Der Geist, der stets verneint: Faust-Wochenenden im Goetheanum in Dornach Kultur | 10.07.2020 | Erika Weisser

Faust Theaterfotos

Der Stoff ist 500 Jahre alt: Die Geschichte des Doktor Johann Faust und seines Pakts mit Mephisto gehört seit dem 16. Jahrhundert zu den bekanntesten Legenden der europäischen Literatur. Johann Wolfgang von Goethe beschäftigte sich mehrere Jahrzehnte damit; 1808 erschien „Faust.Der Tragödie erster Teil“, 1832 der zweite Teil. Auf der Bühne des Goetheanums in Dornach ist das Stück nun in einer Neuinszenierung zu sehen; die insgesamt neun Stunden dauernden Aufführungen sind jeweils über ein ganzes Wochenende verteilt und werden in Zusammenhang gestellt mit Vorträgen und Podiumsgesprächen zu aktuellen Themen.

Goethe, findet Stefan Hasler, Intendant am Goetheanum, „hat den Stoff ins Jetzt geholt“ und dabei „sogar das 21. Jahrhundert im Blick“. Denn „die Fragen der geistigen Entwicklung des Menschen in der Auseinandersetzung mit dem Bösen, mit den Abgründen in der biografischen Entwicklung sowie mit Krankheit und Tod“ seien heute so gültig wie vor 200 Jahren. Wie gültig, hat die Corona-Pandemie gezeigt, die zur Verschiebung des Premierentermins führte: Ursprünglich war die erste Aufführung samt Themenwochenende zu „Krisen, Abgründe und Entwicklung – Mensch und Medizin heute“ für den Juni geplant; sie findet nun vom 10. bis 12 Juli statt. Weitere Themen der Begleitprogramme sind „Faust macht Geld – wie wir Geschichte und Gesellschaft gestalten“ (17.–19. Juli) und „Was ist der Mensch?“ (24.–26. Juli).

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Faust und Mephisto: Auch heute aktuell

„Das, was auf der Bühne zu sehen sein wird, erleben wir jetzt in der Wirklichkeit“, ist Justus Wittich vom Vorstand des Goetheanums überzeugt. Regisseurin Andrea Pfaehler bestätigt ihn: Gerade während der zurückliegenden Wochen, in denen es oft um ganz existenzielle Fragen ging, habe sich gezeigt, dass der Faust noch immer die Realität spiegle und „wie zerbrechlich selbst größte Gewissheiten sind“. Doch habe die Arbeit das Ensemble auch gestärkt: „Die Unsicherheit von außen hat die Sicherheit im Ensemble herausgefordert, spielen zu wollen.“ Man darf also gespannt sein auf neun Stunden Faust – mit Zeit und Gelegenheit, mit anderen Besuchern über das Gesehene und die damit verbundenen Kernfragen zu sprechen. Eine weitere Aufführung ohne Begleitprogramm gibt es am 25. und 26. Oktober.

Info

www.faust.jetzt

Foto: © Lucia Hunziker