Kleiner Trost, großer Frust: Tourismusbranche mit erneut ernüchternder Bilanz 2021 Tourismus | 17.03.2022 | Pascal Lienhard

Stadt Freiburg: Münsterplatz

Die Lage ist besser – gut ist sie noch lange nicht. Dieses Resümee ziehen die Freiburger Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG (FWTM) und die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) für das Jahr 2021. Zwar haben sich die Tourismuszahlen im Vergleich zu 2020 verbessert. Vom Vorkrisenniveau sind sie jedoch weit entfernt.

Es klingt ermutigend: Laut STG haben sich die Übernachtungszahlen in der Ferienregion Schwarzwald im vergangenen Jahr besser entwickelt als im Durchschnitt aller anderen deutschen Reiseziele. Gegenüber dem ersten Krisenjahr stiegen die Übernachtungszahlen um 4,9 Prozent, das sind 2,2 Prozent mehr als im bundesweiten Durchschnitt.

Fehlender Besuch aus dem Ausland

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Im Vergleich zu 2019 beträgt das Übernachtungsminus im Schwarzwald satte 33,9 Prozent, bundesweit sind es 37,4 Prozent, landesweit durchschnittlich 37,7 Prozent. Dementsprechend verweist STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair darauf, dass „die Übernachtungszahlen der Statistik nicht zwingend ein Indiz für die Erholung der wirtschaftlichen Situation der Betriebe sind“. Die Übernachtungszahlen der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Was für den Schwarzwald gilt, trifft größtenteils auch auf Freiburg zu. Das verdeutlicht Franziska Pankow, FWTM-Abteilungsleiterin Tourismus, Convention Bureau & Events: „Trotz des leichten Anstiegs der Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr befinden sich die Zahlen im Jahr 2021 immer noch auf einem dramatisch niedrigen Niveau.“ Insgesamt verzeichnete der Freiburger Reiseverkehr 2021 rund 1,27 Millionen Übernachtungen. Das sind 12,2 Prozent mehr als im Vorjahr, allerdings 30,4 Prozent weniger als 2019. Die Auslastung der Betten (7460 waren 2021 frisch bezogen) lag nur bei 36 Prozent (2019: 57,6).

Sowohl STG als auch FWTM beklagen fehlende Übernachtungsgäste aus dem Ausland. Der Anteil internationaler Gäste am Reiseverkehr in Freiburg ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 4,3 Prozent gestiegen. Doch auch das ist ein schwacher Trost: 2019 waren es 569.700 ausländische Übernachtungsgäste, 2021 nur 206.415.

Tourismuskonzept soll unterstützen

Klare Worte kommen von Josef Dold, Vorsitzender FG Tourismus und Hotellerie, DEHOGA Freiburg Stadt: „Durch die mittlerweile zwei Jahre anhaltende Corona-Krise ist die Existenz vieler Hoteliers und Gastronomen bedroht.“ Herbe Kritik äußert er an der politischen Krisenkommunikation, vor allem jener der Landesregierung. „Diese hat viel Chaos verursacht“, sagt Dold. Es mangle an Verständnis für die Branche.

Auf eine weitere Problematik verweist Wiltrud Rösler vom Management im Hotel Oberkirch: der Arbeitskräfte- beziehungsweise Fachkräftemangel in Hotellerie und Gastronomie. Wegen Einschränkungen und Schließungen habe ein großer Teil der Arbeitskräfte die Branche gewechselt. „Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter erweist sich vor allem auch wegen der Knappheit auf dem Freiburger Wohnungsmarkt als sehr schwierig“, so Rösler.

FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme betont, dass die Tourismusbranche als wichtige Querschnittsbranche für die wirtschaftliche Entwicklung neben Übernachtungsbetrieben, Gastgewerbe und Einzelhandel auch Kultureinrichtungen, Dienstleister oder Zulieferer wie regionale Produzenten und Handwerksbetriebe umfasse. „In diesen herausfordernden Zeiten ist die aktive Förderung der Tourismusbranche daher von zentraler Bedeutung“, sagt Böhme.

Die FWTM hat 2021 nicht nur die zweite Restart-Kampagne umgesetzt, sondern arbeitet auch an der Realisierung eines Tourismuskonzepts. 16 von 82 Maßnahmen sind abgeschlossen. Dazu zählt der im Januar veröffentlichte Online-Veranstaltungskalender für Freiburg. Noch in der Bearbeitung befindet sich das touristische Aufwertungsprogramm Schlossberg, eine Eröffnungsfeier mit Führungen ist im kommenden September in Planung. Die Erneuerung des touristischen Fußgänger-Leitsystems soll Mitte des Jahres fertiggestellt sein.

Vorkrisenniveau erst 2024 erwartet

Rösler hofft auf eine Verbesserung der Lage im Sommer. Der Blick auf den Freiburger August 2021 stimmt optimistisch: Mit 224.900 Übernachtungen im Reiseverkehr schlug der Monat sogar den August 2019 mit seinen 215.700 Übernachtungen. Dennoch dürfte es dauern, bis der Vorkrisenstatus wieder eintritt. „Wir rechnen 2022 mit einer weiteren Belebung“, sagt Pankow, „jedoch erst 2024 mit einer Rückkehr auf das Niveau der Vorkrisenjahre.“

Die Top 5 bei den Übernachtungen in Freiburg
1. Schweiz: 53.406
2. Niederlande: 26.827
3. Frankreich: 20.590
4. Italien: 13.884
5. Spanien: 9.729

Die Top 3 der Gewinner in Prozent und in Zahlen
1. Israel: + 375,3 auf 2676
2. VAE: + 144,4 auf 3566
3. Polen: + 73,7 auf 5259

Die Top 3 der Verlierer in Prozent und in Zahlen
1. Großbritannien: – 47,4 auf 3814
2. Dänemark: – 30,3 auf 3143
3. Schweiz: – 13,9 auf 53.406

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