasser, Wiesenfläche, einige Magerwiesen, wo dann natürlich sehr viele seltene Pflanzen wachsen und blühen. Zum Beispiel jetzt im Frühjahr sind es 23 verschiedene Orchideensorten, die hier gedeihen“, erklärt Alexander Schindler, Leiter des Naturzentrums Rheinauen.

Taubergießen Vogel Pirol

Die einzigartige Rheinauen-Landschaft ist ein Lebens- und Schutzraum für seltene Tiere wie den Pirol. Mit viel Glück lässt sich der scheue Vogel in den feucht-frischen Laubwäldern beobachten.

Neben den rheinauentypischen sowie den seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten, gibt es laut Naturschutzgebietsverordnung weitere Gründe, warum das Gebiet schützenswert ist. Etwa die besondere Eigenart und Schönheit der Flusslandschaft. Oder dass sich hier ungestört naturnahe Lebensgemeinschaften entwickeln können, wie sie für mitteleuropäische Flussauen kennzeichnend sind.

Neugier wird belohnt

Auch für den Vogelzug ist das unberührte Gebiet von großer Bedeutung, denn die Tiere können hier rasten oder überwintern. Und nicht zuletzt dient es zu Forschungszwecken: „Der Bannwald ist eine Waldfläche, auf der wird keine Forstwirtschaft mehr betrieben. Seit 1979 wird sie von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg betreut, und hier werden Forschungsdaten erhoben“,  erklärt Schindler.

Neben der Schönheit, die sich beim Durchspazieren auf eigene Faust entdecken lässt, bietet das Naturzentrum Rheinauen für Menschen aller Altersstufen ab drei Jahren eine Vielzahl an Programmen, die einen tiefergehenden Einblick ermöglichen. Besuchende und Interessierte sollen durch verschiedene Angebote für das Thema Naturschutz sensibilisiert werden, erklärt Schindler: „Das heißt, wir gehen auf einen kleinen Streifzug durch das Gebiet. Bei den Kleinen beispielsweise immer mit Sympathieträgern. Mit Emil, dem kleinen Eichhörnchen zum Beispiel. Der erzählt auf der Wanderung, was für Freunde, was für Feinde und was für Probleme er hat. Alles kindgerecht aufgearbeitet. Ziel ist es natürlich, dass die Kinder in der Natur Spaß haben. Und dadurch, dass sie Spaß haben, sollen sie merken, dass es wichtig ist, die Natur zu schützen, denn schließlich ist sie unsere Lebensgrundlage.“

Das Naturschutzgebiet wartet an vielen Stellen mit Überraschungen auf, etwa dem Projekt „Wilde Weiden“ der Gemeinde Kappel-Grafenhausen: Hier kann so mancher Spaziergänger freilaufende Rinder und Pferde beobachten. Auf mehreren beschilderten Wanderwegen oder bei einer Tour auf alten Fischerkähnen jedenfalls gilt: Wissensdurst wird belohnt. Denn wer neugierig ist und genauer hinsieht, kann hier so manche Rarität mit eigenen Augen bestaunen.

Info
www.naturzentrum-rheinauen.eu

Fotos: © Gemeinde Rust,  iStock/Piotr Krzeslak