»Eine regionale Superfrucht« Wie Haferanbau in der Region Milchersatzprodukte noch nachhaltiger machen kann business im Breisgau | 28.05.2022 | Katharina Thoma

Andreas Helm Andreas Helm: Er liked Velike und Haferdrinks

Immer mehr Menschen in Deutschland entscheiden sich zugunsten des Umweltschutzes und des Tierwohls für vegane Milchalternativen. Produkte wie Hafer-, Soja-, Reis- und Mandeldrinks schneiden je nach Rohstoffart und -herkunft in puncto Nachhaltigkeit allerdings unterschiedlich ab.

Zwischen 2018 und 2020 hat sich der Absatz von pflanzlichen Milchprodukten im deutschen Lebensmitteleinzelhandel verdoppelt. Der Trend der veganen Milchalternativen soll Prognosen zufolge nicht abreißen. Viele Konsument·innen ernähren sich nicht ausschließlich vegan, sondern nutzen pflanzliche Alternativen als Ergänzung zu tierischen Milchprodukten. Das zeigen Zahlen des Marktanalyse-Unternehmens Statista. 

Die Drogeriekette dm bietet seit 2002 Milchersatzprodukte an. Die Strategie macht sich bezahlt: „In unserem Sortiment entwickeln sich Milchersatzprodukte überdurchschnittlich gut“, bestätigt dm-Geschäftsführerin Kerstin Erbe. Vegane Produkte machen drei Viertel der Eigenmarke dmBio aus. Damit begegnet das Unternehmen dem Interesse an pflanzlichen Alternativen, das in Freiburger dm-Märkten überdurchschnittlich hoch sei.

Umfragen zufolge werden Milchprodukte am häufigsten aus Gründen des Umwelt-, Klima- und Tierschutzes vermieden. Bei der Betrachtung von Faktoren wie CO2-Emissionen, Wasserverbrauch und Auswirkungen auf das lokale Ökosystem sind pflanzliche Alternativen meist nachhaltiger als Kuhmilch, wie der WDR aus einer Oxford-Studie berichtet. Doch die Basisprodukte unterscheiden sich teils deutlich: So liegt der Wasserverbrauch von Mandel- und Reisdrinks sogar über dem der Kuhmilch, während Hafer- und Sojaprodukte ihn um ein Vielfaches unterbieten. Außerdem müssen einige Rohstoffe importiert werden, was die Umwelt stärker belastet.   

Antonihof Bad DÅrrheim: zwei Hände mit Hafer

„Warum einen veganen Drink aus skandinavischen oder sogar kalifornischen Rohstoffen kaufen und nicht den, der aus der Region kommt?“, fragt Andreas Helm, Geschäftsleiter der Black Forest Nature GmbH. Seit März 2020 bietet die Tochter der Schwarzwaldmilch GmbH Freiburg mit den Velike!-Milchersatzprodukten aus Bioland-Hafer aus dem Schwarzwald und angrenzenden Regionen eine Alternative. „Hafer ist eine regionale, traditionelle Superfrucht“, schwärmt Helm. Gemahlen wird der Hafer in Lahr, der Drink entsteht in Offenburg, abgefüllt wird das Produkt in Freiburg. Mit Hafer-Milchersatzprodukten im umweltschonenden Mehrwegglas sei Velike! Vorreiter in Deutschland. „Velike!-Produkte haben einen geringeren CO2-Fußabdruck als vergleichbare Produkte mit deutlich längeren Transportwegen”, so der Geschäftsleiter.

Dafür müssen Kund•innen tiefer in die Tasche greifen: 2,49 Euro kostet der Haferdrink natur im Glas oder 2,29 Euro im Getränkekarton. „Unsere Flexibilität ist aufgrund unserer regionalen Herkunftsgarantie bei der Hafer-Beschaffung geringer als bei einem Konzern wie beispielsweise Oatly, der sich den Anbieter mit dem niedrigsten Preis suchen kann”, erklärt Helm. Durch die Bioland-Preisstruktur und weitere Zuschläge zahle die GmbH überdurchschnittliche Haferpreise an die Bauern. Die Produkte im Glas brächten zudem einen höheren Logistik-Aufwand mit sich.

Dennoch: Zu Beginn sei die Nachfrage so hoch gewesen, dass sie mit der kalkulierten Hafermenge gar nicht habe bedient werden können. Im ersten Jahr hätten sich die Absatzzahlen im Vergleich zur Ursprungsplanung verdreifacht, im Folgejahr hätten die Absätze verdoppelt werden können. Spitzenreiter ist der Haferdrink natur. Die Zahl der pro Jahr verkauften Liter Haferdrink liege im mittleren einstelligen Millionenbereich, mit wachsender Tendenz. Demnächst soll das Velike!-Sortiment um To-goProdukte erweitert werden, gefolgt von weiteren Produktneuheiten in diesem Herbst. Details will der Geschäftsleiter noch nicht verraten.

Die Milchbranche spürt den Vegan-Trend. Bereits jetzt geriete der Gesamtmarkt in Bezug auf die Abnahme­mengen unter Druck, stellt Helm fest: „Da stellt sich die Frage: Spielt man bei diesem Spiel mit oder schaut man nur zu und sieht die Marktanteile wegschwimmen?“ Vegane Alternativen würden Milchprodukte aber nie komplett ablösen, prognostiziert der 45-Jährige. „Es wird ein sich ergänzendes Nebeneinander geben.“