Aufwärts – Schauinsland per pedes Freizeit | 18.04.2020 | Nicole Kemper

Schauinsland mit blick ins Tal

Hervorragende Aussichten über den Schwarzwald und die Rheinebene bis zu den Vogesen, Sonnenscheingarantie bei Inversionsschmuddelwetter, Einkehren in der Bergstation, Einfahren ins Museumsbergwerk, ein Spaziergang zu den bizarren Windbuchen oder das Erklimmen des Eugen-Keidel-Turms – es gibt unzählige Motive, viele Stunden auf dem Freiburger Hausberg Schauinsland zu verweilen.

Es gibt aber auch einen triftigen Grund, sofort nach Ankunft auf dem Gipfel ohne viel Federlesens in die nächste Gondel Richtung Talstation einzusteigen und den Berg einfach Berg sein zu lassen: die Vision, mit einem kühlen Getränk in der Hand auf dem eigenen Sofa zu fläzen und sich der beruhigenden Gewissheit hinzugeben, an diesem Tag keinen Meter mehr laufen zu müssen.

295 und 1284. Dies sind die Leit- und Leidzahlen der Schauinslandbezwingung. Am Startpunkt beim Holbeinpferdchen führt ein kleiner Pfad in den Wald hinauf, ein Wegweiser gibt den ersten Überblick über Richtung, Distanz und Ausgangshöhe. Vom Freiburger Stadtteil Wiehre auf 300 Meter über Normalnull bis zum Gipfel wird der Wanderweg tausend Höhenmeter wettmachen. Die Marschrichtung ist somit klar: Es geht aufwärts! Bei Weggabelungen verweisen Schilder mit der Aufschrift „Kybfelsensteig“ auf den richtigen Pfad. Zunächst sind weit und breit keine anderen Wanderer zu sehen, aber auffallend viele Jogger, die uns leichtfüßig und mit bloßen Oberkörpern überholen. Die Erklärung für die gesteigerte Berglaufambition liefert das Plakat an einem Baumstamm: Es wirbt für den Kybfelsenlauf, eine 12-km-Strecke, bei der auf einem Rundweg vom Waldsee zum Kybfelsen und zurück eine Höhendifferenz von 500 Metern zu bezwingen ist.

Der Gewinner des ersten Laufs im Jahr 2018 benötigte hierfür knapp 47 Minuten. Man kann es aber auch deutlich gemütlicher angehen und eine knappe Dreiviertelstunde nach dem Start schon die erste Rastmöglichkeit ausschöpfen: Die Sonnenliege am dortigen Aussichtspunkt bietet genügend Sitzplätze für eine kleine Gruppe und einen weiten Blick über Freiburg. Von hier aus führen schmale Waldpfade weiter zum Brombergfelsen, über den Brombergkopf und den Rehagsattel zum Kybfelsen. Der imposante Doppelfelsen hatte schon vor tausend Jahren eine große Anziehungskraft; Ausgrabungsfunde belegen die Existenz einer Burg bereits im 11. Jahrhundert. ­Heute sind nur noch ­wenige Mauerreste davon sichtbar, einst soll die Anlage im unwegsamen Gelände eine Länge von 70 Metern gehabt haben.

Kybfelsen mit blick ins Rheintal

Prächtige Blicke ins Rheintal gibt es vom Kybfelsen

Unweit der ehemaligen Kyburg befindet sich ein beliebter Panoramafelsen mit Ausblick in den Westen Richtung Kaiserstuhl und Vogesen. Hier wäre ein perfekter Ort für die Mittagspause, jedoch hatten diese Idee auch andere: Mountainbikes lehnen an Baumstämmen und an der Sonnenliege, jede Sitzgelegenheit auf dem felsigen Vorsprung ist bereits erobert. Zum Glück ist die nächste Raststelle nicht weit entfernt: Nach einem alpinen Abstieg erscheint bald die wunderschöne Grillstelle Sohlacker, die sogar eine freie Tischgruppe für das Bergfest bereithält. Tatsächlich markiert der großzügige Rastplatz ungefähr die Hälfte der Strecke zum Schauinslandgipfel: Sechs Kilometer sind geschafft, für die mit Pausen jedoch auch mehr als drei Stunden ins Land gingen. Sechseinhalb Kilometer liegen noch vor dem Ziel. Also frisch gestärkt in die zweite Etappe!

In der Ferne zeichnet sich das erste Mal der Schauinslandturm ab, beim Blick zurück öffnet sich zwischen duftenden Holunderbüschen hier und da der Ausblick über das Dreisamtal. Zwischen meterhohen Farnen und Gräsern geht es nur noch hintereinander voran, die Gespräche verstummen. Jeder ist ganz bei sich und dem steten Bergan, bis der Anblick des Stäpfelefelsens die meditative Stimmung unterbricht. Schnell ist man sich einig, dass die stufenartige Schneise zwischen zwei Felszacken namensgebend gewesen sein muss – Schwindelfreie können sie nutzen, um einen Aussichtspunkt zu erklimmen. Aktuelle Höhe: 895 Meter über Normalnull, die steilsten 400 Meter liegen vor uns. Ins Schwitzen kommt man trotzdem nicht mehr so schnell, die Höhenluft ist erfrischend kühl. Für die Beine und für die allgemeine Moral eine letzte Herausforderung, doch dann ist es geschafft: Der Hausberg ist bezwungen, Freiburg liegt uns zu Füßen!

Fotos: © Hans-Peter Lang, Nicole Kemper