Rundwanderung im Tal der Schildwende Erkunden & erleben | 01.11.2023 | Wolfgang Speer

Das Öhlerhof und Nebengebäude

Ein originales Stück Schwarzwald gefällig? Dann auf ins Tal der Schildwende bei Titisee-Neustadt. Die erlebnisreiche Rundwanderung führt vorbei an urigen Höfen, historischen Kapellen und Mühlen. Dabei werden alte Zeiten und ihre Geschichten wieder lebendig.

Schon bei der Anfahrt durchs Jostal fallen Bauernhöfe durch ihr echt Schwarzwälder Flair ins Auge. An der Abzweigung zur Schildwende ist ein Bushaltepunkt und ein Parkplatz. Hier steht die Klausenkapelle, etwa 1300 erbaut und Nikolaus von Myra geweiht. 1957 wurde sie von den Besitzern des Griesbach- und Berggrunderhofs renoviert. Ein großes Kreuz daneben trägt die Jahreszahl 1720, es ist eine Grabstätte für gefallene Soldaten.

Über den Schildwenderbach geht’s leicht bergauf in eine großartige Wiesenlandschaft. Gleich rechts liegt der Griesbachhof von 1720, er stand ab 1894 leer, das Bewirten von Wiesen und Wald erfolgte damals durch Nachbar­höfe. Heute ist er zertifizierter Biobauernhof. Das ehemalige Hofgebäude, „Häusle“ genannt, ist ein Prachtstück der Schwarzwälder Baukunst und fällt durch seinen üppigen Blumenschmuck auf. Durch eine sorgsame Sanierung ist der Originalzustand des Holzhauses sichtbar geblieben. Heute beherbergt es urige Ferienwohnungen.

Ein paar Schritte weiter steht ein altes Wegekreuz und nicht weit entfernt der Pfaffenhof mit seiner Kapelle. Früher betrieb der Hof eine Schmiede im Leibgedinghaus. Hof und Kapelle wurden 1613 gebaut. Dahinter ist der Bauerngarten angelegt. Etwa 1800 verarmten die Besitzer und der Hof wurde aufgegeben. Um 1808 übernahm die Familie Böhringer den Hof, die Nachfolger betreiben heute die Milchwirtschaft. Das mit Blumen geschmückte Haus ist inzwischen renoviert worden, wobei die natürliche Massivholzbauweise mit der heimischen Atmosphäre erhalten blieb. Bio pur.

Die Öhlerhof Mühle

Die zum Öhlerhof (ganz oben) gehörige historische Mühle kann gelegentlich besichtigt werden.

Eine Eschenallee führt zum Pfrenglehof aus dem 17. Jahrhundert. In der schönen Wiesenlandschaft kommt das Gebäude mit dem typischen Schwarzwälder Walmdach besonders zur Geltung, ein erstklassiges Fotomotiv. Erbaut von der Familie Pfrengle, ging der Hof durch verschiedene Hände, bis ihn die Familie Löffler übernahm. Heute bewirtschaften die Nachkommen überwiegend den Wald. Die Wiesen nutzen benachbarte Milchviehhalter. Etwa 100 Meter oberhalb wohnt die ältere Generation im Leibgedinghaus.

Nach zehn Minuten Fußweg ist links unten der Josefenhof zu sehen, auch Joseppenhof genannt. Direkt am Weg zum Hof steht die Kapelle. Der Holzaufbau auf dem stabilen Steinsockel ist mit Schindeln gedeckt, ebenso das Dach mit dem Glockentürmchen. Ein Schild am Hauseingang zeigt: Kapelle und Hof sind 1716 erbaut. Das Haus ist mit Geranien geschmückt und von schönen Bäumen umgrenzt. Die Weiden werden nicht mehr bewirtschaftet, den Hof nutzt die Familie „nur“ zum Wohnen.

Der Knöpflehof, erbaut 1517 von der gleichnamigen Familie, ist der älteste Hof im Tal. Die Besitzer errichteten im Jahr 1718 als Dankeszeichen für die gut überstandene Geburt von Drillingen eine Kapelle mit Steinsockel und Holz­aufbau. Unten wurde gebetet, während das obere Stockwerk als Speicher für Korn und andere Vorräte diente. Die Lagerung von Lebensmitteln war notwendig, um die Bauern über eine lange Zeit zu versorgen. Kapelle und Speicher stehen ein Stück entfernt vom Hof, damit, sollte ein Brand den Hof beschädigen, der Speicher immer noch eine Reserve bieten konnte.

Sehr alte Bäume flankieren den Weg, ein Specht klopft. Die Straße steigt leicht an, nach 400 Metern wird der schöne Öhlerhof erreicht. Das große, reichlich mit Blumen geschmückte Schwarzwaldhaus ist das Wohngebäude. Dahinter die historische Mühle, alles stammt aus dem Jahr 1772. Die Mühle hat auch einen Wohnbereich. Das Mühlrad wird oberschlägig gespeist, das funktionsfähige Mahlwerk mit Steingang kann Korn mahlen oder Lein- und Rapsöl pressen. Zu besonderen Gelegenheiten, wie zum Beispiel an den jährlich stattfindenden Mühlentagen, kann die Mühle mitsamt dem Wohnteil auf einer Führung besichtigt werden. In der oberen Etage wird die Verarbeitung von Lein zu Tüchern und Seilen gezeigt. Eine sehenswerte Rarität ist ein originaler, voll funktionsfähiger Webstuhl. Auch der Wohnbereich versetzt den Besucher ins 18. Jahrhundert. So die Rauchküche mit der offenen Feuerstelle und dem Rauchabzug, der Lebensmittel räucherte und haltbar machte. Der Duft des Rauchs ist allgegenwärtig. Das Schlafzimmer mit den leinenen Decken und dem goldumrahmten Bild sind weitere Bestandteile einer spannenden Zeitreise in die Vergangenheit.

Ein Schlafgemach in der Öhlerhof-Mühle

Zeitreise ins 18. Jahrhundert: das Schlafzimmer der Öhlerhof-Mühle.

Auf dem Weg zum Benediktenhof und seiner Kapelle auf etwa 1000 Höhenmetern geht es bergauf. Die Stallungen sind modern und die Weiden weitläufig, für besonders glückliche Kühe. Auch Esel sind hier zu Hause und erfreuen den Besucher. Hinter dem Großen Hof leuchtet die weiße Kapelle, 1756 erstellt und 1930 an neuer Stelle aufgebaut. Die Renovierung ist vorbereitet, so ist das Kleinod mit seinen Wandmalereien nicht zu besichtigen. Der Hof lebt von Milchviehhaltung und Holzverarbeitung.

Ab hier führt der Weg nach oben zur Abzweigung und ins Siedelbachtal, mit faszinierenden Aussichten. Leicht bergab finden sich im Siedelbach weitere Höfe, wie der Schlegelsfranzenhof mit Gasthaus, Bartleshof mit Mühle und Säge – die in der SWR-Serie „Die Fallers“ eine Rolle spielt – sowie Duppertshof, Benitzenhof und Simonsjörgenhof. Später geht’s durch Wald und Wiesen zurück zum Parkplatz.

Auf dieser Tour ist der Schwarzwald hautnah zu erleben. Die herbstliche Landschaft, die Höfe mit ihren Geschichten, die saftigen Wiesen und die Ruhe haben gezeigt, wie märchenhaft Wanderungen in der Heimat sein können.

Info
Länge: 9 km
Dauer: ca. 2,5 Stunden
Auf- und Abstieg: 210 Höhenmeter
Der ganze Weg ist schmal und geteert, somit für Kinderwagen geeignet.

Einkehr-Tipp
Gasthaus Strauß
Siedelbach 2
79874 Breitnau
Tel: 07652/382
www.gasthaus-strauss.de
Geöffnet von April bis 26. November: Mittwoch, Donnerstag, Freitag ab 17 Uhr, Samstag, Sonntag und feiertags 10–22 Uhr

Fotos: © Wolfgang Speer