„Wir sind keine Klischee-Ökos“: Das Freiwillige Ökologische Jahr im Dienst der Umwelt Job & Karriere | 03.02.2019 | Philip Thomas

Neben FSJ und Bundesfreiwilligendienst gibt es für junge Leute noch eine Möglichkeit, sich sozial zu engagieren: das Freiwillige Ökologische Jahr. Gegründet 1986, zur Zeit der Tschernobyl-Katastrophe und nicht mehr zu übersehendem Waldsterben, scheint dieser Dienst wichtiger denn je.

Rund 3000 Freiwillige entscheiden sich jährlich dafür. So auch Marlene und Alexandra, die derzeit im WaldHaus Freiburg mitmischen.

„Wir versuchen Probleme zu lösen und im Kleinen das Große zu verändern“, sagt Dirk Hennig, Vorsitzender des Verbandes Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Von der Forschung bis zur Landwirtschaft decken die Träger ein breites Spektrum zur Weltverbesserung ab und suchen vor allem motivierte Teilnehmer. „Viele wollen etwas verändern und nach der Schule etwas Praktisches machen“, sagt Hennig. Bei den Freiwilligen handle es sich um einen bunten Haufen, der noch nicht nach Milieus sortiert sei.

„Wir sind keine Klischee-Ökos, uns verbindet der Gedanke, dass es so nicht ­weitergeht und wir etwas verändern müssen“, sagt der 47-Jährige. Dazu dienen Projekte wie das Anlegen von Wildblumenwiesen, Müllsammelaktionen sowie die Organisation von Grünrockfestivals und Protesten. Dabei geht es dem Pädagogen auch um den Aha-Effekt: „Bei uns lernen junge Menschen, dass man nicht ohnmächtig ist.“ Neben dem Schatz an Erfahrungen stapeln sich in den zwölf Monaten weltliche Reichtümer weniger hoch: Als kleine Anerkennung für das Engagement gibt es ein Taschengeld von 180 Euro im Monat. Es kann je nach Wohnsituation und Verpflegung noch steigen.

Bringen Schulklassen die Natur näher: Marlene Raab (links) und Alexandra Demel.

Auch Marlene Raab und Alexandra Demel haben sich direkt über die Homepage der Umweltbildungsstätte WaldHaus in Freiburg auf einen der bundesweit 3000 Plätze fürs FÖJ beworben. Voraussetzung war, zwischen 16 und 27 Jahre alt zu sein. Ein Vorstellungsgespräch später konnten beide bei ihrer Wunschstelle antreten. Los ging’s im Spätsommer.

Ursprünglich bewarb sich Alexandra, um ihre Uni-Bewerbung aufzubessern. Nach einigen Monaten als Freiwillige möchte sie ihre Stelle nicht mehr missen: „Ich bin wirklich positiv überrascht.“ Besonders gefällt ihr, dass es sich bei der Bio-Bildungsstätte nicht um einen klassischen Bürojob handelt: „Wir sind oft draußen und lernen dort viel.“ Umweltpädagogik im Wald mit Kindern – das macht ihr Spaß. Zum Beispiel, wenn die 18-Jährige mit Schulklassen Insektenhotels baut: „Kinder freuen sich, wenn sie mal einen Schrauber in die Hand bekommen und nichts auswendig lernen müssen.“

Auch Marlene ist bei ihrem Träger knapp 40 Stunden in der Woche fest eingespannt: Ausstellungen zum Klimawandel und Umweltschutz, Werkstattbau sowie Vorträge stehen bei ihr ebenso auf dem Programm wie Wanderungen. „Ein FÖJ ist kein Praktikum“, bestätigt Hennig. Neben ihrem Einsatz in den Einrichtungen besuchen die FÖJ-ler im Jahr fünf Wochenseminare, die von den Freiwilligen in festen Gruppen selbst gestaltet werden. „Wir haben uns gefragt, was ist uns wichtig?“, sagt Marlene, die sich im Seminar mit solidarischer Landwirtschaft beschäftigt hat. „Das ist kein Biologieunterricht, sondern eine kontroverse Auseinandersetzung mit aktuellen Themen“, bestätigt Hennig. Auch Demel sagt diese Bildungs-form zu: „Die Atmosphäre ist toll und man lernt dort viel.“

Einen typischen Tagesablauf haben die beiden nicht. „Man muss sich selbst drum kümmern“, sagt Marlene, „wie das Jahr läuft, hängt von der eigenen Initiative ab.“ Im Gegensatz zu anderen Diensten wie dem Bundesfreiwilligendienst stehe im FÖJ die Eigenständigkeit jedes Einzelnen besonders im Vordergrund. „Unsere Bildungsarbeit greift Interesse und Neugier auf. Viel zu oft bekommen junge Menschen Antworten auf nie gestellte Fragen“, so Hennig. Diese Eigenständigkeit spiegelt sich auch im Logo des Dachverbandes wider: einer Pusteblume: „Das Wappen ist von Teilnehmern selber gestaltet worden“, erklärt Hennig. Der ­Gedanke dahinter: Ideen werden wie kleine Fallschirme in die Welt hinausgetragen.

Fotos: © Regine Peschers; Alexandra Demel; Marlene Raab