Rein pflanzlich: die vegane Küche des „Tabula Rasa“ in Colmar GASTRO & GUSTO | 09.10.2021 | Paulina Flad

Tabula Rasa von innen

Regional, saisonal, pflanzlich – das haben die Gerichte des Tabula Rasa gemeinsam. Köchin Lisseth Léon überrascht ihre Gäste hier mit veganen Variationen der elsässischen Gastronomie.

Mit ihrem veganen Restaurant „Tabula Rasa“ will Lisseth Léon reinen Tisch machen und mit Vorurteilen gegenüber rein pflanzlicher Kost aufräumen. Sie serviert weder Fleisch noch Fisch und auch sonst keine Lebensmittel tierischer Herkunft. Die vegane Köchin ist überzeugt, dass es gutes, sättigendes Essen auch ohne Fleisch gibt: „Es ist möglich, eine komplette Mahlzeit aus rein pflanzlichen Lebensmitteln zusammenzustellen.“ 

Das Tabula Rasa gibt es seit dem 11. März 2020. Eine Woche nach Eröffnung kam der erste Corona-Lockdown in Frankreich und das Lokal musste vorerst schließen. So richtig konnte es also erst im Mai losgehen, erklärt Lisseth Léon: „Während des ersten Lockdowns haben wir gar nicht gearbeitet, denn die Leute kannten das Tabula Rasa noch nicht.“ Ohne einen bestehenden Kundenstamm hätte sich ein Take-away-Angebot nicht gelohnt.

Tabula Rasa von außen

Klein aber fein: Gerade einmal 28 Personen haben im Restaurant und auf der Terrasse Platz.

Das hat sich mittlerweile geändert. Das Restaurant ist gut besucht und die Gäste sind vom veganen Essen positiv überrascht, freut sich die 49-jährige. Zur Bekanntheit des Restaurants haben neben sehr guten Google-Bewertungen auch soziale Medien wie Facebook, Instagram und Websites für vegane Küche beigetragen. Vor allem Touristen und Touristinnen sind so auf das kleine Lokal an der im Herzen von Colmar gelegenen Avenue de la République aufmerksam geworden.

Früher war Léon im Baugewerbe als Bauleiterin tätig. In der Küche ist sie Autodidaktin. „Ich habe schon immer gekocht.“ Zuerst mit Fleisch. Doch vor einigen Jahren hat sie angefangen immer weniger davon zu essen und sich für pflanzliche Küche zu interessieren. 

Seit 20 Jahren lebt die Venezuelerin in Frankreich. Anfangs in Paris, später zog sie mit ihrem Sohn nach Colmar. Léon störte, dass es, wie sie sagt, „keinen Ort in Colmar gab, an dem man ausschließlich pflanzlich essen konnte. Ich hatte es satt, dass keine Gerichte ohne tierische Bestandteile angeboten werden.“

Traditionelles modern interpretiert

Heute kocht sie typisch elsässische und französische Rezepte auf rein pflanzlicher Basis nach. Dafür bedient sie sich Gewürzen und Zubereitungsarten der asiatischen, afrikanischen oder auch südamerikanischen Küche. So können die Gäste bei Léon traditionelle französische Speisen aus einer neuen Perspektive entdecken.

Eine elsässische Spezialität, die Léon umgestaltet hat, ist die „Fleischschnacka“: Eiernudeln mit Fleischfüllung, die zu einer Schnecke gerollt werden. In der veganen Version besteht die Füllung aus einem Linsenmix und die Nudeln enthalten keine Eier. Meist kocht die 49-Jährige aber „au feeling“ und orientiert sich dabei an saisonalen Produkten.

Auf der Karte stehen drei Hauptgerichte, die sich mit den Jahreszeiten verändern: Buddha Bowl, Burger und Wochengericht. Die Grundlage bleibt dabei gleich. In der Buddha Bowl sind, so Léon, immer ein Getreide, eine Hülsenfrucht, fünf Gemüse und eine Frucht enthalten, die je nach Jahreszeit wechseln. Auch bei der Vorspeise und beim Dessert achtet die Köchin darauf, dass alles saisonal ist. So gibt es beispielsweise Tarte mit den Früchten, die gerade reif sind, sowie Crème brulée aus Süßkartoffeln und Kokosnussmilch oder einen Spinat-Pistazien-Kuchen.

Christian Servais und Lisseth Léon

Zweierteam: Während Lisseth Léon in der Küche werkelt, sorgt Christian Servais für den Service.

Ihre Zutaten kauft die Köchin in der Region, meist in Bio-Qualität. Wichtiger sind Léon aber kurze Wege und dass sie hinter dem, was sie verkauft, stehen kann: „Ich kann keine Produkte verkaufen, die ich nicht mag.“ Um sich ein Bild davon zu machen, wie die Ware hergestellt wird, besuche sie deshalb die regionalen Produzenten und treffe anschließend ihre Wahl. Die besten Produkte gibt es dann im Restaurant selbst, in einer kleinen Epicerie-Ecke, zu kaufen. Neben Marmelade, Wein und Rum aus dem Elsass verkauft Léon hier auch Fruchtsäfte aus eigener Herstellung. 

Die Deko passt zur Philosophie des Lokals. Pflanzentapete, bunt zusammengewürfelte Stühle und Tische vom Flohmarkt. Gemütlich und modern ist es. „Es soll der Eindruck entstehen, bei Freunden zu Gast zu sein“, so Léon. Bei der Dekoration unterstützte sie Christian Servais. Der ehemalige Computergrafiker hat seinen alten Job aufgegeben und bedient nun im Tabula Rasa. 

70 Quadratmeter misst das Restaurant. Es bietet Platz für 23 Gäste, 28, wenn man die Terrasse dazuzählt. „Nicht gerade riesig“, findet Léon. Ihr Plan ist es deshalb, größere Räumlichkeiten in Colmar zu finden, um die Gastronomie auszulagern. Das Tabula Rasa soll dann nur noch als Frühstücks- und Teestube dienen. Auch die Épicerie wird am selben Ort bleiben. Ende des Jahres soll ein Food Truck hinzukommen, mit dem Léon auf Märkten und Veranstaltungen ihre veganen Speisen unter die Menschen bringen will.

Info:

Tabula Rasa
Avenue de la République 22
68000 Colmar
Tel.: +33 (0)783287161
tabula-rasa-colmar.eatbu.com

Öffnungszeiten:
Di.–Sa. 11.30–21.30 Uhr

Fotos: © Paulina Flad