"Die Überglücklichen" im Kino: Eine witzige Reise durch den Wahnsinn Kinonews | 29.12.2016

Das abgrundtief tragische und traurige Ereignis, das Beatrice und Donatella zusammenführt, wird im Vorspann nur angedeutet: In unterbrochenen Sequenzen ist da eine sichtlich verzweifelte Donatella zu sehen, die, von unsichtbaren Kräften getrieben, über eine Eisenbahnbrücke rennt – mit einen Kinderwagen, in dem ein kleiner Junge sitzt.
 

 
Zwar verbirgt ein vorbeirasender Zug zunächst die weiteren Ereignisse. Doch schon wenige Minuten nach Beginn des Films werden sie offensichtlich: Da landet die junge Frau nämlich in einer psychiatrischen Klinik – in der Villa Biondi, einem einstmals hochherrschaftlichen Landhaus in der Toskana. Und findet sich in den Fängen der extrem extrovertierten Beatrice wieder, die sich durch nichts davon abbringen lässt, sich um die fast schon autistisch in sich gekehrte, am Boden zerstörte Donatella zu kümmern. Was an deren erbärmlichen Zustand erst einmal nichts ändert: Genervt von den Allüren und unaufhörlichen Wortkaskaden der einstigen Gräfin, die von ihrer Familie wegen ihrer bipolaren Störung und ihres unstandes­gemäßen Lebenswandels in die Casa Biondi gesteckt wurde, verschließt sie sich noch mehr.
 
Irgendwann findet die neugierige, manisch optimistische und lebenshungrige Aufschneiderin dann aber doch einen Zugang zu der tief betrübten Zimmergenossin. Mehr Zugang jeden­falls als die Psychiatrie-Profis, die sich auch gar nicht so sehr um die schwer traumatisierte Patientin bemühen. Sie findet heraus, was auf der Brücke geschah. Und dass Donatella nach dem dort versuchten Selbstmord das Sorgerecht für ihren Sohn entzogen wurde und dieser von einer „intakten“ Familie adoptiert wurde.
 

 
Sie will das Kind unbedingt finden – und bietet Beatrice damit einen unverhofften Vorwand, ihre längst gehegten Fluchtpläne in die Tat umzusetzen. Durch einen glücklichen Zufall gelingt es den beiden ungleichen Freundinnen eines Tages tatsächlich, abzuhauen – und sich in den Wahnsinn außerhalb der Anstalts­mauern zu stürzen. Dabei erweist sich Beatrice mit ihren vielfältigen Beziehungen und ihrer ansteckenden Heiterkeit als unerschöpflicher Motor ihres wilden Road-Trips durch die Toskana. Denn sie schreckt dabei weder vor Urkundenfälschung noch vor Zechprellerei oder gar Autodiebstahl zurück.
 
Auf dieser herrlich aberwitzigen Reise finden die beiden Frauen immer mehr zueinander – und schließlich sogar den Schlüssel zu einem Ausweg aus Donatellas Tragödie.
 
Text: Erika Weisser / Fotos: © Neue Visionen
 
 

 
 
 
Die Überglücklichen
Italien 2016
Regie:
Paolo Virzì
Mit: Valeria Bruni Tedeschi, Micaela Ramazzotti u.a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 118 Minuten
Start: 29.12.2016