Im Land des Löwen – Ausflug in die Südvogesen: Lac du Malsaucy Erkunden & erleben | 19.08.2023 | Nicole Kemper

See mit kleinem grünen Ruderbot und Schilf

Belfort, die geschichtsträchtige Kleinstadt am Rande der Vogesen, ist mit seiner Zitadelle und dem berühmten Löwen von Bartholdi ein attraktives Ausflugsziel im französischen Grenzgebiet. Doch auch die nähere Umgebung hat hohen Freizeitwert, vor allem die Halbinsel Malsaucy ist ein Paradies für Wassersportler, Wanderer, Radfahrer und Naturbegeisterte.

Vor uns liegt eine Lichtung im Sonnenschein, eine hellgrüne Fläche mit dunklem Saum. Ein graziler Körper taucht mit hochgerecktem Kopf und gespitzten Ohren aus dem Unterholz hervor. Im nächsten Moment nimmt das Reh die menschliche Gegenwart wahr und verharrt kurz in schützender Bewegungslosigkeit. Dann tritt es den Rückzug an und verschwindet wieder im Dunkel des Dickichts, während wir unseren Streifzug durch Wald und Feld mit einem kleinen Lächeln im Gesicht fortsetzen.

See

Nur wenige Kilometer Bahn-, Fahrrad- oder Autostrecke trennen die quirlige Innenstadt Belforts von dem Seengebiet von Malsaucy. Im Sommer ist der Hauptsee ein gefragtes Ausflugsziel für Familien und Wassersportler, die einen Tag am Sandstrand verbringen oder mit Kanu, SUP, Tretboot oder Katamaran übers Wasser gleiten wollen. Doch auch in den anderen Jahreszeiten hat die Halbinsel viel zu bieten. Die Landschaft zeigt sich als Flickenteppich aus kleineren und größeren Teichen, Waldstücken, Viehweiden und Feuchtgebieten.

Am weiträumigen Parkplatz des Musikfestivals Eurockéennes starten mehrere Wanderwege. Ein rollstuhl- und kinderwagengerechter Wanderpfad umrundet den Etang de la Véronne, ein längerer, ebenfalls flacher Seenrundweg mit knapp zehn Kilometern Länge führt die Ausflügler vom selben Ausgangsort nicht nur um die beiden Hauptseen, sondern im weiten Bogen an mehreren weiteren kleinen Teichen vorbei.

Wogendes Schilfrohr vor Vogesenbergen

Die Kulissen und Untergründe wechseln stetig und bieten eine reiche Palette an Sinneseindrücken: Zu Beginn faszinieren großartige Panoramablicke über die beiden großen Seen hinweg auf die Vogesenberge im Hintergrund, unterbrochen von sachte im Wind wogenden Schilfrohren. Kieswege werden abgelöst von Holzbohlen­stegen, die die Spaziergänger sicher über sumpfige Zonen hinweg führen. Bebilderte Infotafeln am Wegesrand inspirieren dazu, die ökologische Vielfalt in der Umgebung nicht nur mit den Augen wahrzunehmen, sondern auch mal die Finger über die Stämme der Erlen, Holunderbüsche, Eichen, Pappeln und Birken gleiten zu lassen, an ihren Blüten zu riechen oder eine Waldfrucht auf der Zunge
zu schmecken.

Im überdachten Vogelobservatorium veranschaulicht eine Tafel mit den unterschiedlichen Schattenrissen von Milan, Reiher, Bussard und Kormoranen, welche gefiederten Seebewohner mit etwas Glück über und auf dem Wasser beobachtet werden können. Im Gebiet des Malsaucy werden zurzeit acht geschützte Pflanzen- und 49 geschützte Tierarten gezählt. Wer sich mit der Tier- und Pflanzenwelt beschäftigen, auf Fotosafari gehen oder zwischendurch in der Stille eines paradiesischen Naturfleckchens verweilen will, tut also schon bei der kurzen Rundtour gut daran, mehr Zeit als die veranschlagten 90 Minuten einzuplanen.

An drei Tagen im Jahr ist an Ruhe und Einsamkeit auf der Halbinsel garantiert nicht zu denken: Jährlich Anfang Juli ist die Halbinsel Malsaucy der Veranstaltungsort der „Eurockéennes de Belfort“, eines der größten Rockmusikfestivals in Frankreich, das mittlerweile über hunderttausend Besucher anzieht.

Ökologische Themen unserer Zeit

Unweit der Bühnen lädt auf dem Landstück zwischen den zwei Teichen das Naturkundezentrum (Maison de l’environnement) dazu ein, sich bei freiem Eintritt auf spielerische und experimentierfreudige Weise mit der Flora und Fauna rund um den See zu beschäftigen und darüber hinaus auch die ökologischen Themen unserer Zeit in den Blick zu nehmen. In der permanenten Ausstellung können Kinder und Erwachsene unter anderem ihren Tastsinn erproben und die Strukturen von verschiedenen Rinden, Waldfrüchten und Pfotenabdrücken blind erfühlen. Im mehrteiligen Terrarium wuseln Zwergmäuse umher und erlauben den Besuchern, ihnen beim Fressen, Spielen und Klettern zuzusehen, während das große Aquarium die Möglichkeit bietet, Auge in Auge mit den einheimischen Fischen zu verweilen. Während der Sommerzeit ist das Haus der Umwelt auch ein gut besuchter Veranstaltungsort für Vorträge, Workshops und Naturerkundungen. Im vergangenen Jahr entstanden hier beispielsweise bei der „Cabane Party“ mit über tausend Teilnehmern innerhalb einer Woche 220 selbst gebaute Hütten aus Naturmaterialien.

Fische

Im Naturkundezentrum können Besucher den Seebewohnern Aug in Auge begegnen – und die gesamte Tier- und Pflanzenwelt der Region entdecken.

Info

Wandervorschläge:

Rundweg um den Etang de la Véronne (Tour de la Véronne), 3,7 Kilometer

Großer Seenrundweg
(Le sentier des étangs), 9,5 Kilometer

Maison de l’environnement
www.territoiredebelfort.fr/mde

Karte der Seen

Einkehrtipp

L’auberge du Lac

Als besondere Spezialität bietet das Restaurant neben Fleischgerichten, Hamburgern und Pizza frittierte Karpfen und Muschelgerichte an. Angerichtet wird direkt am oder quasi im See: Bei schönem Wetter locken Tische auf überdachten Stegen, aber auch an kühleren oder windigen Tagen kann im „schwebenden“ Wintergarten direkt über dem Wasser gespeist werden.

L’auberge du Lac
27 rue du Lac
Evette-Salbert 90350
www.aubergedulac90.fr

L’auberge du Lac

Fotos: © Nicole Kemper