»Hype hat gefehlt«: Veganem Laden »Venoi« droht Insolvenz – wie schon dem »Blattwerk« Ernährung | 25.05.2024 | Till Neumann

Arbeitet aktuell für fünf Euro die Stunde: Jesko Treiber vom Venoi

Vegan ist angesagt? Jein müsste man sagen mit Blick auf Freiburger Vegan-Hotspots. Das Restaurant „Blattwerk“ hat im vergangenen Dezember geschlossen. Der Laden „Venoi“ versucht sich nun mit einem Crowdfunding zu retten. Dafür hat sich ein Verein gegründet.

Blattwerk ist gescheitert

Blattwerk-Chef: Sebastian Hatzenbühler

Rund 14 Monate hatte Freiburgs einziges rein veganes Res­taurant offen. Das „Blattwerk“ im Rieselfeld ist Geschichte. Betreiber Sebastian Hatzenbühler hat es vor allem wegen Personalmangel geschlossen. Hinzu kommt, dass sein Konzept nicht den erhofften Run ausgelöst hat. „Der Laden wurde gut angenommen“, erzählt Hatzenbühler. Doch vor allem das jüngere Publikum machte sich rar. „Mir hat der Hype gefehlt“, sagt der 33-Jährige. Er vermutet: „In Berlin wäre das Blattwerk wahrscheinlich krasser angenommen worden.“ In Freiburg müsse man richtig was tun, damit die Leute auf einen aufmerksam werden.

Davon kann auch Jesko Treiber ein Lied singen. Er ist einer der Betreiber des veganen Ladens Venoi. Seit März 2023 bietet das Team an der Kronenstraße Pflanzliches an. Schon rund ein Jahr später droht die Insolvenz. „Wir sind stark an der Kante“, sagt der 24-Jährige. Rechnungen für bestellte Ware könnten nur gerade so noch bezahlt werden. Er und sein Kollege Lukas Nick arbeiteten daher für nur fünf Euro die Stunde im Venoi. „Weniger geht nicht mehr.“

Ein Bild vom Innenraum von Venoi.

Gemütlich: Auch Kaffeetrinken oder Frühstücken ist im „Venoi“ möglich.

„Veganes gewinnt an Zuspruch“

Rund 200.000 Euro haben sie zum Start investiert. In der Hochphase der Inflation lief der Umsatz schleppend. Derzeit liegt er bei 12.000 bis 15.000 Euro im Monat. Mindestens 20.000 müssten es sein, um durchzukommen. Hauptproblem sind die geringen Margen, da sie viel höhere Kosten hätten als Big-Player-Supermärkte. Im April haben sie daher ein Crowdfunding gestartet: Es soll bis Ende Mai 20.000 Euro in die Kasse spülen. Oder besser: Menschen motivieren, bei Venoi einzukaufen. „Nur so könnten wir überleben“, sagt Treiber.

Zwei Prozent der Deutschen leben vegan. Doch am Sinn des Projekts zweifelt er nicht. „Veganes gewinnt an Zuspruch“, sagt der Venoi-Chef. Es brauche einen Ort als Treffpunkt und zur Sensibilisierung. Mit einem kleinen hübschen Café im Laden und Events möchten sie Vernetzungsmöglichkeiten bieten. Und sich möglicherweise auch von einigen Produkten verabschieden. „Vegane Käse- und Fleischalternativen an der Frischetheke sind die Topseller“, sagt Treiber. Dinge, die es woanders weniger gibt – oder die man bei ihnen probieren kann. Darauf möchten sie sich konzentrieren.

Zusätzlich soll ein Online-Shop entstehen, um mehr Menschen zu erreichen. Schließlich sei das Angebot selten. Zwischenzeitlich sei Venoi wohl Deutschlands einziger veganer Laden gewesen, so Treiber. Darauf ist das Team stolz. Und möchte retten, was zu retten ist. Auch mit frischen Ideen: Kürzlich ist ein veganes Samstag-Frühstück gestartet. Im Sommer soll es vegane Picknickkörbe für die Dreisam geben.

Liegt an der Kronenstraße und setzt auf Pflanzliches: der Venoi

„Unglaubliches Pech“

Zudem ist das Venoi-Team Teil des neuen Vereins „Vegan Freiburg“. Auch Hatzenbühler mischt dort mit. Im Sommer wollen sie ein veganes Festival auf dem Platz der Alten Synagoge veranstalten. Dann dürfte auch Wolfgang Reuter nicht fehlen. Der Leiter der Freiburger veganen Kochschule „Aubergine“ hat kürzlich den veganen Käse „Cwasare“ kreiert. Für ihn hat der Vegan-Trend zwei Seiten: „Wir finden es fantastisch, dass kein Segment in der Lebensmittelbranche so stark wächst.“ Auf der anderen Seite führe Massenproduktion zu Preisen, die es kleinen Betrieben schwer machen. „Dann kam Corona dazwischen und dann die allgemeine Kaufzurückhaltung – unglaubliches Pech.“

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Fotos: Till Neumann & privat

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