Kino-Tipp mit Verlosung: "Die letzte Sau" – Rebell wider Willen Kinonews | 28.09.2016

Die Aussichten des schwäbischen Schweinebauers Huber sind nicht eben rosig: Die kleine Landwirtschaft, die er gerade von seinem Vater geerbt hat, ist gegenüber den Agrarfabriken nicht mehr konkurrenzfähig; der Hof ist pleite. Großbauer Obermeier, der es als einziger ortsansässiger Landwirt zu Wohlstand gebracht hat, bestimmt nicht nur über Hubers berufliches Leben, sondern auch über sein privates: Seine Tochter Birgit, Hubers heimliche Liebe, geht auf Vaters Geheiß als Betriebsleiterin auf einen soeben erworbenen Rindermasthof im Brandenburgischen, obwohl sie lieber beim Huber auf dessen kleinem Hof bleiben würde.

Doch der wirft nichts mehr ab, dafür hat Birgits Vater mit seinen günstigen Erzeugerpreisen ja gesorgt. Mehr noch: Während der Beerdigung des ehemaligen Dorfmetzgers, der keine Fließbandschlachtungen zu tätigen wollte und zur Sicherung des Lebensunterhalts einen leider gescheiterten Banküberfall tätigte, wird sein Haus von einem Meteoriten getroffen – und endet mitsamt Stall als Ruine. Angesichts der Aussichtslosigkeit packt Huber das einzige überlebende Schwein in den Beiwagen seines alten Motorrads und macht sich mit Rucksack und Gewehr auf den Weg. Irgendwohin. Als heimatloser Vagabund. Und er findet Gefallen an diesem Leben, trifft auf Menschen, denen es ähnlich erging wie ihm: Kleine, die von den Großen kaputt gemacht wurden. Er beginnt, die Mechanismen der Globalisierung zu durchschauen. Und wird zum Rebellen und Tierbefreier. Wenn auch wider Willen, zunächst. Und ein auch wenig aus Versehen.

die_letzte_sau_bild_2

„Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sind in unserer Zeit nichts weiter als Illusion. Im heutigen System kann nur der überleben, der sich unterwirft.“. So kommentiert Regisseur Aron Lehmann seinen Film über das Höfesterben nicht nur in der schwäbischen Provinz.

Und weiter: „Fortschritt und Gier bestimmen die Welt. Das ist kein Horrorszenario. Das ist die Realität. Unterhalten Sie sich mal mit einem selbstständigen Bäcker, Metzger oder einem Landwirt, falls Sie überhaupt noch welche finden, die nicht bereits von Ketten oder Industrien geschluckt wurden. Lassen Sie sich erzählen von Amazon, Aldi, Lidl, den Tönnies Fleischwerken und Monsanto. (…) Freiheit wird uns nur noch als Konsum verkauft. Freiheit besteht aus einem neuen Handy, einem günstigen Urlaub, jeden Mittag Fleisch und abends Bier und Fernsehen. Geringer Preis ist gleichbedeutend mit großer Freiheit. Für diesen Traum, alles zu besitzen und nicht mehr zu fragen, wo etwas herkommt und wie es produziert wurde, sind wir bereit uns selbst zu opfern.“.

die_letzte_sau_bild_3

Mit „Die Letzte Sau“ wollte Lehmann indes keine theoretische Abhandlung zum Thema „bewusster und besser leben“ liefern, sondern einen Film, der die Menschen nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen erreichen kann. Und er hat ein köstliches, anarchisches und fast märchenhaftes Stück über Ausbruch und Aufbruch, über Freiheit und Unabhängigkeit im Denken und Handeln geschaffen, ein hinreißendes Road-Movie mit der Mitreißenden Musik von Ton, Steine Scherben. Und mit einem liebenswerten Anti-Helden, der gelegentlich an Don Quijote erinnert.

„Die letzte Sau“ ist ein Film, der viel Raum lässt für widerständige Phantasie und eigensinnigen Humor. Und der trotz seiner bisweilen abenteuerlichen Situationskomik das eigentliche Anliegen nicht außer Acht geraten lässt: Nämlich darzustellen, wie gestiegener Fleischkonsum, Billigangebote von Discountern und Massentierhaltung zusammenhängen. Und wie sie den kleinen Bauern den Garaus machen, da sie auf dem globalisierten Markt nicht mithalten können. Ein Film, der auch davon handelt, wie vergnüglich es sein kann, gegen den Mainstream zu schwimmen.

die_letzte_sau_bild_1

Text: Erika Weisser

Bilder: © Drei Freunde

Die Gelegenheit, mit Regisseur Aron Lehmann über den Film und seine Hintergründe zu sprechen, gibt es am Freitag, 30 September nach der 21-Uhr-Vorstellung im Kino Friedrichsbau.

Wir verlosen 2 x 2 Eintrittskarten!

E-Mail an: gewinnspiel@chilli-online.de; Stichwort: Letzte Sau

Die letzte Sau

Deutschland 2016
Regie: Aron Lehmann
Mit Golo Euler, Rosalie Thomass, Herbert Knaup u.a.
Laufzeit: 86 Min.
Verleih: Drei Freunde

Kinostart: 29. September 2016, Friedrichsbau