Erwartbar deprimierend: Serotonin als Buch-Tipp Kultur | 12.03.2019 | dob

Eine traurige Geschichte in Zeiten des abendländischen Libido-Verlustes. Eine Geschichte über den Mittvierziger Florent, einem ehemaligen EU-Bürokraten, der in einem so desolaten Zustand ist, dass er sich wie „das alternde, sterbende und sich vom Tod erfasst fühlende Tier ein Lager sucht, um sein Leben zu beschließen“.

Dies schreibt der große französische Melancholiker und Romantiker, manche sagen auch: Zyniker und Pornograph, Michel Houellebecq in seinem neuen Roman „Serotonin“ – einem erwartbar deprimierenden, aber überaus lesenswerten Buch.

Der Titel ist Programm, handelt es sich dabei doch um einen Wirkstoff, der in einem neuartigen, wunderbaren Antidepressivum steckt, der aber zugleich die Libido des alten weißen Mannes wie Florent auf Null setzt. Bleiben Zigaretten (möglichst viele und überall, auch in und gerade in Hotelzimmern) und Alkohol. Florents Leben zieht vorbei, die Einsamkeit tut selbst beim Lesen weh.

Da sind die Verflossenen: Kate, Claire, und Camille, ja, vor allem Camille. Da ist der Überdruss am Leben, am Fernsehprogramm, an der neoliberalen Gesellschaft, die alles zerstört, nicht zuletzt auch das Leben von Florents wohl einzigem Freund, dem streitbaren, traurigen Landwirt Aymeric. Es ist ein schmerzvoller Weg, den Florent da einschlägt. Einschlagen muss. 

Serotonin
von Michel Houellebecq
Verlag: Dumont, 2019
336 Seiten, gebunden
Preis: 24 Euro