Abgefahren: Unterwegs auf dem Südschwarzwald-Radweg Erkunden & erleben | 13.04.2024 | Nicole Kemper

Wutach Der Radweg begleitet die malerische Wutach sanft hinab ins Tal und folgt dann dem Rhein stromabwärts; dabei geht’s auch durchs mittelalterliche Städtchen Laufenburg.

„Schön eben“ – mit diesem verlockenden Hashtag macht der Internet­auftritt des Südschwarzwald-Radwegs auf die Besonderheit der 240 Kilometer langen Rundtour aufmerksam: Die gesamte Strecke bietet ein fast steigungsfreies Fahrvergnügen. Auch das begleitende Wegzeichen, ein stilisierter Radfahrer mit nach vorne gestreckten Beinen auf schwungvoller Abfahrt, symbolisiert Spaß und Leichtigkeit.

Die Finger liegen zum Zugriff bereit auf den Bremshebeln, der Fahrtwind wirbelt durch die Haare, die Stundenkilometeranzeige des Tachos erreicht die 50. Das Ende der ersten Tagesetappe in Stühlingen nähert sich schneller als gedacht – hinter Bonndorf beginnt eine kilometerlange rasante Abfahrt, die von der Baar-Hochebene ins Tal der Wutach führt. Diese ist jedoch das einzige Extrem der gesamten Tour, die übrige Strecke wird dem „Schön-eben“-Slogan gerecht. Der Tourenradweg führt entlang der Flüsse Gutach und Wutach und schließlich links- und rechtsrheinisch stets stromabwärts. In einem großen Bogen geht es auf diese Weise rund um den Naturpark Südschwarzwald; von Hinterzarten über Titisee, Bonndorf, Stühlingen, Waldshut-­Tiengen, Bad Säckingen nach Basel und durch das Markgräflerland bis nach Freiburg. Die Lücke zwischen Freiburg und Hinterzarten kann, getreu der Devise des steigungsfreien Radelns, mit einer Fahrt in der Höllentalbahn überbrückt werden. 

Storchenturm

Zeit für den ein oder anderen Abstecher, wie hier zum Storchenturm im Schlosspark Beuggen, sollten Tourenradler einplanen.

Wer die Mehrtagestour nicht einfach nur abfahren will, sondern mit Sightseeing und Erkundungen verbinden will, sollte großzügige Extrazeiten einplanen: Zwar ist die Strecke auch ohne „E“ einfach und schnell zu bewältigen, doch zahlreiche Natur- und Kultursehenswürdigkeiten folgen dicht auf dicht und laden immer wieder zu Abstechern und Besichtigungen ein. 

Stille, Grün und Einsamkeit

Der offizielle Startpunkt der Tour ist der Bahnhof in Hinter­zarten, 885 Meter über dem Meer gelegen. Schon dort lauert nach wenigen Metern die erste von vielen Verführungen zum Absteigen und Entdecken: Das direkt an das Bahnhofsgelände anschließende Hochmoorgebiet ist der größte Moorkomplex im Schwarzwald und gilt als eines der besterhaltenen und schönsten seiner Art in Mitteleuropa. Ein Wanderlehrpfad mit Holzsteg führt mitten durch das Naturschutzgebiet. Wieder im Sattel geht es durch Wald und Wiesen nach Titisee, wo die Seepromenade zur Slalomfahrt durchs Touristengetümmel nötigt. Doch bald ist der kleine Kulturschock überwunden, auf den nächsten hundert Kilometern ­dominieren wechselnde Natureindrücke. Zwischen Hinterzarten und Waldshut zeigt sich der Schwarzwald in seiner ganzen Vielfalt und Schönheit: Der Radweg führt durch offene Weideflächen mit prächtigen Schwarzwaldhöfen, über lupinengesäumte Feldwege, durch dichte Wälder und an wildromantischen Schluchten vorbei. Zwischen Neustadt und Bonndorf geht er eine Liaison mit dem idyllischen „Bähnleradweg“ ein, der stillgelegten Trasse einer historischen Eisenbahnlinie. Für Wanderlustige bietet sich ein Abstieg in „Deutschlands Grand Canyon“ an: Parallel zum Radweg hat sich die Wutach tief in die Kalksteinfelsen eingeschliffen und einen einzigartigen Lebensraum für eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren geschaffen: Die Schlucht beherbergt mehr als tausend Farn- und Blütenpflanzen und etwa zehntausend Tierarten. Allein mehr als 500 Schmetterlingsarten flattern im Frühjahr und Sommer durch die Wildflusslandschaft. 

Wo die Wutach die Schlucht verlässt, ändert sie ihr urtümliches Erscheinungsbild: Sanft ins Tal auslaufend, begleitet sie den Radweg durch Felder und Dörfer bis nach Waldshut-Tiengen. Mit dem Eintauchen ins Verkehrsgetümmel der Stadt erleben die Radreisenden einen herben Wechsel der Kulisse: Die idyllischen Fahrstunden inmitten von Stille, Grün und Einsamkeit werden bis zum Erreichen der Rheinpromenade jäh unterbrochen. Der Radweg führt am Hochrhein entlang weiter ins mittelalterliche Städtchen Laufenburg. Die Nachbargemeinde Murg wartet mit unkonventionellen Übernachtungsmöglichkeiten für Radler auf: Direkt am Rhein hat das schlichte Holzhäuschen „Herberge zum Fischbähren“ Platz für zwei Personen, und der Naturzeltplatz des Kanuclubs bietet neben Aufstellmöglichkeiten fürs eigene Zelt auch urige Nächte im Pod oder Schäferwagen. Wer spontane Lust auf einen Bootsausflug hat, kann den Rhein per Leihkanu oder -kajak erkunden.

Rheinwärts mit Gegensätzen

Von Murg aus geht es weiter flussabwärts; mal auf deutscher, mal auf Schweizer Seite und mit vielen Gegensätzen: durch ursprüngliche Auenlandschaften und an direkt am Ufer aufragenden Atomkraftwerken vorbei, durch Bad Säckingen mit der längsten überdachten Holzbrücke Europas, durch den Schlosspark in Beuggen und an den römischen Ausgrabungsstätten in Kaiseraugst vorbei. Insgesamt bietet die Römer­stadt Augusta Raurica über die Orte Augst und Kaiseraugst verteilt über 20 Sehenswürdigkeiten, die kostenlos besichtigt werden können, sowie ein Museum mit einer Vielzahl römischer Fundstücke. 

Holzbrücke Bad Säckingen

Mal auf deutscher, mal auf Schweizer Seite führt der Radweg am Rhein entlang. Ein Übergang ist die Holzbrücke Bad Säckingen.

Die nächste Etappe führt in die Kunststadt Basel mit ihren rund 40 Museen – und mit unzähligen Einkehrmöglichkeiten an der Rheinuferpromenade und in der gut erhaltenen Altstadt. Hinter Basel passieren wir die Landesgrenze und fahren eine Zeit lang auf französischem Gebiet. Bei Huningue bietet sich wieder ein kleiner Abstecher an: Im Naturschutzgebiet „Petite Camargue“ wurde die ursprüngliche Auenlandschaft wiederhergestellt und Lebensräume für Kiebitze, Nachtigallen, Libellen, Fledermäuse, Laubfrösche, Sumpfschildkröten und viele weitere Tierarten geschaffen. Mehrere Entdeckungspfade mit Stegen und Beobach­tungsstationen führen durch die Sümpfe, Moore und Trockenweiden. 

Wieder zurück in Deutschland, geht es entlang des Rheins und ab Neuenburg durch das Markgräfler Land zurück an den Ausgangspunkt. Aber nicht in einem Rutsch! Nach so viel fleißigem Beineinsatz und vielfältigen Eindrücken bieten sich ein paar Stunden Entspannung und Muße an. Und wo ginge das besser als im Thermalbad „Vita Classica“, da der Südschwarzwald-Radweg doch schon so einladend mitten durch Bad Krozingen hindurch führt?

Info

Infos und Prospekte:
Schwarzwald Tourismus GmbH
Wiesentalstraße 5
79115 Freiburg

www.schwarzwald-tourismus.info
www.suedschwarzwald-radweg.de

Alternative Übernachtungen:
www.hochrhein-kanu.de
www.murg.de

Fotos: © Nicole Kemper