Tabak & Co.: Herbolzheim im Porträt Erkunden & erleben | 08.10.2023 | Dorothea Wenninger

Fahrrad-Skulptur aus Steinmaterial in einem Park umgeben von bunten Blumenbeeten

Die kleine Stadt am Rand der Rheinebene verfügt erst seit 1810 über das Stadtrecht und ist damit die jüngste – und nördlichste – Stadt im Breisgau. Auf einem Stadtrundgang trifft man überall auf eindrucksvolle Zeugnisse aus der Hoch-Zeit der Tabakverarbeitung.

Der Blick auf den Stadtplan lässt eine deutliche Zweiteilung erkennen: östlich der Bahnlinie der ausgedehnte Siedlungsbereich, westlich davon vier große Gewerbegebiete. Den Anfang der Industrialisierung in Herbolzheim markiert im Jahr 1834 die Gründung der Leinenweberei Kuenzer. Davor hatte es 40 kleine Handwebereien gegeben. Das ehemalige Wohnhaus der Familie Kuenzer, gleichzeitig Verwaltungsgebäude der Firma, dient heute der Kultur: Es ist das Torhaus an der Hauptstraße, in dem neben dem Tourismusbüro und der Stadtbücherei auch ein Trauzimmer und Veranstaltungen Platz finden. Im kleinen Shop namens Heimatkult kann man lokale Produkte von Herbolzheimer Kleinunternehmen erstehen wie Bioseifen oder kreative Näharbeiten.

Geschichte wird greifbar

Das Rathaus von Herbolzheim

Das Rathaus, ein farbenfroher Blickfang: Barock und Neorenaissance mit gelben Backsteinen, rotem Sandstein und Volutengiebel

Der zweite wichtige Industriezweig im 19. Jahrhundert war die Verarbeitung von Tabak. Rund 5000 Beschäftigte arbeiteten bei den drei größten Tabakfirmen, sodass theoretisch in jeder Herbolzheimer Familie mindestens ein Familienmitglied in der Branche tätig war. Dieser Bedeutung für die Stadt trug Herbolzheim mit der Erstellung des Tabakwegs vor drei Jahren Rechnung. Über das Stadtgebiet verteilt kann man an 24 Stationen nachlesen, wie sehr das „Tabakzeitalter“ das Stadtbild bis heute prägt. Der Weg nimmt direkt am Bahnhof seinen Anfang.

An der nächsten Straßenkreuzung steht ein Denkmal aus dem Jahr 2003, das die Stadt Herbolzheim zusammen mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma im Gedenken an die durch die Nationalsozialisten verfolgten Herbolzheimer Sinti und Sintezas errichtet haben. 16 Frauen und Männer wurden 1943 und 1944 nach Auschwitz deportiert, nur zwei haben überlebt.

Der nahe gelegene Stadtpark wird seit April diesen Jahres durch Skulpturen bereichert, die im Rahmen des Projekts „Starke Kinder durch starke Eltern“ entstanden sind. Eltern von Kita-Kindern haben sie unter kunstpädagogischer Begleitung erschaffen. Sie thematisieren die Probleme der Eltern und regen mit offenen Fragen auch die Betrachterin zum Nachdenken an.

Außen alt – innen modern

Die Informationstafeln des Tabakwegs ziehen sich mitten durch den Ort und enden nahe der barocken katholischen Alexius-Pfarrkirche aus dem 18. Jahrhundert. Auf der anderen Seite der Hauptstraße prägen die Fabriken, Lager und Villen der Tabakfirmen Neusch und Heppe noch heute eindrucksvoll das Ortsbild. Die Gebäude sind teils sehr gelungen modernisiert und werden von Praxen, Firmen und als Wohnraum genutzt.

Den nördlichen Abschluss der Stadtmitte bildet das älteste Gebäude der Stadt, die Margarethen-Kapelle, die seit 1993 als Ausstellungsraum zur Stadtgeschichte genutzt wird. Direkt daneben zieht das markante Rathaus die Blicke auf sich, mit seiner Neorenaissancefassade aus gelbem Back- und rotem Sandstein. Auf dem etwas zurückgesetzten Marktplatz geht es an jedem Freitag trubelig zu, wenn der Wochenmarkt seine Stände aufbaut. Und in der warmen Jahreszeit steht der Platz voll mit Tischen der Gastronomie, wo man herrlich ungestört sitzen und die Eindrücke einer Tabak- oder Stadttour durch Herbolzheim nachwirken lassen kann.

Der Wochenmarkt von Herbolzheim

Skulpturen im Stadtpark (ganz oben) bereichern das Stadtbild, das immer freitags durch den Wochenmarkt auf dem Marktplatz  belebt wird.

 

Info

Einwohnerzahl: 11.350
Ortsteile: Bleichheim, Broggingen, Tutschfelden, Wagenstadt

Tourismusbüro im Torhaus: Hauptstr. 60
Tel.: 07643/917 74 40
geöffnet Mo., Di., Do., Fr. 10–12 und 16–18 Uhr

Veranstaltungstipp

„Herbolzheimat im Herbst“
Sonntag, 22. Oktober

Familientag von 11 bis 18 Uhr rund ums Torhaus und auf der abgesperrten Hauptstraße, Themenschwerpunkte: Kinder & Familie, Gesundheits- und Wohlfühlthemen.

Besucher können beim Tag der offenen Verwaltung hinter die Kulissen der Stadt schauen und Trauorte, die neue Touristik-Info, Bücherei, Wasserreservoir, Klärwerk usw. besichtigen. Die Abteilung Forst präsentiert das Waldwerk, ein erlebnispädagogisches Angebot für Groß und Klein.

Mit Live-Musik, Food-Trucks, Hüpfburg und Karussell für die Jüngsten.

Und verkaufsoffenem Sonntag von 13 bis 18 Uhr.

Fotos: ©  dw, Stadt Herbolzheim