Von der Straße ins Gesetzbuch: Fridays for Future stellen Forderungen ans Rathaus Kultur & Medien | 08.07.2019 | André Daub

Fridays for Future

Fridays for Future macht ernst. Mit den Scientists for Future hat die Bewegung für Freiburg Maßnahmen zum Klimaschutz aufgestellt. Oberbürgermeister Martin Horn will die Vorschläge prüfen. Weitere Demonstrationen sind bereits geplant. Mit einer Soliparty sollen sie finanziert werden. 

Über den Innenhof bricht die Nacht herein. Auf den Sofas räkeln sich die ersten Gäste, während aus der Halle der Bass drückt. Anna und Tariel von Fridays for Future sind vollauf beschäftigt. Während Tariel sich im Artik dem Soundcheck am DJ-Pult widmet, steht Anna hinter dem Infostand und beantwortet Fragen. 

Es ist die erste Soliparty von Friedas for Future (F4F). „Das Artik haben wir als Location ausgesucht, da es ein alternativer Ort und nicht so aufgemotzt ist“, erzählt Tariel.
Auf zwei Floors gibt es Techno, Indie und Mainstream-Pop. Sechs DJanes geben den Ton an. Den Erlös verwendet die Initiative für Infomaterial und Demos. 

Anna und Tariel sind guter Dinge. Nicht nur wegen der Party, sondern auch wegen ihres neuen Plans. Nach drei Streiks und Demonstrationen, mit denen Fridays for Future Druck auf Unternehmen, Gemeinderäte und Bürgermeister Martin Horn aufgebaut hat, stellt die Initiative nun Forderungen an die Freiburger Politik. Bei der  Pressekonferenz im Innenhof des Rathauses überreichen sie ihre Forderungen an Oberbürgermeister Martin Horn. 

Das neunseitige Papier hat es in sich. Das Ziel: Die Erderwärmung unter 1,5 Grad gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung zu halten. So haben es die 196 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bei der UN-Klima-Konferenz in Paris 2015 beschlossen. „Wir bewegen uns immer schneller auf die größte menschengemachte Katastrophe aller Zeiten zu“, betont Felix vom F4F-Orga-Team. Bereits jetzt hat sich die Erde seit Beginn der Industrialisierung um ein Grad erwärmt. 

Friday for Future

Machen Druck: Bei einer Pressekonferenz stellen die Schüler ihre Forderungen.

Schon im April hat Fridays for Future in Berlin bundesweite Ziele aufgestellt. Gerade Freiburg habe als Green City eine Vorbildfunktion. Das Papier stellt vier Hauptforderungen, die bis 2030 umgesetzt sein sollen. 

Erstens: Der Strom soll ganz aus erneuerbaren Energien kommen. Die Stadt soll prüfen, wo Windräder gebaut werden können und gesetzlich vorschreiben, dass bei Neubauten Solaranlagen auf Dächern angebracht werden. Ein Ausstieg aus der Kohle wird bis 2030 gefordert. 

Zweitens müsse der motorisierte Verkehr in Freiburg abnehmen. „Deshalb fordern wir eine Gebühr zur Nutzung von Straßen durch Autos und Laster (City-Maut).“ Mit den Einnahmen könnten dann die Preise für den öffentlichen Nahverkehr halbiert werden. Gewünscht ist auch ein Ausbau von Tram- und Buslinien. Zusätzlich werden elektrisch angetriebene Busse und ein ticketfreier Nahverkehr gefordert. 

Durch ein Verbot von chemischen Insektenschutzmitteln und einen geringen Düngereinsatz kann der Umwelt- und Artenschutz verbessert werden. Bis 2025 soll die Landwirtschaft komplett ökologisch sein. Viertens dürfen nur so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie sie die Natur wieder abbauen kann (Nettonull). 

„Wir haben nicht das Gefühl, dass uns Martin Horn vertrösten möchte“, erklärt Walli vom F4F-Team. Ob Gemeinderat und Bürgermeister wirklich hinter den Zielen stehen, werde sich nach der Kommunalwahl zeigen. „Uns ist vor allem wichtig, dass die Ziele umgesetzt werden.“ 

Die Forderungen sind das Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit und Diskussionen im Arbeitskreis. „Zusammen mit den Scientists for Future (Einer Gruppe von Wissenschaftlern, die sich für eine nachhaltige Energiepolitik einsetzt) haben wir unseren Plan erarbeitet“, erklärt Felix. Beschlossen wurden die Forderungen im offenen Plenum.

Die Bewegung will sich treu bleiben und weiter mit Protesten auf der Straße Druck auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ausüben. Am 21. Juni findet eine europaweite Fridays for Future Demo in Aachen statt. „Wir haben hierfür Shuttlebusse von Freiburg nach Aachen organisiert“, erklärt Aktivistin Anna vom Arbeitskreis Presse auf der Soliparty im Artik. Zur Demo werden Menschen aus ganz Europa erwartet. „Wir stehen in Kontakt mit Netzwerken aus Belgien, der Schweiz, Schweden und Polen“, sagt die Schülerin. Gerade organisiert die Freiburger Gruppe Schlafplätze und die passende Musik für die Demonstration. 

 

Martin Horn zu den Forderungen

„Erst vor kurzem hat der Gemeinderat das Ziel beschlossen, dass die Stadt bis 2030 insgesamt 60 Prozent weniger CO2 ausstößt. Wir haben das Budget für Klimaschutz-Maßnahmen, das aus der Konzessionsabgabe finanziert wird, auf sechs Millionen Euro verdoppelt. Das zusätzliche Geld steht ab 2020 zur Verfügung.

Allein für den Beitrag des Umweltschutzamtes am gesamtstädtischen Klimaschutzkonzept sind in diesem und im nächsten Jahr 2,2 Millionen Euro veranschlagt, dazu kommen weitere Stellen für den Klimaschutz. Das zeigt: Im Vergleich zu vielen anderen Städten sind wir im Bereich Klimaschutz echte Vorreiter. Das darf aber keine Ausrede sein, nicht noch mehr zu tun.

Ich habe selbst Fridays-for-Future-Demos besucht und dort mit engagierten Schülerinnen und Schülern gesprochen. Als Oberbürgermeister bin ich sogar ein wenig stolz, dass Freiburg bundesweit die größten Demonstrationen auf die Beine stellt.“

 

Tickets für den Shuttlebus gibt es auf:
www.facebook.com/pg/fridayforfuturefreiburg

Foto: Till Neumann, André Daub