Mit und ohne Saublodere: Schwäbisch-alemannisch-ursprünglich Freizeit | 16.02.2020 | Erika Weisser

Schwäbisch-allemanische Fasnacht

Narrenzünfte sind zahlreich im Südwesten der Republik, und ständig kommen neue dazu und bereichern die Fasnet. Viele von ihnen sind in Interessensverbänden organisiert, der älteste ist die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN).

Dass Bad Cannstatt zu Stuttgart gehört, ist an diesem sonnigen Sonntag in dem gassenreichen historischen Ortskern nicht auf Anhieb zu spüren: Auf dem malerischen Marktplatz und in den umliegenden Straßen sammeln sich vermummte Gestalten, erhebt sich ein infernalischer Lärm, treiben Hexen, Teufel und andere Narren mit und ohne Saublodere ihr Unwesen. Etwa 10.000 Hästräger ziehen durch den traditionsreichen Stadtteil der ansonsten strikt fastnachtsfreien, weil württembergisch-evangelisch geprägten Landeshauptstadt, legen den Ort am Neckarstrand für den normalen Sonntagsalltag ein paar Stunden lang lahm. Und feiern das Große Narrentreffen der Vereinigung der Schwäbisch-Alemannischen Narrenzünfte (VSAN).

Mehr als 70 Zünfte nahmen vom 17. bis 19. Januar an diesem Narrentreffen teil, das heuer bereits zum 24. Mal ausgetragen wurde. Es findet nur in Schaltjahren statt – in einer der zahlreichen Hochburgen des Verbandes, dessen Gebiet von Bad Cannstatt als nördlichstem Zipfel über Rottenburg, Offenburg und Ehingen, Waldkirch und Kisslegg, Donaueschingen und Ravensburg nach Lindau, Stockach, Waldshut und im Süden bis nach Luzern und Sargans in der Schweiz reicht. Gegründet wurde die VSAN, der heute 68 Narrenzünfte angehören, 1924 in Villingen. Nach Auskunft ihres Präsidenten Roland Wehrle markiert dieser Zusammenschluss und das fünf Jahre später veranstaltete erste Große Narrentreffen den „Übergang von der gelebten Fastnacht im Ort hin zu einer überregionalen, durchorganisierten Brauchpräsentation“. Mit dem bis heute geltenden Ziel, „die Fastnacht mit all ihren Erscheinungsformen als kreativen Ausdruck des regionalen kulturellen Erbes“ zu erhalten, zu fördern und erlebbar zu machen.

Als bisher größten Erfolg dieser Narrenvereinigung wertet Wehrle den im Dezember 2014 erfolgten Eintrag der Schwäbisch-Alemannischen Fastnacht in das bundesweite Register des Immateriellen Kulturerbes der deutschen UNESCO-Kommission. Damit stehe der Verband aber auch in einer „besonderen Verantwortung“. Dass die Funktions- ebenso wie die Hästräger dieser Verantwortung gerne nachkommen, zeigen die zahlreichen Veranstaltungen in den acht „Fastnachts-Landschaften“ des Verbands. Und, nicht zuletzt, die online-Schaltung eines virtuellen Fastnachtsmuseums.

Info

www.vsan.de

Foto: ©  Archiv VSAN