Lehrer an der Grenze der Belastbarkeit – GEW Freiburg fordert mehr Personal Schule & Lernen | 20.04.2020 | Erika Weisser

Klassenzimmer

Derzeit sind die Schulen in Baden-Württemberg zwar geschlossen – voraussichtlich bis Mai, möglicherweise aber auch darüber hinaus. Doch das Problem, auf das die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Freiburg Anfang März mit einer Petition an die Kultusministerin Susanne Eisenmann aufmerksam machte, bleibt auch nach der überwundenen Corona-Krise weiter bestehen.Das Problem nämlich, dass zu viele Lehrerstellen zu Beginn des Schuljahrs nicht besetzt wurden, dass insbesondere an Grundschulen und an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ein „regelrechter Lehrkräftemangel“ herrscht.

Die Petition wurde von der Personalversammlung für die Lehrkräfte und Schulleitungen an Grund- und Hauptschulen, an Werkreal- und Realschulen, an Gemeinschaftsschulen und an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren in Freiburg sowie den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen verabschiedet. Darin fordern die Unterzeichner, dass ein Maßnahmenkatalog, den die Bildungsgewerkschaft dem Kultusministerium schon vor einem Jahr vorgelegt hat, „endlich ernst genommen und zügig umgesetzt“ werde.

In diesem „12-Punkte-Programm zur Lehrkräftegewinnung“ schlägt die GEW unter anderem vor, dass die Anzahl der Studienplätze für das Lehramt in der Primarstufe und der Sonderpädagogik erhöht wird. Schließlich müsse es gerade hier genügend Nachfolger für die vielen Lehrerinnen geben, die die Altersgrenze erreicht haben und aus dem Schuldienst ausscheiden. Eine weitere Forderung ist die Erhöhung des Grundschulstudiums auf 10 Semester – und eine höhere, den Tarifen der Gymnasiallehrer angepasste Besoldung der Grund-, Haupt- und Werkrealschulkräfte. Die unterschiedliche Besoldung, so Kerstin Schildt und Ilva Beiser vom Kreisvorstand der GEW Freiburg, halte viele Studienanfänger davon ab, Grund- und Hauptschullehrer zu werden – insbesondere Männer, die gerade auch in diesen Bereichen wichtig wären.

Nach ihrer Ansicht sollte auch Schluss sein mit der gängigen Praxis befristeter Verträge: Lehramtsanwärterinnen und -anwärter sollen unmittelbar nach Abschluss ihres Referendariats unbefristet eingestellt und verbeamtet werden und damit – selbstverständlich – auch über die Sommerferien hinweg bezahlt werden. Dasselbe solle für die bisher immer nur schuljahrsweise (ohne Sommerferien) befristet Beschäftigten mit abgeschlossenem Lehramtsstudium gelten – sofern sie sich im Schuldienst bewährt hätten. Auch die Vertretungslehrkräfte, die im kommenden Schuljahr wieder gebraucht werden, sollten nach Meinung der Gewerkschafterinnen „nahtlos“ über die Sommerferien weiterbeschäftigt – und damit bezahlt werden.

Mit diesen und weiteren Maßnahmen könne der Lehrkräftemangel, der die Kolleginnen und Kollegen derzeit oft an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringe, schon zeitnah verbessert und langfristig ganz ausgeglichen werden. Dadurch könne wieder ein Unterricht angeboten und gewährleistet werden, der die Kinder in den Mittelpunkt stellt und ihre vielfältigen Besonderheiten berücksichtigt. Das sei in den vergangenen Jahren immer weniger der Fall gewesen: „An vielen Schulen werden Klassen zusammengelegt“, heißt es in der Petition, „und immer häufiger selbst in der Sekundarstufe fachfremd unterrichtet“. Da leide die Qualität – trotz aller Bemühungen der Lehrer, die als Regelschullehrer immer öfter auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichten müssen – selbst in den Hauptfächern und ohne die Unterstützung von Sonderpädagogen.

Die Liste der Mängel und Forderungen ist noch lang, und sie sollte seitens des Kultusministeriums schleunigst aufgearbeitet werden. Denn die qualifizierte Bildung der Kinder sollte immer Priorität haben.

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