Stylisch und edel: Das „Schoellmanns“ in Offenburg GASTRO & GUSTO | 12.11.2019 | Arwen Stock

Schoellmanns Bar

Zufällig schneien ins „Schoellmanns“ nur die Schneeflocken rein. Dass Bar und Küche im vierten Stock dieses Offenburger Geschäfthauses so gut laufen, war für Willi Schöllmann und sein Team harte Arbeit. Doch die hat sich in jeder Hinsicht gelohnt.

Wer einmal „Dirty Dummies“ probiert hat, den lässt dieses kalorienvolle Dessert nicht mehr los. Ein Alptraum für jeden Zahnarzt und Aspiranten der Gewichtsreduktion, doch für diesen Zuckerrausch fahren viele mit dem Aufzug in den vierten Stock des Keilbach-Geschäftshauses im Zentrum Offenburgs. Bing. Die Fahrstuhltüre öffnet sich und man steht mitten im stylisch-edlen, aber doch gemütlichen „Schoellmanns“. Untertitel „Bar + Küche“.

Angenehme Elektromusik erfüllt den Raum. Den Youngsters am Tisch rechts wird gerade ein duftendes Club-Sandwich serviert. Auf dem Sofa links genießt ein älteres Paar Kaffee und Kuchen. Geradeaus breitet sich die Bar in fast voller Raumlänge aus. Doch egal ob vom Gastraum oder der Dachterrasse, da ist diese fantastische Aussicht: auf die Reben, den Schwarzwald, über die Dächer der Stadt. Und wenn sie serviert ist: auf die Nachspeise „Dirty Dummies“.

Schoellmanns Bar

Modern und zentral gelegen: Das „Schoellmanns“ hoch über den Dächern Offenburgs hält für jeden Geschmack etwas aus Bar und Küche bereit.

„Ja, bei den Desserts sind wir sehr stark“, schmunzelt der Inhaber Willi Schöllmann, angesprochen auf „Dirty Dummies“ aus selbst gemachtem ErdnussbutterEis, Banane und Kaiserschmarrn. Doch am meisten werde der „Brownie“ nachgefragt, weiß der 45-jährige Gastronom: „Es gibt Gäste, die wären richtig sauer, wenn wir eines dieser Desserts von der Karte nehmen würden.“ Ähnliches gilt für die Bistro-Klassiker der Schoellmanns-Karte – von frischen Austern im Topf bis Roastbeef oder Filetsteak mit frisch gemachter Remoulade, aufgeschlagener Sauce, Bratkartoffeln und grünen Bohnen. Neben dieser Auswahl und einem Lunch-Menü gibt es die aktuelle Tafel: Fast mannshoch wird sie für die Bestellung von Tisch zu Tisch geschoben. Saisonal passend sind dort in stetigem Wechsel rund acht Hauptgerichte, vier Vorspeisen, sechs Desserts aufgelistet.

Cocktails mit heimischen Bränden

Doch dass heute das Wort „Küche“ im Untertitel steht, ahnte anfangs keiner: Mit 15 Jahren hatte er begonnen, nebenbei in der Gastronomie zu jobben. An seinem 18. Geburtstag machte er sich selbstständig mit dem Café Kakadu. Durch „learning by doing“ kam 1997 seine erste Bar Red Lounge dazu. Bereits 1998 eröffnete Schöllmann eine Espressobar. 2003 übernahm er das Restaurant im Haus Zauberflöte, 2014 das ganze Haus mit Café, No-Label-Hotelbar und Zimmern.

Zum Schoellmanns kam er 2006 völlig unerwartet: Er stand mit seinem Freund auf dem Dach des alten Keilbach-Modehauses in Offenburgs Zentrum. Der Abriss war schon geplant, genauso wie die Errichtung des heutigen Geschäftshauses an selber Stelle. Da sagte sein Freund: „Willi, was meinst, sollen wir nicht eine Bar hier aufmachen?“ Per Handschlag wurde das Geschäft besiegelt. Für Schöllmann das erste Mal, dass er baute: Ein weiterer, vierter Stock des Geschäftshauses musste mit Architekt geplant werden. Die künftigen Barräume brauchten höhere Decken. Schließlich ging es an die Inneneinrichtung, die seiner eigenen Konzeption entstammt.

„Wir haben hier für die Barszene in der Region schon was bewegt und die Obstbrände wieder salonfähig gemacht“, erinnert sich Schöllmann an die ersten Cocktails mit heimischen Bränden, an die vielen, sehr guten Barchefs. Bis heute setzt sich mit Johannes Sorg die Tradition fort. 2012 wurde das Schoellmanns mit einem Mixology-Award, dem europaweit wichtigsten Preis der Barszene, ausgezeichnet. Nun war der Weg in die Liga der Kultbars wie dem „Schumanns“ in München beschritten. Vor vier Jahren gründete Schöllmann selbst dann den Black Forest Bar Cup, ein internationaler Wettbewerb um die besten Cocktails und Barfood-Speisen.

Willi Schoellmann beim Cocktail machen

Willi Schöllmann hat Cocktails mit heimischen Bränden in der Barszene salonfähig gemacht und damit als Gastronom deutschlandweit Bekanntheit erlangt.

Schöllmann macht gerne eigenwillige Sachen: Cocktails mit heimischen Bränden, regionale Weine und seit einigen Jahren gibt es auch Naturweine auf der Schoellmanns-Karte. Im Restaurantbereich setzt er ebenfalls auf Regionalität: Die Küche wird vom befreundeten Landwirt mit Eiern und Milch, vom einschlägig bekannten Endinger Metzger mit Fleisch und Wurstwaren, von Jägern dies- und jenseits des Rheins mit Wild beliefert. Küchenchef im Schoellmanns ist Marco Buchholz, seit acht Jahren dabei. Der Chef ist stolz: „Wir produzieren alles selbst.“ Alles auf der Karte und außerdem Brot, Brötchen, Kuchen, Marmelade bis zum Eis. Die selbst gemachte Limo liefere er sogar an andere Gastronomien.

Anfangs war das Schoellmanns mehr Bar-Club als Bar-Restaurant. Es wurde viel gefeiert. Dann sollte der Restaurantbereich unter der Woche stärker ausgelastet werden. Dass das Lokal heute so beliebt ist, sagt Schöllmann, „das haben wir uns erarbeitet“. Die Gäste sind zwischen 16 und 80 Jahre alt, mit Ausreißern nach oben und unten. Von Frühstück über Brunch, Lunch, Kaffee und Kuchen bis zum mehrgängigen Menü und Bar – das „Ganztageskonzept“ mit voller Karte und warmer Küche bis 23 und 24 Uhr scheint aufzugehen. Das Angebot wird zudem auch genutzt für Firmenfeiern und Gesellschaften. Insgesamt rund 70, in der Weihnachtszeit an die 100 Mitarbeiter sind für den rührigen Gastronomen in seinen Offenburger Gastronomien tätig. Im Schoellmanns haben innen 110 Gäste und auf der Dachterrasse noch mal 150 Gäste Platz.

Der wohl bekannteste Offenburger Gastronom brennt nach wie vor für den Beruf, schätzt die Vielfalt der Einblicke, die man nur in ganz wenigen anderen Berufen bekommt: „Mir geht’s darum, einen Ort zu schaffen, wo jeder willkommen ist und sich wohlfühlt.“ Klar, die Liebe zu Essen und Trinken sei die Basis. Beides lässt ihn auch im Urlaub mit der Familie nicht los: Wo andere eine Stadtführung machen, zieht er durch die Bars und Restaurants. Doch sein Erfolgsrezept hat auch Zutaten, die nicht auf einem Teller oder in einem Glas kredenzt werden: „Das sind die Menschen, die hier arbeiten und das auch ausstrahlen“, meint Schöllmann, „die Menschen sind wichtig.“

Fotos: © Jigal Fichtner, Stefan Armbruster