Rosenmonat Juni: Cézanne im Blumentopf 20 Jahre Landhaus Ettenbühl Freizeit | 07.06.2019 | Stella Schewe

wassergarten_LandhausEttenbuehl

Seit 20 Jahren ist das Landhaus Ettenbühl bei Bad Bellingen-Hertingen ein Muss für Liebhaber englischer Gärten. Einen Namen gemacht hat sich der einstige Aussiedlerhof mit seinen unzähligen Rosensorten.

Sie stehen dicht an dicht, Topf an Topf: Heidi Klum neben der Baronesse de Rothschild, Lady Marmelade neben Novalis, Super Trooper neben Paul Cézanne. Sie blühen dunkelrot, zartrosa, cremeweiß oder knallpink, ihr betörender Duft ist überwältigend, der Blick über das Farbenmeer hinweg zu den sanften Hügeln und den dahinterliegenden Schwarzwaldgipfeln ebenfalls. Was für ein
idyllisches Fleckchen inmitten des Markgräflerlands!

Landhaus Ettenbühl hat alles, was die Herzen von Gartenfans höherschlagen lässt: Eine Rosengärtnerei mit rund 1000 verschiedenen Rosensorten, die Besucher leicht in Entscheidungsnöte bringt, und 20 verschiedene Themengärten mit Bäumen und Sträuchern aus aller Welt sowie sattgrünen Rasenflächen, die an englische Gärten erinnern. Auch das mit geblümten Tapeten und englischem Porzellan ausstaffierte Restaurant ist „very british“: Wo sonst könnte man in der REGIO Cream tea mit frisch gebackenen Scones und Clotted Cream genießen?

Ettenbühl

Qual der Wahl: In der Ettenbühler Gärtnerei werden rund 1000 Rosensorten angeboten.

Den dicken, leckeren Rahm kann man übrigens auch glasweise im Laden kaufen – untergebracht im ehemaligen Stall des Hofes. Genau das war die prachtvolle Parklandschaft nämlich einst: ein heruntergekommener Aussiedlerhof, der in den 1970er-Jahren zum Verkauf stand, aber keinen Interessenten fand. „Hier gab es nur ein Haus, einen Stall und eine Hochspannungsleitung, aber weder Baum noch Strauch“, erinnert sich Stefanie Körner, deren Eltern damals ein neues Zuhause für die Familie suchten. Der Verkauf war an eine landwirtschaftliche Nutzung gebunden, doch das schreckte ihre Mutter – ein „Stadtkind par excellence“, wie sie sagt – keineswegs ab, im Gegenteil: „Sie stürzte sich voller Elan ins Abenteuer Landleben.“

Infiziert mit dem Gartenvirus

Dazu gehörten das Halten von Kühen, Schweinen und Hühnern sowie der Anbau von Gemüse – mit alldem wurde eine Klinik in Bad Bellingen versorgt, die ihr Mann leitete; parallel dazu unterhielt Gisela Seidel eine Reitschule. Dann reiste sie in den 1980er-Jahren nach England und „da war es um sie geschehen“, erzählt ihre Tochter: „Sie infizierte sich mit dem Gartenvirus, kam mit einem Koffer voller Rosen zurück und fing an zu gärtnern.“ Alfred Seidel, der eine Leidenschaft für Architektur hatte, baute Gartenhäuschen, Treppen und Pergola, und Freunde brachten von Reisen pflanzliche Geschenke mit: kleine Bäumchen aus den kaiserlichen Gärten in China oder Ahornbäume aus Asien. So entwickelte sich das hässliche Entlein Aussiedlerhof ganz allmählich zum schönen Schwan Parkanlage.

Der wurde vor genau 20 Jahren flügge. Stefanie Körner war zu jener Zeit Fernsehredakteurin, hatte den Auftrag, aus einem – wie sie sagt – „fürchterlichen Garten“ in Köln zu berichten und kam so auf der Suche nach einem geeigneten Drehort zurück ins heimische Ettenbühl. Das sie plötzlich mit ganz anderen Augen sah: „Ich merkte, welches Potenzial dieser Garten hat“, sagt die heute 52-Jährige, „und überlegte mir, wie es damit weitergehen kann.“ Kurzerhand entwarf sie einen Businessplan, mit Gästezimmern, Laden, Kursen und Restaurant, bekam dafür ein Gründerdarlehen und reiste zur Vorbereitung mit ihrer Mutter nach England, wo sie den Gartenpionier John Scarman kennenlernte und für Kurse in Ettenbühl gewinnen konnte. Am 1. Januar 1999 schließlich öffneten sie die Gartentore für Gäste, an der Pforte saß damals noch die Oma.

John-Scarmann

Herr der Rosen: John Scarman, Rosenzüchter aus England, bringt Kurs­teilnehmern die Kunst des englischen Gärtnerns nahe.

Ein Fest für die Rose

„Plötzlich kamen ganz viele Menschen“, erinnert sich Körner, „die Resonanz hat uns total überrascht.“ Und so wurde die Parkanlage nach und nach immer größer und zog mit Gärtnerei, Laden, Restaurant sowie Bed & Breakfast immer mehr Besucher an: Um die 50.000 sind es derzeit jährlich. Das Team besteht inzwischen aus 20 Festangestellten und 20 Aushilfen, in Spitzenzeiten können es bis zu 40 Aushilfen sein. Allerdings sei es nicht ganz einfach, Personal zu finden, so die Garten-Chefin. Ettenbühl liege zwar wunderschön, aber eben auch ab vom Schuss. Wegen des romantischen Ambientes kann das Anwesen auch für private Feiern genutzt werden – „Hochzeiten in Ettenbühl sind sehr beliebt“ –, hinzu kommen Kurse für Hobbygärtner wie etwa „Traditional English Gardening mit John Scarman“, die meist sehr schnell ausgebucht sind. Shakespeare’s „Hamlet“ als Open Air im Sommer, das Chorfestival mit 30 Chören im September und natürlich das Rosenfest Anfang Juni mit Gartenführungen und Workshops gehören zu den Höhepunkten des Jahres.

Klingt romantisch, ist es aber nicht immer, weiß die Geschäftsführerin. Heftige Hagelschauer hätten ihnen in den vergangenen Jahren ebenso zu schaffen gemacht wie die zunehmend trockenen Sommer. Inzwischen biete die Gärtnerei nur noch resistente und robustere Rosensorten an, erzählt die Geschäftsführerin, doch 1000 Rosentöpfe wollen, wie der Rest des Gartens, natürlich bewässert werden. „Sobald an heißen Sommertagen abends die Dämmerung einsetzt, laufen bei uns kontinuierlich die Sprenger.“ Um mehr Regenwasser auffangen zu können, möchte Körner einen Natursee, „eine Art großes Überlaufbecken“, anlegen. Bis zum Rosenfest soll neben dem großen Hainbuchenlabyrinth außerdem ein Naturspielgarten entstehen; beides frei zugänglich, das sei gerade für junge Familien wichtig, betont sie.

Ebenso wichtig ist ihr das Thema Umweltschutz. „Wir düngen und spritzen ausschließlich organisch – schließlich sind die Gärten auch Rückzugsort vieler Tierarten.“ Neben drei Bienenvölkern, die extra angesiedelt wurden, wohnen in dem grünen Paradies Igel, Nattern, verschiedene Eidechsen, Feuersalamander, zahllose Vögel – die mit Brut- und Nistkästen unterstützt werden –, Eichhörnchen, „ungebetene Rehe, die gerne die Pflanzen anknabbern“, Schmetterlinge, Käfer, Landhaushund Kauri sowie ein roter Kater namens Kater. Die fantasievollen Namen sind hier den Rosen vorbehalten – schließlich spielen sie ja auch die Hauptrolle …

Info

Landhaus Ettenbühl
79415 Bad Bellingen-Hertingen
Tel.: 0 76 35/82 79 70
www.landhaus-ettenbuehl.de

Garten Open Air:
Shakespeare’s „Hamlet“ mit Bernd Lafrenz
Fr., 26. Juli, 19 Uhr

Fotos: © Landhaus Ettenbühl