Die Netzwerkerin: Rapperin Suza über Zweifel und ein abgelehntes Feature Musik | 23.11.2024 | Till Neumann
„Ich bin selbst ein Macho“: Rapperin Suza hat ihren Platz gefunden.In Freiburg gehört sie zu HipHop wie die Bächle zur Innenstadt: Suza aka Susanna Metzger. Rapperin ist sie seit Ewigkeiten, Freestyle-Host, Subkultur-Pionierin, Entertainerin und Veranstalterin auch schon eine Weile. Sich selbst sieht die toughe Frau mit Hang zum Selbstzweifel aber vor allem als eins: Netzwerkerin.
Wenn sich in Freiburg die Rap-Szene trifft, ist Suza meist nicht weit. Die Künstlerin mit den breiten Hosen steht regelmäßig als Host von Freestyle-Battles auf der Bühne. Oder spielt eigene Shows. Oder zieht im Hintergrund die Fäden. In der Männerdomäne Rap hat sie sich einen Namen gemacht.
„Großes Maul und Skills dahinter“, liest man über die Frau Ende 30. Wer sie live on stage sieht, kann sich schnell von beidem überzeugen. Wer sich näher mit ihr befasst, kann aber auch feststellen: Hinter den wortstarken Ansagen steckt ein Artist mit Bodenhaftung und Reflektion.
Ein Song in 25 Jahren Rap-Karriere
Ein Indiz dafür ist die Zahl ihrer Releases: In rund 25 Jahren Rap-Karriere hat sie bis zum November 2024 nur einen Song veröffentlicht. „Interpretier“ stand als einziger Track von ihr seit 2023 auf Spotify und Co. Warum es nicht mehr gibt? „Ich tue mich schwer damit, Sachen rauszuhauen“, sagt Suza. Das liege an ihrem Perfektionismus und an ihrer flexiblen Meinung. „Es kann sein, ich schreibe einen Song und drei Tage später denke ich mir: Was hab‘ ich denn da gesagt?“
Zweifel begleiten sie: „Ich kenne so viele saustarke Rapper. Und dann denke ich mir immer, die haben viel mehr Daseinsberechtigung als ich.“ Dabei muss sich Suza alles andere als verstecken. Mit „Interpretier“ lässt sie die Wörter auf einen Old-School-Kopfnick-Beat über ein Laid-Back-Piano tanzen. Verschachtelte Sätze treffen auf Scratches und lässige Lebensweisheiten. Mehr als 100.000 Aufrufe hat der Track und die Fans hoffen auf mehr. Anfang November wurden sie belohnt mit einem „super traurigen Liebessong“, wie Suza erklärt.
Mit 14 Jahren stand sie erstmals auf der Bühne
Aufgewachsen ist Metzger als Heimkind in Schwäbisch Gmünd und Stuttgart. Früh begann sie Texte zu schreiben. Ein Freund sagte ihr: „Das kann man flown.“ Sie staunte, probierte es und kam zum Rap. Mit 14 Jahren stand sie erstmals auf der Bühne. Acts wie Blumentopf oder M.O.R waren Inspiration. Und das Liveding hat sie nicht mehr losgelassen. Doch der Gedanke, damit groß rauszukommen, lag ihr fern.
Es hätte anders kommen können: Mit 16 Jahren stand sie als erste Frau unter den besten 16 im bundesweiten Freestyle-Battle „One on One“. Nur wenige Jahre später fragte sie der „King of Rap“ Kool Savas spontan im Studio nach einem Feature. Suza lehnte ab. „Das wäre total bescheuert“, sagt sie noch heute. Stilistisch passe das nicht so. Und einfach nur ein Feature um des Feature willens zu machen, das sehe sie nicht. Viele Künstler würden das anders handeln. Doch Suza geht ihren eigenen Weg. Der bestand auch darin, ein Angebot für einen Plattenvertrag vom Label FourMusic abzulehnen: „Das war auch nicht meins.“
Großes Herz und Superpower
Seit 2011 ist sie in Freiburg und prägt die Szene. In den Breisgau zogen sie Kontakte zu DJ Sirob oder der Rapcrew Weiße Scheiße. Rund 20 Shows spielt sie im Jahr. Doch zu viel Fokus auf sie ist ihr unangenehm. Die Sorge ist da, nicht gut genug zu sein. Dazu kommen Bedenken, dass große Sprünge den Spaß am Hobby nehmen. „Ich bin ein Quatschkopf und stehe eigentlich in erster Linie gerne auf der Bühne“, betont Suza.
Ihre Qualitäten schätzt auch Weggefährtin Anna María Müller vom Freiburger Verein Corner. „Suza hat ein großes Herz, Superpower und ist eine zugewandte Netzwerkerin.“ Sie initiiere großartige kulturelle Projekte und bringe hierzu Leute zusammen. „Dabei kann nur Gutes entstehen.“ Suza habe immer ein offenes Ohr und einen reflektierten Ratschlag.
Bei Workshops schreibt sie Songs mit jungen Menschen
Das hilft ihr beim Weiterreichen des Rap-Staffelstabs. „Wir wollen Raum schaffen für die nächste Generation“, betont sie. Für Battles gegen 16-Jährige sei sie schlicht zu gut. Und der Hunger fehle. Dafür engagiert sie sich auf Plattformen, die was anstoßen wollen: Als Teil des Vereins Corner will sie Kultur pushen, mit EuroPop setzt sie sich für grenzüberschreitenden Austausch ein. Und bei regelmäßigen Workshops schreibt sie Songs mit jungen Menschen.
„Wenn ich Leute connecte und die schreiben einen Song zusammen oder ich kann eine Veranstaltung supporten, das sind Momente, wo es mir die Tränen in die Augen treibt“, erzählt Suza. Sich selbst betrachtet sie vor allem als Networkerin. Ein großer Wunsch daher: einen Ort in und für Freiburg schaffen, wo so etwas möglich ist. Sozial, kulturell, inklusiv, generationsübergreifend.
Sich in der Männerdomäne Rap zu behaupten, fällt ihr nicht schwer
Ihre Rap-Karriere gerät dabei mit etwas Glück nicht ins Hintertreffen. Eine EP zu releasen, das würde sie gerne noch machen. „Aber das sage ich jetzt schon so lange“, sagt sie und lacht. Sich in der Männerdomäne Rap zu behaupten, fällt ihr nicht schwer. „Ich bin ja selber Macho“, sagt Suza. Ein Hindernis ist eher der Schlafmangel. Müde sei sie. Wegen vieler schöner Projekte.
Freiburg traut sie einiges zu als HipHop-Stadt. Sie selbst hat ihren Teil dazu beigetragen. Seit 13 Jahren ist sie hier und hat vor zu bleiben. Auch releasetechnisch wird man wieder von ihr hören. Selbst wenn es ein paar Jahre dauern kann.
Foto: © Jasmina Vrcko