Gelbes Gold: Bei der Safranernte in der REGIO GASTRO & GUSTO | 13.11.2019 | Philip Thomas

Krokus

Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Der exotische Krokus gedeiht nicht nur in Spanien oder Iran – auch im Markgräflerland, inmitten von Maisfeldern, wachsen die edlen Fäden. Trotz Beeten voller Blüten – um Scheine geht es ihrem Anbauer nicht.

Rainer Czeczor hat seinen Strohhut tief ins Gesicht gezogen. Die oberen beiden Knöpfe am Hemd sind an diesem sonnigen Herbsttag geöffnet, die Ärmel hochgekrempelt. Es gibt viel zu tun. „Noch bis spät in die Nacht“, betont der 71-Jährige und zupft ein paar leuchtend lilafarbene Blätter an goldgelben Fäden aus dem Blumenteppich und legt sie vorsichtig in einen kleinen Bastkorb. In den nächsten Tagen müssen die Krokusse vor dem Schwarzwaldpanorama geerntet werden. Statt im Frühling, blüht Safran im Herbst.

Vor sechs Jahren hat der gelernte Maschinenschlosser das erste Mal die orientalischen Blüten zwischen den Feldern eines befreundeten Landwirts angebaut. „Das war ein Experiment“, erinnert er sich an die Anfänge mit rund 1000 Knollen. „Davon sind erst mal nur 80 gekommen, aber man lernt jedes Jahr dazu.“ Bis zu 20.000 Knollen stecken in dem knapp 140 Quadratmeter großen Feld. Vor der Ernte stand allerdings erst mal die Recherche: „Ich habe mich schlau gemacht und ausprobiert. Learning by doing.“

Krokus

Zahlenspiel: Jede Blüte enthält drei Fäden.

In Südbaden sei er der Einzige, der mit Safran experimentiere und den nötigen Mut aufbringe: „Die meisten Leute sind nicht risikofreudig“, findet er. Dabei sei das Klima in der REGIO für das Gewürz eigentlich optimal: „Hier ist es fast mediterran, und wo Wein wächst, wächst auch Safran.“ Der ganzen Exklusivität zum Trotz sei das Gewächs sehr genügsam. Gießen musste Czeczor selbst während der Trockenzeit in diesem Sommer nicht. Neben starker Hitze und Trockenheit verträgt die Pflanze auch mal Minusgrade im zweistelligen Bereich.

Zu schaffen machen den Krokussen nur Wühlmäuse und Schnecken. „Die wollen eben auch leben“, kommentiert Czeczor die nächtlichen Feldbesucher. Fingerspitzengefühl war auch bei der richtigen Wachstumshilfe gefragt. „Nun habe ich die richtige Zusammenstellung“, sagt der Rentner, der sich dafür Hilfe von einem studierten Landwirt geholt hat. Alles natürliche Inhaltsstoffe. Chemie komme ihm nicht aufs Beet.

100 Gramm im Jahr

Bis zu 25 Euro bekommt Czeczor für ein Gramm Safran. „Das sind 200 Blüten oder 600 Fäden“, rechnet er. Das Gewürz sei auch deswegen so wertvoll, weil Ernte und
Verarbeitung so aufwendig sind: „Zupfen und trocknen, das ist alles Handarbeit.“ Wie viele Stunden in seinen Stängeln stecken, könne er nicht genau sagen. „Viele, viele“, lacht er. Geld spiele dabei kaum eine Rolle: „Ich freue mich vielmehr riesig über die Pflanzen.“ Mit den Blüten ginge ihm im Herbst immer auch das Herz auf. Dieses Jahr rechnet er mit insgesamt 100 Gramm Ernte. Trotz dieser Ausbeute bleibe der Anbau bloß ein Hobby.

Andere schlagen aus der edlen Pflanze mehr Profit – wenn nötig illegal. Wie bei teuren Gemälden oder Banknoten sind auch bei Safran Fälschungen, beispielsweise aus Kurkuma, im Umlauf. Ob es sich um echten Crocus Sativus handelt, lässt mit einem einfachen Trick herausfinden, auf den Gewürzhändler schon seit Hunderten von Jahren vertrauen: Vermischt man Safran mit Natronlauge, wird die Lösung gelb. Verfärbt sich die Substanz jedoch rot, handelt es sich um eine Imitation.

Krokus Gärtner

Echte Handarbeit: Rentner Rainer Czeczor bei der Ernte.

Czeczors echte Fäden werden noch bis Weihnachten im Dunkeln trocknen. Erst dann entfalten sie ihren charakteristischen Geruch und den einzigartigen Geschmack. „Safran riecht rauchig, ist auf der Zunge leicht bitter“, erklärt der Experte. Verwendung finden die dann im trockenen Zustand roten Fäden ganz klassisch in Reisgerichten, aber auch in klinischen Studien zur Depressionsbekämpfung.

Wo sein Safran letztendlich zum Einsatz kommt, kann Czeczors jetzt noch nicht sagen. Noch heute will er alle verbleibenden, nur wenige Zentimeter langen Fäden ernten. Für eine ausgiebige Pause im Liegestuhl vor dem Schwarzwaldpanorama bleibt an einem solch schönen Tag keine Zeit. Einen Moment des Innehaltens erlaubt sich der Hobby-Gärtner allerdings schon. In der Kürze liegt die Würze.

Foto: © Philip Thomas