Freizeit ohne Internet – geht das? Sara macht den Selbstversuch Kultur & Medien | 01.03.2018 | Sara Mayer  

Instagram, Netflix, WhatsApp – in unserer Freizeit nutzen wir sie fast ständig. Aber wie sieht ein Leben ohne „always online“ aus? Lebt man ohne Internet glücklicher? f79-Autorin Sara Mayer hat’s ausprobiert und ist an ihre Grenzen gestoßen.

Eine Woche ohne Handy. Ohne Laptop. Ohne Fernseher. Das schaff’ ich locker, sage ich mir. Als Erstes packe ich das Handy weg. Dann den Laptop. Meinen Freunden erzähl’ ich: „Bin für ’ne Woche nicht erreichbar, ruft mich an!“ Übers Festnetz natürlich. An Ideen mangelt es nicht: Backen, Fotografieren, Gitarre spielen, Lesen, Leute treffen, Sport, Zeichnen.

Der erste Tag läuft super – morgens in der Bahn schaue ich entspannt auf den Schwarzwald, die Sonnenstrahlen sehen unglaublich aus. Ich genieße die Stille, wenn ich laufe. In den Pausen kann ich endlich ein lang angefangenes Buch weiterlesen. Mir fällt auf: Ich habe plötzlich Zeit für Vorhaben, die ich sonst immer aufschiebe.

Auch der zweite Tag startet gut. Doch am Nachmittag liege ich gelangweilt auf meinem Bett. Ich habe zwar Ideen, was ich machen könnte, aber mir fehlt es an Motivation. „Ziemlich erbärmlich“, denke ich mir – und greife zum Laptop. Mein Smartphone liegt immer noch unberührt im Schrank, der Computer aber auf dem Schoß. Plötzlich sind fünf Tabs geöffnet: Netflix, YouTube – alles gleichzeitig. Ein Rückfall. Ich bin gescheitert.

Warum hat es nicht geklappt? Bei mir haben die Nachteile des Offlinelebens voll eingeschlagen: Statt über WhatsApp mit meinen Leuten zu reden, bin ich allein. Meine Familie ist mit ihren eigenen Geräten beschäftigt. Weil oft Schulstunden verschoben werden, bekomme ich die Änderung erst spät mit.

Wenn ich meine Gedanken schweifen lasse, stelle ich mir Fragen, die ich nicht einmal googeln kann. Warum klebt Kleber nicht in der Tube fest? Wenn Zeit Geld ist, warum kann ich dann keine Zeit verkaufen? Als ich Gitarre spiele, habe ich begrenzte Auswahl, denn die größte Menge an Songs befindet sich auf meinem Handy. Meine Termine habe ich komplett vergessen – ohne meinen synchronisierten Google Kalender bin ich aufgeschmissen. Ziemlich abgemeldet fühlt man sich da.

Das Hauptproblem: Für erfüllende, aktive Beschäftigungen muss man Arbeit investieren. Dafür bekommt man auch mehr Zufriedenheit raus. Beim Internet braucht es nur drei Mausklicks zur Unterhaltung, aber nach drei Stunden Netflix hat man wenig gewonnen. Darauf war ich zuerst nicht vorbereitet. Also starte ich nun den zweiten Anlauf.

Jetzt gelten neue, lockerere Regeln. Der Versuch dauert ein Wochenende, von Freitag bis Sonntag. Am Handy deaktiviere ich alle Apps – außer WhatsApp. Den Laptop sperre ich ganz weg. Schulstress ist erledigt. Ein Treffen mit Freunden plane ich schon vorher. Außerdem habe ich mir Rezepte und Bastelideen ausgedruckt und ein paar Bücher rausgesucht.

Und siehe da: Es läuft besser. Wenn mich Langweile überkommt, schalte ich den Plattenspieler an. Statt nur in der Wohnung zu sein, bin ich jetzt freiwillig draußen. Ich radel zum Kunstladen, fotografiere die Natur. Trotzdem schreibe ich mit Freunden und fühle mich nicht von allen abgeschnitten.

Sonntagabend bin ich mir sicher: Wir brauchen eine ausgeglichene Mischung aus Online und Offline. Statt digitale Geräte zu verteufeln, sollte man versuchen, die Stärken beider zu kombinieren. Es reicht ja oft, sie einfach nur abzuschalten. Laptop und Smartphone sollten wir wieder als Hilfsmittel nutzen – nicht als ständige Begleiter. Und wenn man ein aktives Hobby durchzieht, läuft das auch mit dem Ausgleich. Das kann man dann auch stolz auf Instagram verkünden.

Offline glücklicher

Am glücklichsten sind Teenager, die nur eine Stunde online sind am Tag. Das zeigt eine Studie der San Diego University. Wer länger am Bildschirm hängt, ist demnach weniger zufrieden. Ob noch andere Stressfaktoren mit reinspielen, lässt die Untersuchung jedoch offen.

Am wichtigsten ist das Smartphone für junge Menschen nicht, zeigt eine Zukunfts-Studie. Deutsche von 14 bis 22 Jahren geben dort Reisen und Abenteuer als ihr größtes Ziel an. 46 Prozent der Befragten antworteten so. Die neueste Technik zu haben, ist nur für 18 Prozent der Befragten oberste Priorität. 40 Prozent der Befragten sagen, sie wollen weniger Plastik nutzen.

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