Immer noch „bumsvoll“: Kabarett-Abende mit Emil Kultur | 04.01.2020 | Ralf Deckert

Emil

In den Siebzigern war er neben Loriot der unumstrittene Großmeister des Humors im deutschsprachigen Raum: Emil Steinberger, genannt Emil, Schweizer Kabarettist, Autor und Schauspieler. Heute, mit 86 Jahren, sorgt er noch immer für ausverkaufte Abende.

Emil Steinbergers Platten erzielten sechsstellige Verkaufszahlen, er führte zwei Kinos, baute ein Theater, ging auf Tour, arbeitete im Zirkus und drehte 1978 „Die Schweizermacher“, den bis heute erfolgreichsten Kinofilm der Schweiz. „Verrückte Jahre“ seien das gewesen, so Steinberger im Gespräch. „Irgendwann aber habe ich gespürt, dass ich beginne, mich zu kopieren“, weshalb er den Emil in den Achtzigern in den Ruhestand schickte.

1993 ging er nach New York, heiratete dort seine große Liebe Niccel und kehrte kurz vor der Jahrtausendwende zurück in die Schweiz. „Da hatten wir schon begonnen, Bücher zu schreiben“, erinnert Steinberger sich. „Und wie das so ist, kommen dann die Buchhändler und fragen, ob man eine Lesung machen will.“ Daraus sei dann das Kabarett-Programm „Drei Engel“ entstanden: „Die Lesungen wurden immer lustiger, und da hab ich mir gesagt, dann geh ich doch lieber auf die Bühne mit diesem sogenannten ungewollten Programm.“ Ohnehin habe er seine Karriere nie nach Plan in Angriff genommen, sondern die Dinge hätten sich „immer organisch“ entwickelt. „Wenn es reif ist, ist es gut!“

So sei es auch vor über sechs Jahren gewesen, als er in Luzern zum 80. Geburtstag ein „Merci-Programm“ für seine alten Fans aufgelegt habe. Alle Karten waren im Nu weg. Es folgten „Emil noch einmal“ und nun, seit April 2019, „Alles Emil, oder?!“, ein Programm, das er ausschließlich im heimelig klingenden Schweizer Dialekt auf die Bühne bringt. Eigentlich, so Steinberger, sei er heute gerade wieder so fleißig wie einst in den Siebzigern. „Wir arbeiten am Limit“ sagt er genussvoll und grinst dabei charmant. Die Frage, ob ihm die viele Arbeit Spaß macht, muss man ihm gar nicht erst stellen. Emil und Niccel Steinberger, die ihn auf der Bühne als „Service-Kraft“ unterstützt, sind eine Zwei-Personen-Firma, die Bücher verlegt und ihre eigenen Werbemittel entwirft. Niccel Steinberger ist zudem als Künstlerin, Coach und Autorin aktiv, wenn sie nicht gerade die Karriere ihres Mannes managt.

Emil Porträt

Zeitlos lustig: Kabarettist Emil

Wer Emil will, muss auf Zack sein

Dieser ist zwar mittlerweile 86 Jahre alt, auf der Bühne aber bewegt er sich wie ein Mittfünfziger: Er klettert scheinbar mühelos auf Stühle, um mit Wollkappe und Schneebrille als Hobby-Alpinist zu brillieren, und er springt behände aus dem Bett, um als schlafloser Nachbar zu überprüfen, wer denn da draußen mitten in der Nacht die Autotür zuschlägt: „Ein Citroën! Wem gehört denn da ein Citroën?“ Emil, der mit der heutigen Comedy-Szene – „Es ist eigentlich nur noch ein Mundwerk, schnell und aggressiv“ – genauso wenig am Hut hat wie mit missionarisch-politischem Kabarett, setzt auf spielerische Nuancen. Präzision im Schauspiel und der Clownerie prägen seinen Auftritt: Eine kleine Modulation der Stimme und ein gekonnter Wechsel in Ausdruck und Haltung genügen, schon steht statt des Conférenciers ein vermeintlicher werdender Vater vor dem Publikum – das sich zunehmend verjüngt, wie Steinberger mit Genugtuung betont.

Klassische Sketche wie „Hardy“, der im Schlafzimmer der Eltern sein Moped repariert und mit dem er einst die antiautoritäre Erziehung verballhornte, sind bis heute unverändert treffend: „Es sind ja alles Nummern mit menschlichen Attributen: Schwächen, Ehrgeiz, Bluffs, Dummheit, alles, was in unserer Menschheit existiert“, so der Kabarettist. Es dauere lang, bis solche Sachen sich verändern, daher seien viele seiner alten Nummern auch so zeitlos. Allerdings hat Steinberger manche seiner Klassiker für sein aktuelles Programm überarbeitet: Der „Rennfahrer Hugi“ beispielsweise hat an sein Batteriemobil einen Hänger mit zwei Rasenmäher-Motoren montiert, damit seine Fans ihn auch hören, wenn er unterwegs ist. Andere Sketche, wie der vom futterneidischen Feinschmecker, der seinem Tischnachbarn das Essen vom Teller stibitzt, bleiben unverändert. Und zünden beim Publikum heute noch so gut wie vor mehr als 40 Jahren: Wer Emil-Karten will, muss auf Zack sein, denn mit den Theatern, in denen er spielt, ist es wie mit den Feinschmecker-Beizen: „Es ist immer bumsvoll.“

Info

„Alles Emil, oder?!“
von und mit Emil Steinberger
Samstag, 14.3., 19.30 Uhr
Sonntag, 15.3., 17 Uhr
Gloria Theater, Bad Säckingen
Weitere Termine:
www.emil.ch

Fotos: © Ursula Hersperger, Stefanie Salzer-Deckert