Mit Charme & Geschichte – Endingen im Porträt Freizeit | 02.03.2023 | Dorothea Wenninger

Endinger Stadtbrunnen mit Frühlingsblumen Frühlingsbunt präsentiert sich der Brunnen auf dem Endinger Marktplatz im März.

Am Nordrand des Kaiserstuhls liegt das schmucke Städtchen Endingen, mit einer Altstadt, die noch deutlich Geschichte atmet. Viele denkmalgeschützte Häuser und hübsche Läden laden zu einem Spaziergang durch die am Rand der Weinberge gelegene Marktstadt.

Das geschichtsträchtige Erbe der Stadt macht sich gleich auf dem kurzen Weg vom Bahnhof ins Zentrum links und rechts der Üsenberger Straße in Form von Stadtmauerresten bemerkbar. Und im gelben Eckhaus gegenüber befindet sich das Käsereimuseum mit vielen Exponaten zur Historie der Käseherstellung. Die Werkzeuge und Utensilien haben die Nachfahren von Seraphin Risch, der ab 1901 in diesem Haus die Milch aus den Gemeinden Endingen und Forchheim zu Käse verarbeitet hatte, der Stadt Endingen überlassen.

Käsereimuseum

Historische Utensilien zur Milchverarbeitung sind bei einer Führung im Käsereimuseum zu entdecken.

Der Rempartstraße nach links folgend, an der Ringstraße und auf der Westseite Am langen Buck findet man noch weitere Teile der Stadtmauer. Ansonsten ist ihr ehemaliger Verlauf besser auf dem Stadtplan als vor Ort zu erkennen: Die Rempart- und Ringstraße umlaufen den Ort in einem Beinahe-Kreis. Und am Ende der Hauptstraße markiert das Königschaffhauser Tor das westliche Ende der Altstadt. Das „Torli“ ist das einzige noch erhaltene Stadttor Endingens. Der Ort hatte einst vier: im Süden beim heutigen Gasthaus Schützen das Freiburger, im Osten am Beginn der Hauptstraße das Riegeler Tor und das Nordtor im Bereich des Helmenwinkels. Die heutige Erscheinungsform des Königschaffhauser Tores kam durch einen Umbau im 16. Jahrhundert zustande. Bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gab es im Turm noch Arrestzellen. In dem kleinen Anbau wohnte früher der „Tor-Zoller“, der die Zölle erhob, dann diente er als privater Wohnraum, bevor das Narrenzunftmuseum hier einzog.

Vom Torli blickt man in die Hauptstraße, die ihrem Namen alle Ehre macht. Vor allem an den Mittwoch- und Samstagvormittagen, wenn der Markt stattfindet, geht es sehr trubelig zu. Dann kommen die Menschen aus den umliegenden Gemeinden und suchen die vielen kleinen Geschäfte auf, von denen sich eins ans andere reiht, dazwischen alteingesessene Cafés, Gasthäuser und Dönerbuden. Die Hauptstraße bietet so einige Schätze, die von außen gar nicht zu erahnen sind. In einigen jahrhundertealten Häuschen haben Ladeninhaber wunderschöne Geschäfte mit historischem Flair entstehen lassen. Da ist zum Beispiel der ganz in Holz gekleidete Buchladen mit dem großzügigen Verkaufsraum, in dem die Kunden auf wunderschön restauriertem Dielenboden wandeln. Der Inhaber, Wolfgang Koch, hat den inzwischen legendären und jährlich stattfindenden Büchermarkt 2006 anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Buchhandlung ins Leben gerufen. Oder der Blumenladen nahe dem Torli. Das alte Fachwerk mit den Originalbalken aus der Mitte des 18. Jahrhunderts kommt im liebevoll renovierten Geschäftsraum zum Vorschein. Und das freigelegte Gemäuer an der einen Wand lässt den Bogen eines alten Backofens erkennen, vermutlich aus der Zeit stammend, als hier Backwaren anstatt Blumen verkauft wurden.

Mit Frühlingsblumen reichlich geschmückt ist die Altstadt wieder Ende März, wenn zu „Blühendes Endingen“ geladen wird. Dann grünt und blüht es beim Gartenmarkt auf dem Marktplatz, der das Zentrum des Städtchens bildet. Um ihn herum versammeln sich zahlreiche Bauten von historischer Bedeutung: Das Haus Krebs mit schmiedeeisernem Balkongitter bildet den nördlichen Abschluss des Platzes. Das alte Rathaus aus dem Jahr 1527 schräg gegenüber beherbergt das Kaiserstühler Heimatmuseum. Das prominenteste Haus am Platz mit einem auffallenden Staffelgiebel steht etwas erhöht: Es ist das Rathaus, die ehemalige, 1617 errichtete Kornhalle. Als Vorbild hatte das Kornhaus auf dem Freiburger Münsterplatz gedient. Hinter dem spätgotischen Rathaus kommt ein hübsches Eckhaus mit blauen Fensterläden und dem Marktplatzlädili zum Vorschein.

Endinger Rathaus

Am markanten Staffelgiebel ist das Endinger Rathaus unschwer zu erkennen.

Gegenüber dem Städtli-Café führt ein kleiner Durchgang über eine Treppe hinunter zu dem versteckt liegenden Hauserplatz, benannt nach Lina und Siegfried Hauser, die im Haus am Marktplatz 19 ein Konfektions- und Wäschegeschäft betrieben. Sie wurden von den Nationalsozialisten ermordet, genauso wie Rosa Blum und Jakob Maier. Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger Endingens steht ein kleines Mahnmal auf der winzigen Grünfläche am Hauserplatz, initiiert im Jahr 2003 von Privatleuten aus der Stadt.

Marienwallfahrt

Ein Stück den Marktplatz hinunter befindet sich die Wallfahrtskirche St. Martin. Ihre heutige Gestalt erhielt sie erst im 19. Jahrhundert, der spätgotische Chor aber ist erhalten. Im Zentrum des Hochaltars steht die königlich gekleidete Mutter Gottes. Im Spätwinter zur frühen Nachmittagsstunde wird sie wie magisch angeleuchtet, sofern draußen die Sonne scheint. Im Jahr 1615 soll die Statue aus dem Jahr 1450 geweint haben, was später als Vorzeichen des nahenden Unheils durch den Dreißigjährigen Krieg gedeutet wurde. Seither wird das Tränenmirakel in Endingen jedes Jahr an Christi Himmelfahrt gefeiert. Und am Vorabend kommen viele Pilger aus der ganzen Umgebung, auch aus dem nahen Elsass, um bei der großen Lichterprozession mitzulaufen.

Altstadt alte Schlosserei

Viele historische Häuser in der Altstadt – hier die alte Schlosserei – beherbergen heute liebevoll gestaltete kleine Geschäfte.

Mündlich überliefert ist eine Marienerscheinung zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges auf der Stadtmauer im Südosten, da, wo die Altstadt an die Weinberge grenzt. Bis heute ist an dieser Stelle eine Erinnerung an das Ereignis bewahrt: Auf der Hauswand Ecke Ring- und Huttenhofstraße schaut die „Mutter der Barmherzigkeit“ gütig und mit segnender Geste auf das Städtchen und seine Einwohner herab.

Veranstaltungen

Kunsthandwerkermarkt Blühendes Endingen (Marktplatz) und Antikmarkt (rund um die
Martinskirche und auf dem Marktplatz):
25. und 26. März 2023, 11–18 Uhr

Büchermarkt im Mai: 20. und 21. Mai 2023.
Größter Büchermarkt von Baden: antiquarische
und gebrauchte Bücher, Papierwaren, Grafiken,
CD- und Schallplattenbörse
www.endingen.de

Foto: © Monica Hauser; Stadt Endingen; dw; Schwarzwald Tourismus GmnH