Wasser im Wein: Rekord und Sorgen in der Tourismusbranche business im Breisgau | 07.03.2023 | Pascal Lienhard

Bollenhut im Schwarzwald

Es gibt etwas zu feiern. Zumindest auf den ersten Blick. Die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) meldet bei der Tourismusbilanz über zwei Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr. Ein Rekord. Doch plagen die Branche weiterhin Sorgen. Dazu gehören Auslastung, Saisonalität sowie fehlende Fach- und Arbeitskräfte.

Zweimillionenundvierzigtausend. So viele Übernachtungen zählten Freiburger Beherbergungsbetriebe mit mindestens zehn Betten vergangenes Jahr. Sogar gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 entspricht das einem Plus von 11,9 Prozent. Die Hotellerie verzeichnet mit circa 1,4 Millionen Übernachtungen ein Plus von rund 8 Prozent gegenüber 2019. „Das sind Zahlen, mit denen wir so nicht gerechnet hätten“, sagt Franziska Pankow, FWTM-Abteilungsleiterin Tourismus, Convention Bureau & Events.

Statistik

Das Freiburger Ergebnis hält sie für einzigartig, zumindest für Städte in Baden-Württemberg. Das Statistische Landesamt hat für 2019 rund 52 Millionen Übernachtungen im Ländle errechnet. Vor der Pandemie waren es ungefähr fünf Millionen mehr. Die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) spricht derweil für Januar bis November 2022 von rund 20,1 Millionen Übernachtungen – und bleibt damit unter Vorkrisenniveau. Lediglich in den Monaten Mai, August, September und Oktober lagen die Werte leicht über denen von 2019.

Ob Freiburgs Tourismusbranche auf den „Wachstumspfad“ zurückgekehrt ist – da setzt Pankow ein Fragezeichen. Auch Hanna Böhme ist nicht nur nach Feiern zumute. „Da ist viel guter Wein im Glas, aber da ist auch ein bisschen Wasser“, sagt die FWTM-Geschäftsführerin. Gepanscht haben den edlen Tropen nicht zuletzt fehlende ausländische Gäste. Zwar haben 2022 rund 495.000 von ihnen nach Freiburg gefunden. Das sind aber 13 Prozent weniger als 2019. Dabei seien Gäste aus dem Ausland besonders wichtig: Laut Pankow bleiben sie in der Regel länger und geben mehr Geld aus.

Sorgen bereitet auch die Saisonalität: Freiburg ist im Sommer, vor allem im Juli und August, ein sehr beliebtes Reiseziel. Januar, Februar, März und November bezeichnet Pankow dagegen als sehr schwach. Auch bei der Auslastung der Betten sieht sie Spielraum. In der Hotellerie liegt die durchschnittliche Auslastung bei 51 Prozent, mehr als sechs Prozent weniger als vor der Pandemie. Ein Grund: Seit 2019 gibt es 1400 mehr Betten in Freiburg. „Für uns in der Hotellerie ist ganz klar die Auslastung die wichtigste Zahl“, sagt die Hoteldirektorin des Adagio Access, Wiltrud Rösler, zugleich Vorsitzende Tourismus und Hotellerie beim Branchenverband Dehoga Freiburg-Stadt.

Auslastung ist die wichtigste Zahl

Bewegung könnten Projekte bringen, die sich aktuell in Arbeit befinden. Dazu gehört der Aufbau einer touristischen Datenbank. „Damit katapultieren wir uns datentechnisch ins 21. Jahrhundert“, sagt Pankow. Zudem soll das Tourismuskonzept fortgeschrieben werden. Die nächste touristische Marketingkampagne soll sich ferner auf Frühjahr und Herbst konzentrieren.

Statistik: Übernachtungen in Freiburg

Übernachtungen in Freiburg: Mit dem Tourismus geht es wieder bergauf.

Für Patrick Graf-Mathias, Direktor vom Mercure am Münster und Vize-Vorsitzender des Dehoga Freiburg-Stadt, ist eines besonders wichtig: Gäste in Freiburg sollen wieder kommen. Zentral sind für Graf-Mathias die Attraktivität von Innenstadt und Einzelhandel. „Es muss an einer Strategie gearbeitet werden, um den Leerstand zu reduzieren und die Attraktivität der Innenstadt für Gäste, Freiburger und Investoren zu steigern“, findet er. Zudem sei es ein Unding, dass Gäste des Colombi-Hotels abends nicht guten Gewissens zum Schlössle flanieren könnten. Auch müsse die Kultur weiter gefördert werden.

Kirsten Moser, Geschäftsführerin des Colombi und des Hotel Stadt Freiburg, treiben neben Energie- und Lebensmittelkosten vor allem fehlende Arbeitskräfte um: „Gerade an stark frequentierten Wochenenden und Monaten fehlt mir ausreichend Personal, um beispielsweise die Zimmer zu reinigen“, sagt sie. Zudem stellt die angespannte Wohnraumsituation Hotelangestellte vor Probleme: Sie haben Schwierigkeiten, in Freiburg eine Unterkunft zu finden oder auch wegen fehlender ÖPNV-Anbindungen rechtzeitig aus dem Umland anzureisen.

Foto: © iStock.com/Corri Seizinger

Datenquelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
Darstellung: FWTM