Film-Tipp: Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush 4Film | 28.04.2022 | Erika Weisser

Hauptcharakter Rabiye Kurnaz im fahrrenden Auto

Vor 20 Jahren geriet Murat Kurnaz als „Bremer Taliban“ in die Schlagzeilen. Der damals 19-jährige Sohn einer türkischen Einwanderer- und Arbeiterfamilie war im Herbst 2001 nach Karatschi gereist, um bei einer sunnitisch-orthodoxen Organisation den Koran zu studieren. Er wurde von der pakistanischen Polizei verhaftet und gegen ein Kopfgeld an die US-Streitkräfte in Afghanistan ausgeliefert. Unter dem Vorwurf, an den Anschlägen des 11. September 2001 beteiligt gewesen zu sein, wurde er als „feindlicher Kämpfer“ in das Gefangenenlager im US-Marinestützpunkt Guantánamo auf Kuba verlegt. Dort blieb er als Kriegsgefangener bis 2006.

Andreas Dresens Spielfilm erzählt nun den langen Kampf seiner Mutter Rabiye um Murats Freilassung. Premiere feierte er bei der diesjährigen Berlinale – und wurde dort außer mit dem Gilde-Filmpreis der Jury auch mit zwei Silbernen Löwen ausgezeichnet: Laila Stieler für das beste Drehbuch und Maltem Kaptan als beste Hauptdarstellerin.

Filmausschnitt: Rabiye Kurnaz

Dieses Prädikat hat die 41-jährige Comedian mehr als verdient: Sie spielt die Rolle der Mutter, die wie eine Löwin um die Freiheit ihres Sohnes kämpft, höchst überzeugend – mit erfrischender Energie, mit gelegentlicher Verzagtheit, mit viel praktischem Humor und überraschender Leichtigkeit. Sie gibt dem düsteren Drama um einen ohne jede rechtliche Grundlage festgehaltenen und zudem gefolterten Häftling eine helle, sehr optimistische, zuweilen sogar heitere Note: Die einfache und ziemlich impulsive Frau lässt sich in ihrem unerschütterlichen Glauben an die Unschuld ihres Kindes – und damit an das Gute im Menschen – von nichts und niemandem aufhalten.

Auch nicht vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush, gegen den sie beim Supreme Court eine Klage einreicht, gemeinsam mit dem von Alexander Scheer bestens verkörperten Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke. Die extrovertierte Hausfrau und der zurückhaltende Anwalt wachsen zu einem wunderbaren Team zusammen; sie reisen nach Washington, um gemeinsam mit Angehörigen anderer Guantánamo-Häftlinge gegen das Unrecht vorzugehen, für das sich niemand zuständig fühlt. Dabei geht es nicht einmal so sehr um Schuld oder Unschuld, sondern darum, dass das Menschenrecht auf gerechte Justizverfahren allen zusteht. Und das ist die eindeutige Botschaft des Films – auch wenn er sie in einer sehr gelungenen Mischung aus Drama und Komödie verpackt.

Filmcover: Rabiye Kurnaz gegen George W. BushRabiye Kurnaz gegen George W. Bush 
Deutschland 2022
Regie: Andreas Dresen
Mit: M.Kaptan, A.Scheer, N.Kürük, C. Hübner, Abdullah Ömre Öztürk u.a.
Verleih: Pandora
Laufzeit: 119 Minuten
Start: 28. April 2022

 

 

Fotos: © pandora Film