Beyeler zeigt Werke Edward Hoppers und eine filmische Hommage von Wim Wenders Kultur | 20.02.2020 | Arwen Stock

© Picture Alliance (Ennio Leanza) Keystone dpa

Kaum ein anderer amerikanischer Maler ist so bekannt und gleichzeitig so unbekannt wie Edward Hopper. Die Fondation Beyeler in Basel-Riehen zeigt bis 17. Mai die erste Ausstellung mit Bildern des Künstlers in der Schweiz. Und es ist die erste, die seine ikonischen Landschaftsbilder in den Mittelpunkt rückt.

Fenster ohne Glas, Telegrafenmasten ohne Leitungen, ein Leuchtturm ohne Meer – Edward Hopper fängt in seinen Bildern oft das Verborgene ein, ohne es zu zeigen. So auch in „Cape Ann Granite“ aus dem Jahr 1928: Granitfelsen türmen sich an einem Abhang, werfen Schatten auf eine lichte grüne Wiese, versperren die Sicht auf das Meer, das im rechten Bildrand kaum zu erahnen ist.

„Hopper bricht mit der Tradition“, kommentiert Kurator Ulf Küster das Bild, mit dessen Dauerleihgabe der Rockefeller-Sammlung die Idee zur Ausstellung von Hoppers Landschaften kam. Es zeigt die Verweigerung des Künstlers, dem Betrachter darin die Aussicht zu eröffnen. Diese ist in der typischen Landschaftsmalerei zentral und wird meist flankiert von einem Felsen am einen und einem Baum am anderen Bildrand. Nicht so bei Hopper: Der Künstler suggeriert in seinen Bildern vielmehr das, was nicht sichtbar ist, sich außerhalb der Darstellung ereignet und die Fantasie des Betrachters beflügelt – manchmal mit einem leisen Grauen, weil der Betrachter die Szenen weiterdenkt.

Hopper war laut Küster ein extrem schüchterner und extrem großer Mann. 1882 geboren, verdiente er sich nach dem Studium an der New York School of Art seinen Lebensunterhalt als Illustrator, bis er sich als Künstler etabliert hatte. Noch zu Lebzeiten wurde er zu einem der bekanntesten Maler Amerikas, dem neben zahlreichen Ehrungen sowie Time-Magazin-Titeln auch diverse – Ausstellungen in Museen und auf der Biennale in Venedig gewidmet wurden. Heute gilt Hopper als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Nur 366 Gemälde hat Hopper bis zu seinem Tod 1967 gefertigt. Kurator Küster konnte auf zwei Roadtrips in den USA teils auch sehr selten gezeigte Bilder aus Privatsammlungen für die Schau leihen. Mit 65 Werken ist die Riehener Ausstellung „größer und schöner geworden als erhofft “, betont Samuel Keller, Direktor der Fondation Beyeler. Alle Aspekte von Hoppers Malerei, auch seine Zeichnungen und Radierungen, sind zu sehen.

Ikone der Ausstellung ist das farbintensive Ölgemälde „Railroad Sunset“ von 1929, ein Eisenbahngleis vor einem Sonnenuntergang. In vielen seiner Werke spiegelt Hopper den amerikanischen Traum, ohne die dunklen Seiten auszublenden. Und erschafft damit Zeitzeugnisse des modernen Amerika.  In einem Brief äußerte sich Hopper ein seltenes Mal über sein Malen: „Mein Ziel ist es immer gewesen, von den Gefühlen und Empfindungen ausgehend, die mir die Natur einflößt, meine innersten Wahrnehmungen von einem Sujet, welches das intensivste Gefühl in mir auslöst, auf die Leinwand zu bringen.“ Doch bis zur Findung solcher Motive war es für den belesenen Künstler, der Deutsch sprach und immer ein Goethe-Zitat bei sich trug, oft ein langes Ringen. Dann flüchtete er sich ins Kino.

 

Zeitzeugnisse des modernen Amerika

 

Die filmischen Einflüsse sind in Hoppers Werk teils deutlich sichtbar, im Spiel mit Licht und Schatten, in seinen Perspektiven, im Sichtbaren und Unsichtbaren. Sein wohl berühmtestes Werk „Nighthawks“, die Barszene der Nachtschwärmer, scheint direkt einem Hollywoodfilm entsprungen. Doch Küster und Keller haben einen anderen Fokus für diese Hopper-Ausstellung gewählt, dieses bekannte Werk nicht angefragt.

Dafür einen anderen Meilenstein seiner Landschaftsmalerei: „Gas“ von 1940. Das Gemälde zeigt eine einsame Tankstellen-Szene vor einem düsteren Wald. Und ist Ausgangspunkt des 14-minütigen 3D-Films, den Kult-Filmemacher Wim Wenders als Hommage an den großen amerikanischen Künstler für die Schau gedreht hat. „Man kann von jedem Maler das Sehen lernen, aber von Hopper habe ich noch viel mehr gelernt“, betonte Wenders, der bei einem New-York-Besuch in den 1970er-Jahren dessen Werk für sich entdeckte. Genauso wie ganze Generationen von Filmemachern.

„Two or Three Things I know about Edward Hopper“ lautet der Titel des Wenders-Streifens. Gleich einer Parabel, vorsichtig, aber nicht zu viel erzählt der Filmemacher die Geschichte der Hopper-Werke weiter. Die Rechnung geht auf, Wenders kann in dem nur mit Musik unterlegten 3D-Film der gewaltigen Aura der meisterhaft gemalten Bilder gerecht werden. Und ergänzt so kongenial diese einzigartige Ausstellung.

 

Foto oben: © Picture Alliance (Ennio Leanza) Keystone dpa

Foto unten: © Road Movies – Wim Wenders, Hopper