Duale Ausbildung und Homeoffice – Präsenzpflicht im Betrieb wird aufgeweicht Job & Karriere | 05.10.2023 | Till Neumann

Frau sitzt auf dem boden und schaut auf ihr Handy. Außer Haus: Auszubildende können jetzt auch zuhause oder unterwegs lernen - wenn die Arbeitgeber*innen es erlauben.

Dürfen Menschen in einer dualen Berufsausbildung auch im Homeoffice oder mobil arbeiten und lernen? Darüber bestand bislang Unsicherheit. Denn laut Paragraph 14 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) hat das Ausbildungspersonal die Auszubildenden in der Ausbildungsstätte ordnungsgemäß anzuleiten und die Arbeitsergebnisse zu kontrollieren. Doch eine Änderung ist nun möglich.

Mit der zunehmenden Digitalisierung und den massiven Folgen der Pandemie ist der Anspruch einer Präsenzpflicht für Azubis nicht mehr aufrechtzuerhalten. Daher hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) eine entsprechende Empfehlung verabschiedet. Sie ergänzt die duale Berufsausbildung in Präsenz durch planmäßiges „Mobiles Ausbilden und Lernen“.

In der Empfehlung betont der BIBB-Hauptausschuss, dass die duale Berufsausbildung auch weiterhin grundsätzlich in Präsenz stattfinden solle. Das könne aber durch Formen des mobilen Ausbildens und Lernens unmittelbar und gut unterstützt werden. Eine Pflicht des Betriebes, mobile Ausbildung anzubieten, und einen Anspruch der Auszubildenden auf mobile Ausbildung gebe es nicht.

Entscheidet sich ein Betrieb, in der Ausbildung mobiles Ausbilden und Lernen anzubieten, so weist der BIBB-Hauptausschuss unter anderem darauf hin, dass neben der Eignung der Auszubildenden die erforderlichen Lehrmittel und die Kompetenzen des Ausbildungspersonals sicherzustellen seien. Auch die technische Infrastruktur liege im Verantwortungsbereich der Betriebe. Der müsse zudem dafür Sorge tragen, dass die gesetzlichen und betrieblichen Vorschriften zum Datenschutz und zur Datensicherheit bekannt sind und beachtet werden.

Mobiles Ausbilden, so die Empfehlung weiter, soll durch regelmäßige persönliche Gespräche zwischen dem Ausbildungspersonal und den Auszubildenden begleitet werden. Sowohl virtuell als auch in Präsenz. Zudem seien klare Absprachen zur Erreichbarkeit zu treffen. Während der Probe- und Einarbeitungszeit soll möglichst nicht mit mobilem Ausbilden begonnen werden.

BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser begrüßt die neue Empfehlung. „Mit ihrer Umsetzung können die Unternehmen dort, wo es möglich ist, und unter Einhaltung klarer Absprachen und Regelungen ihre duale Ausbildung noch besser an die betrieblichen Erfordernisse und Prozessabläufe anpassen.“

Zudem bedeute die Neuerung einen Attraktivitätsschub für die berufliche Bildung. Denn so komme man den Wünschen vieler Auszubildender entgegen. Nicht zuletzt würden Auszubildende besser auf das vorbereitet, was sie später als Fachkraft in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt beherrschen müssten.

Esser möchte die Neuerung selbst nutzen: „Als engagierter Ausbildungsbetrieb wird das Bundesinstitut für Berufsbildung die Empfehlung des BIBB-Hauptausschusses umsetzen und das neue Format ‚Mobiles Ausbilden und Lernen‘ zum 1. August 2023 einführen.“

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